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Strengere Maßstäbe für Äußerungen in der Öffentlichkeit

Was in der Öffentlichkeit nicht verbreitet werden darf, kann für Äußerungen gegenüber zur Aufklärung von Missständen berufenen Stellen durchaus erlaubt sein.

Das Oberlandesgericht Dresden hat damit zwischen Äußerungen in der Öffentlichkeit und solchen gegenüber Behörden und ähnlichen differenziert.

Sachverhalt:

Die Parteien sind bzw. waren u. a. im Raum Leipzig unternehmerisch tätig. Der Verfügungsbeklagte hatte Ende 2005 in einem u. a. an den Verwaltungsrat der Stadt- und Kreissparkasse Leipzig (SKL) und die Staatsanwaltschaft Leipzig gerichteten Schreiben zahlreiche Vorwürfe gegen den Verfügungskläger sowie Mitglieder der SKL erhoben. Unter anderem hatte er diese bezichtigt, einer zum „Dunstkreis“ des Verfügungsklägers gehörenden Firma wirtschaftliche Vorteile um den Preis der „Vernichtung“ des Verfügungsbeklagten verschafft haben zu wollen. Dem Verfügungskläger sollen zudem durch die SKL sachlich nicht gerechtfertigte Sondervergünstigungen eingeräumt worden sein. Der Vorgang hat ein erhebliches Medienecho gefunden.

Der Verfügungskläger, der sämtliche Vorwürfe bestreitet, hat daraufhin den Verfügungsbeklagten beim Landgericht Leipzig im Wege der einstweiligen Verfügung erfolgreich auf Unterlassung in Anspruch genommen.


Entscheidung:

Hiergegen richtete sich die Berufung des Verfügungsbeklagten, die zu einer Teilabänderung der landgerichtlichen Entscheidung führte. Das OLG Dresden hat die Unterlassungsverpflichtung nur für Äußerungen gegenüber der Öffentlichkeit aufrechterhalten, im übrigen wurde der Antrag auf einstweilige Verfügung zurückgewiesen.

Nach Ansicht des Senates steht es jedermann frei, angebliche Missstände denjenigen Stellen anzuzeigen, die dazu berufen sind, einem entsprechenden Verdacht nachzugehen und gegebenenfalls Maßnahmen zu ergreifen. Das jedem Staatsbürger zustehende Recht der Erstattung einer Anzeige oder Mitteilung eines Verdachts gelte auch dann, wenn die Äußerungen – wie in solchen Fällen regelmäßig – ehrverletzenden Inhalt haben.

Ausnahmen von diesem Grundsatz seien nur in engen Grenzen anzunehmen.

Im Hinblick auf Äußerungen gegenüber der Öffentlichkeit – insbesondere den Medien – hat der Senat einen Unterlassungsanspruch des Antragstellers hingegen bejaht, weil sich für die Richtigkeit der erhobenen Vorwürfe keine tragfähigen Tatsachengrundlagen hätten finden lassen. Auch auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen könne sich der Verfügungsbeklagte nicht berufen, solange er die Informationsquellen, auf die er sich beruft, nicht preisgebe.

Quelle: OLG Dresden - Pressemitteilung vom 04.08.06