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Fluggastrechte bestätigt

Der Europäische Gerichtshof hat die Gültigkeit der bestehenden EU-Rechtsvorschriften über Fluggastrechte bestätigt.

Die am 17. Februar 2005 in Kraft getretene Rechtsvorschrift beinhaltet eine deutliche Verbesserung der Fluggastrechte in der Europäischen Union im Fall von Nichtbeförderung, Annullierung von Flügen und großen Verspätungen.

Der Internationale Luftverkehrsverband (IATA), der Europäische Verband der Billigflieger (ELFAA) sowie Hapag-Lloyd Express hatten vor dem High Court of Justice von England und Wales einen Antrag auf Rechtsprüfung gestellt. Laut diesem Antrag sei die EU-Verordnung aus mehreren Gründen ungültig gewesen. Der High Court hat den Antrag daraufhin zur Vorabentscheidung an den Europäischen Gerichtshof verwiesen.

Entscheidung:

Die in der Verordnung vorgesehenen Maßnahmen zur Verwirklichung des Zieles, den Schutz der Fluggäste im Falle einer Annullierung oder erheblicher Verspätung von Flügen zu verstärken, sind mit dem Übereinkommen von Montreal vereinbar und verstoßen nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Zur Vereinbarkeit der Verordnung mit dem Übereinkommen von Montreal stellt der Gerichtshof fest, dass dieses völkerrechtliche Abkommen, das u. a. die Haftung des Luftverkehrsunternehmens im Fall der Verspätung regele, für die Gemeinschaft verbindlich sei. Das Übereinkommen regele aber nur, unter welchen Voraussetzungen Fluggäste im Anschluss an die Verspätung eines Fluges Ansprüche auf Schadensersatz als individuelle Wiedergutmachung gegen die Beförderungsunternehmen geltend machen könnten, die für einen aus dieser Verspätung entstandenen Schaden die Verantwortung trügen. Die in der Gemeinschaftsverordnung vorgesehenen Unterstützungs- und Betreuungsleistungen für die Fluggäste im Fall der erheblichen Verspätung eines Fluges stellten hingegen standardisierte sofortige Maßnahmen zur Wiedergutmachung dar. Sie gehörten nicht zu den Maßnahmen, deren Voraussetzungen das Übereinkommen festlege, und könnten daher nicht als mit dem Übereinkommen von Montreal unvereinbar angesehen werden.

In Bezug auf den Verfahrensfehler, mit dem nach Ansicht der IATA und der ELFAA der Erlass der Verordnung behaftet sei, weist der Gerichtshof das Vorbringen zurück, dass der Vermittlungsausschuss, der im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens dann einberufen wird, wenn der Rat die vom Parlament vorgeschlagenen Abänderungen nicht billigt, seine Befugnisse überschritten habe. Hinsichtlich der Wahrung der Begründungspflicht und des Grundsatzes der Rechtssicherheit verweist der Gerichtshof darauf, dass die angefochtenen Bestimmungen der Verordnung deutlich und klar die dem Luftfahrtunternehmen obliegenden Verpflichtungen festlegten, das verfolgte Ziel in seinen wesentlichen Zügen zum Ausdruck brächten und völlig eindeutig seien. Sie seien daher nicht aufgrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit oder gegen die Begründungspflicht ungültig.

In Bezug auf die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit prüft der Gerichtshof, ob die in der Verordnung vorgesehenen Maßnahmen offensichtlich außer Verhältnis zur Verwirklichung des Zieles stehen, den Schutz der Fluggäste im Falle einer Annullierung oder erheblicher Verspätung von Flügen dadurch zu verstärken, dass bestimmte Schäden standardisiert und sofort ersetzt werden. Er stellt hierzu fest, dass die vorgesehenen Maßnahmen an sich im Fall der Annullierung oder erheblichen Verspätung von Flügen geeignet seien, bestimmte von Fluggästen erlittene Schäden unmittelbar wiedergutzumachen, und es so ermöglichten, das angestrebte Ziel zu gewährleisten. Ihr Umfang richte sich nach der Schwere des Schadens, der den Fluggästen entstanden sei. Schließlich erscheine der Ausgleich, den die Fluggäste beanspruchen könnten, wenn sie verspätet von der Annullierung eines Fluges unterrichtet würden, als dem angestrebten Ziel nicht offensichtlich unangemessen, da ein Befreiungsgrund vorgesehen sei, auf den sich die Beförderungsunternehmen gegebenenfalls berufen könnten, und die ihnen obliegende Verpflichtung nur unter einschränkenden Voraussetzungen zum Tragen komme. Darüber hinaus erscheine der Ausgleich auch der Höhe nach nicht übermäßig und entspreche unter Berücksichtigung der seitherigen Inflation im Wesentlichen dem Ausgleich, der in einer früheren Verordnung vorgesehen sei.

Zur Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vertritt der Gerichtshof die Auffassung, dass die Lage der Unternehmen in den verschiedenen Beförderungssektoren nicht die gleiche sei. Im Falle einer Annullierung oder erheblichen Verspätung eines Fluges befänden sich Fluggäste in einer objektiv anderen Situation als Reisende mit anderen Beförderungsmitteln im Fall gleichartiger Vorkommnisse. Hingegen entstehe den Fluggästen der Luftfahrtunternehmen im Fall der Annullierung oder erheblichen Verspätung von Flügen unabhängig davon der gleiche Schaden, mit welcher Gesellschaft sie einen Vertrag geschlossen hätten; dieser Schaden stehe in keinem Zusammenhang mit der Preispolitik der Unternehmen. Daher habe der Gemeinschaftsgesetzgeber alle Luftfahrtgesellschaften gleich behandeln müssen.

Quelle: EUGH - Pressemitteilung vom 10.01.06