Sozialrecht -

Beitragsplicht zur Pflegeversicherung bei Rentnern

Die Überbürdung der zweiten Hälfte des Pflegeversicherungsbeitrags vom Rentenversicherungsträger auf die Rentner ist nicht verfassungswidrig.

Bis zum 31. März 2004 beteiligten sich die Rentenversicherungsträger an dem Pflegeversicherungs­beitrag aus der Rente zur Hälfte, die andere Hälfte trug der Rentner. Mit Wirkung vom 1. April 2004 hat der Gesetzgeber dies geändert. Seitdem haben die Rentner den vollen Beitrag zur Pflegeversiche­rung von 1,7% der Rente allein zu tragen. Der Rentenversicherungsträger ist entsprechend entlastet.

Das Bundessozialgerichthat die Revisionen in vier anhängigen Verfahren zurückgewiesen.

Er hat offen gelassen, ob der durch die bisherige Regelung eingeräumte Vorteil eigentumsgeschützt war, denn jedenfalls wäre das Eigentumsrecht durch die Neuregelung nicht verletzt. Schutzgut i.S. des Art 14 Grundgesetz ist die Versicherungsleistung insgesamt, d.h. sowohl die Rentenleistung als auch die Beteiligung des Renten­versicherungsträgers an der Beitragsleistung zu anderen Versicherungssystemen, wie hier zur Pfle­geversicherung.

Da diese Versicherungsleistung nicht insgesamt beseitigt, sondern lediglich modifi­ziert worden ist, ist die Änderung der Rechtslage nach den Grundsätzen zu beurteilen, nach denen in zulässiger Weise Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmt werden dürfen. Daran gemessen liegt eine Verletzung des Art 14 Grundgesetz nicht vor.

Der Senat hat berücksichtigt, dass der Ge­setzgeber durch die Änderung der Beitragstragungsregelung ab 1. April 2004 faktisch eine Renten­senkung herbeigeführt hat. Nicht die Pflegekassen wurden durch höhere Beitragsleistungen begüns­tigt - der Pflegeversicherungsbeitrag insgesamt blieb unverändert ­-, sondern allein die Träger der Rentenversicherung wurden um ihren Anteil am Pflegeversicherungsbeitrag entlastet. Diese Entlas­tung war auch Ziel der Regelung, die verbunden mit anderen Maßnahmen die Rentenversicherung als System stabilisieren, d.h. Einnahmen und Ausgaben in der Rentenversicherung in Übereinstimmung bringen sollte, ohne dass eine Beitragserhöhung in der Rentenversicherung notwendig wurde.

Eine Erhöhung des Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung wollte der Gesetzgeber im Jahr 2003 im Interesse einer Wiederbelebung des Arbeitsmarktes unbedingt vermeiden. Diese Überlegun­gen stellen ein legitimes Konzept für die Rechtfertigung des Eingriffs dar. Vor diesem Hintergrund war die durch die Neuregelung herbeigeführte Belastung der Rentner nicht im engeren Sinne unverhält­nismäßig. Es handelt sich um eine Mehrbelastung die, bezogen auf die so genannte Standardrente von 1.176 € einen Betrag von 9,99 € ausmacht bzw in den neuen Bundesländern bei einer Standard­rente von 1.034 € 8,79 €.

Bei Rentnern mit einer sehr niedrigen Rente wirkt sich die Regelung ohnehin nicht belastend aus, soweit sie Leistungen der Grundsicherung im Alter bezogen oder beziehen, denn in diesen Fällen ist die zweite Beitragshälfte von den Trägern der Grundsicherung zu übernehmen.

Der Senat konnte sich auch nicht davon überzeugen, dass durch die Neuregelung über die Beitragstragung der allgemeine Gleichheitssatz verletzt ist. Einen Grundsatz, dass Versicherungspflichtige Beiträge nur zur Hälfte, zu tragen haben gibt es weder in der Krankenversicherung noch in der Pfle­geversicherung. Es besteht auch kein Grundsatz, dass Erwerbstätige und Rentner bei der Beitrags­tragung gleich zu behandeln sind. Schließlich musste der Gesetzgeber bei den Rentnern nicht nach der Art der Rente oder dem Rentenbeginn differenzieren.

Quelle: BSG - Pressemitteilung vom 30.11.06