Sonstige Themen -

Kölner Müllskandal - Urteil aufgehoben

Der Bundesgerichtshof hat eine Verurteilung im sog. „Kölner Müllskandal“ teilweise aufgehoben.

Kernpunkt war die umstrittene Frage, ob Gemeinderäte und andere kommunale Mandatsträger als Amtsträger im Sinne der Bestechungsdelikte oder als Abgeordnete anzusehen sind Das Verfahren gegen den ehemaligen Vorsitzenden und Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Kölner Stadtrat wegen Bestechlichkeit in Tateinheit mit Beihilfe zur Bestechlichkeit wurde zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Köln zurückverwiesen.

Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte auf Wunsch des damaligen Oberstadtdirektors Dr. H., der sich bei der Kommunalwahl 1999 für die SPD um das Amt des Oberbürgermeisters bewarb, zur Finanzierung des Wahlkampfes den Unternehmer T., dessen Firmengruppe im Bereich der Abfallwirtschaft tätig war und der eine private Übernahme der Müllabfuhr der Stadt Köln anstrebte, um eine Spende gebeten. Die daraufhin von T. an den Angeklagten in bar übergebenen 150.000 DM leitete dieser in der Folge über von ihm verwaltete „schwarze“ Kassen der Kölner SPD zu; das Geld wurde für den Wahlkampf des Kandidaten Dr. H. verwendet. Bei der Annahme der Spende war dem Angeklagten bewusst, dass T. mit der Zahlung die Erwartung verband, dass der Angeklagte und nach seiner Wahl zum Oberbürgermeister Dr. H. die SPD-Fraktion im Kölner Stadtrat in der Frage der Privatisierung der städtischen Abfallwirtschaft in seinem Sinne beeinflussen und bei zukünftigen Abstimmungen im Rat der Stadt auch selbst so abstimmen würden.

Das Landgericht Köln hatte den Angeklagten als Amtsträger angesehen, weil er als kommunaler Mandatsträger eine einem öffentlich Bediensteten ähnliche Stellung innegehabt habe. Es hatte daher sein Verhalten als eigene Bestechlichkeit und zugleich als Beihilfe zur Bestechlichkeit des Dr. H. gewertet und ihn zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten verurteilt.

Der 2. Strafsenat hat sich in der seit langem umstrittenen Frage, ob Gemeinderäte und andere kommunale Mandatsträger als Amtsträger im Sinne der Bestechungsdelikte oder als Abgeordnete anzusehen sind, für die im Hinblick auf ihre freie Mandatstätigkeit weniger enge Sonderregelungen gelten, im Ergebnis der Rechtsansicht des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs angeschlossen, die dieser in einem Urteil vom 9. Mai 2006 (5 StR 453/05) vertreten hat. Danach sind Mitglieder kommunaler Volksvertretungen nur dann Amtsträger, wenn sie mit der Erledigung konkreter Verwaltungsaufgaben betraut sind, nicht aber in der Ausübung ihres freien Mandats in der kommunalen Volksvertretung und den zugehörigen Ausschüssen. Zwar ist die Tätigkeit der kommunalen Vertretungen nicht dem Bereich der Gesetzgebung, sondern dem der Verwaltung zuzuordnen. Soweit die gewählten Volksvertreter aber ihr freies Mandat wahrnehmen, sind sie nicht wie Staatsbedienstete in eine behördliche Organisations- und Weisungsstruktur eingebunden. Nach Ansicht des Senats änderte hieran auch nichts, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt nicht nur Ratsmitglied, sondern auch Fraktionsführer und Fraktionsgeschäftsführer war.

Die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Beihilfe zur Bestechlichkeit des damaligen Oberstadtdirektors Dr. H., der in dieser Funktion Amtsträger war, hat der Senat als rechtsfehlerfrei angesehen. Er hat das Urteil gleichwohl insgesamt aufgehoben, weil nach seiner Ansicht eine Verurteilung des Angeklagten auch wegen täterschaftlicher Abgeordnetenbestechlichkeit gem. § 108e Abs. 1, 2. Alt. StGB in Betracht kommt. Insoweit wären noch nähere Feststellungen insbesondere zum genauen Inhalt der Vereinbarung zwischen dem Angeklagten und dem Unternehmer T. erforderlich. Von einer Strafverfolgung dieses Delikts hatte das Landgericht in der ersten Hauptverhandlung gem. § 154a StPO vorläufig abgesehen; der Senat geht davon aus, dass insoweit in der neuen Hauptverhandlung eine Wiedereinbeziehung erfolgen wird.

Quelle: BGH - Pressemitteilung vom 12.07.06