Familienrecht -

Verfahrenswert bei Nichtdurchführung des Versorgungsausgleichs wegen kurzer Ehezeit

OLG Jena, Beschl. v. 24.05.2011 – 1 WF 215/11

Findet ein Versorgungsausgleich nicht statt, weil kein Ehegatte dies gem. § 3 Abs. 3 VersAusglG beantragt hat, so ist dennoch ein Verfahrenswert für das Versorgungsausgleichsverfahren festzusetzen.

Darum geht es:

Die am 20.10.2000 geschlossene Ehe der Beteiligten wurde mit Urteil vom 11.03.2003 geschieden, das Verfahren über den Versorgungsausgleich aber nach § 2 VAÜG ausgesetzt (Problematik der Ost-/Westanrechte). Am 09.03.2010 hat das Familiengericht das Versorgungsausgleichsverfahren wiederaufgenommen, um es nach neuem Recht durchzuführen. Dazu hat es neue Auskünfte bei den Versorgungsträgern eingeholt.

Das Familiengericht hat die Beteiligten ferner darauf hingewiesen, dass nach neuem Recht ein Versorgungsausgleich bei einer Ehezeit von bis zu drei Jahren gem. § 3 Abs. 3 VersAusglG nur auf Antrag stattfindet. Ein solcher Antrag ist aber nicht gestellt worden, sodass das Familiengericht schließlich mit Beschluss vom 09.02.2011 festgestellt hat, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet. Deswegen hat das Familiengericht keinen Verfahrenswert für das Versorgungsausgleichsverfahren festgesetzt.

Auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners setzt das OLG den Verfahrenswert für das Versorgungsausgleichsverfahren einkommensabhängig gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG fest.

Wesentliche Entscheidungsgründe:

Unter Hinweis auf den BGH (Beschl. v. 16.02.2011 – XII ZB 261/10) führt das OLG aus, dass das Versorgungsausgleichsverfahren vorliegend gem. Art. 111 Abs. 4 FGG-RG als selbstständige Familiensache, nicht aber als Folgesache fortzuführen sei.

Die – auch hier getroffene – Feststellung, dass der Versorgungsausgleich nicht durchzuführen ist, erwachse mit den tragenden Gründen in Rechtskraft. Unabhängig davon, ob man angesichts des nicht gestellten Antrags auf Durchführung des Versorgungsausgleichs von einer „Einleitung“ des Versorgungsausgleichsverfahrens sprechen könne, rechtfertige jedenfalls die materiellrechtliche Prüfung in Bezug auf § 3 Abs. 3 VersAusglG die Festsetzung eines Verfahrenswerts.

Nachdem neue Auskünfte eingeholt und die (potenziellen) Ausgleichswerte ermittelt worden sind, sei es sachgerecht, den Verfahrenswert nicht nach dem Mindestwert aus § 50 Abs. 1 Satz 2 FamGKG (1.000 €) zu bemessen, sondern einkommensabhängig gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG zu bestimmen.

Folgerungen aus der Entscheidung

Diese Entscheidung honoriert im Ergebnis den trotz Nichtdurchführung auch bei Kurz-Ehen anfallenden Aufwand für den Versorgungsausgleich (vgl. hierzu auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.06.2010 – II-7 WF 10/10). Abweichungen vom einkommensabhängigen Regelverfahrenswert unter Billigkeitsgesichtspunkten erlaubt § 50 Abs. 3 FamGKG.

Quelle: RA Dr. Gregor Sebastian Mayer - vom 02.08.11