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Miet- und WEG-Recht -

Mietmängel: Wann müssen Gerichte Beweis erheben?

An die Darlegung eines Mietmangels dürfen Gerichte keine zu hohen Anforderungen stellen, sondern müssen im Zweifel Beweis erheben. Schiebt das Gericht den Sachvortrag des Mieters allein mit dem pauschalen Hinweis beiseite, die Mängel rechtfertigten jedenfalls keine Minderung in der veranschlagten Höhe, kann das eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstellen. Das hat der BGH entschieden.

Sachverhalt

Nachdem der Mieter eines Einfamilienhauses unter Berufung auf einen Mietmangel in Form von Schimmelbefall die Miete um 2/3 gekürzt hatte, zögerte der Vermieter nicht lange. Er sah dieses Anliegen als unberechtigt an und kündigte das Mietverhältnis. Dabei berief er sich darauf, dass der Mieter mit Zahlungen i.H.v. 2.540 € im Rückstand ist. Im Anschluss daran verklagte der Vermieter ihn auf Räumung.

Der Mieter berief sich im Verfahren vor dem AG Koblenz darauf, dass es sich bei dem Schimmelbefall um einen erheblichen Mietmangel gehandelt habe. Hierzu führte er aus, dass insbesondere die Räume im Erdgeschoss sowie das Schlafzimmer massiv mit Schimmel befallen gewesen seien. Infolgedessen hätten sie nicht mehr genutzt werden können.

Gleichwohl gab das AG der Klage des Vermieters statt, ohne über die Behauptungen Beweis erhoben zu haben. Dies begründete das Gericht damit, dass der Mieter seiner Darlegungslast nicht nachgekommen sei. Hierzu hätte er näher ausführen müssen, inwieweit durch den Schimmelbefall die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt gewesen sei. Und dies habe der Mieter nicht getan.

Das LG Koblenz wies die Berufung des Mieters zurück. Die Richter verwiesen schlicht und ergreifend darauf, dass die Angaben des Mieters jedenfalls keine Minderung i.H.v. 40 % zuließen, wenn sie denn wahr seien. Von daher sei eine Beweiserhebung entbehrlich. Die Revision zum BGH ließ das Gericht nicht zu. Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Mieters hatte Erfolg.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung

Der BGH ging mit den beiden Vorinstanzen hart ins Gericht. Er begründete dies damit, dass sie die Beweisangebote des Mieters hätten berücksichtigen müssen. In der Weigerung liegt nach Auffassung des höchsten deutschen Zivilgerichts eine Verletzung rechtlichen Gehörs, also ein Verstoß gegen Art. 103 GG. Aufgrund der Ausführungen des Mieters kommt in Betracht, dass ein Großteil der Wohnung nicht bewohnbar gewesen ist.

Von daher hätten die Vorinstanzen über diese Behauptungen Beweis erheben müssen. Der Hinweis auf die angebliche mangelnde Substantiierung geht fehl. Denn die Darlegung eines konkreten Sachmangels gem. § 536 BGB reicht aus, soweit sich hieraus bereits ergibt, dass demzufolge die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt ist. Hier ist es nicht erforderlich, dass Ausführungen zum Maß der Gebrauchsbeeinträchtigungen gemacht werden.

Aufgrund dessen hob der BGH die Entscheidungen auf und verwies sie an eine andere Kammer des LG Koblenz als Tatsacheninstanz zurück.

Folgerungen aus der Entscheidung

Der Mieter trägt normalerweise die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein Mietmangel vorliegt. Hierbei muss vor allem deutlich werden, wie sich dieser für den Mieter auswirkt. Jedoch dürfen die Anforderungen an die Darlegungslast des Mieters nicht überspannt werden, was auch aus den zitierten Entscheidungen des BGH deutlich wird (BGH, Beschl. v. 29.02.2012 – VIII ZR 155/11 sowie BGH, Beschl. v. 25.10.2011 – VIII ZR 125/11).

Aufgrund der Ausführungen des Mieters ergab sich hinreichend, dass der Mietmangel zumindest laut seinem Sachvortrag erheblich war. Dies wird allein schon dadurch deutlich, wie intensiv der Schimmelbefall sich demzufolge ausgebreitet hatte. Hier kann vom Mieter nicht noch erwartet werden, dass der Mieter genauere Ausführungen zum Umfang der Gebrauchsbeeinträchtigung macht.

Denn durch starken Schimmelbefall ist der Aufenthalt zumindest in den jeweiligen Räumen mit einer konkreten Gefahr für die Gesundheit verbunden. Eine Berufung auf einen weiteren Sachvortrag wäre als Förmelei anzusehen. Dass der BGH von einem Verstoß gegen das rechtliche Gehör ausgeht, ist eine bedeutsame Aussage. Zu bedenken ist allerdings, dass die bloße Gefahr von Schimmelpilzbefall normalerweise noch keinen Mietmangel darstellt. Dies ergibt sich aus einem Urteil des LG Lübeck vom 02.03.2017 –14 S 275/15.

Praxishinweis

Diese Entscheidung des BGH ist zu begrüßen. Sie zeigt, dass es sich hier die Gerichte nicht zu einfach machen dürfen, um sich die Mühe einer Beweisaufnahme zu ersparen. Dies wird auch dadurch deutlich, dass der BGH die Sache einem anderen Spruchkörper zuweist, um damit eine voreingenommene Überprüfung in tatsächlicher Hinsicht zu ermöglichen.

Dennoch sollte die Darlegungspflicht bezüglich eines Mietmangels ernst genommen werden. Mieter sollten hier nicht auf eigene Faust handeln, denn sie müssen auch dann mit einer Kündigung rechnen, wenn zwar ein Mangel vorliegt, sie jedoch die Höhe der Minderung zu hoch veranschlagt haben. Darüber hinaus muss vorab geklärt werden, ob der Schimmelbefall in den Verantwortungsbereich des Mieters oder Vermieters fällt. Besser lassen sich Mieter durch einen Mieterverein oder Rechtsanwalt beraten.

BGH, Beschl. v. 10.04.2018 – VIII ZR 223/17

Quelle: Harald Büring