Sozialrecht -

Kinderwagen für Arbeitslosengeld II-Empfänger

Einem Arbeitslosengeld II-Empfänger ist ein gebrauchter Kinderwagen als Sach- oder Geldleistung als Darlehen zu gewähren.

Ein Kinderwagen ist weder als Erstausstattung einer Wohnung bzw. Haushaltsgerät und auch nicht als Erstausstattung für Bekleidung einschließlich bei Schwangerschaft und Geburt anzusehen. Vielmehr ist er nach dem Gesetzeszweck des SGB II ein von der Regelleistung erfasster Bedarf, der nach § 23 Abs. 1 SGB II als Darlehen zu gewähren ist, da er bereits zur Geburt des Kindes erforderlich wird und zu diesem Zeitpunkt noch nicht aus dessen Regelleistungen angespart werden konnte.

Lediglich die in § 23 Abs. 3 SGB II aufgezählten Bedarfe werden nicht von der Regelleistung erfasst und sind von dem Antragsgegner gesondert als Zuschuss zu erbringen. Hierzu zählen Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten ( § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II) wie auch Erstausstattungen für Bekleidung einschließlich bei Schwangerschaft und Geburt (§ 23 Abs. 3 Nr. 2 SGB II).

Charakteristisch für diese Fälle ist, dass der Betroffene aus bestimmten Gründen seine Wohnungsausstattung verloren hat oder nie innehatte.

Eine solche Situation ist grundsätzlich auch bei der Geburt eines Kindes gegeben. Zwar haben die Eltern bzw. das Elternteil in der Regel bereits eine ausgestattete Wohnung, diese ist jedoch nur auf den Bedarf der bisher in der Wohnung lebenden Personen zugeschnitten. Wie in den zuvor genannten Situationen fehlt es auch bei der Geburt eines Kindes an dessen Wohnungsausstattung, die an seinem besonderen Bedarf orientiert ist. Infolgedessen sind Einrichtungsgegenstände wie z.B. ein Kinderbett nebst Matratze, ein Wickelaufsatz oder ein Laufstall über § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II als Sonderbedarf zu erbringen.

Nach in der Literatur und Rechtsprechung überwiegend einstimmig vertretener Auffassung wird dabei auch ein Kinderwagen als Erstausstattung der Wohnung bezogen auf die Person des Neugeborenen angesehen. Dem vermag sich der Senat angesichts des eindeutigen Wortlautes des § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II nicht anzuschließen.

Ein Kinderwagen ist zwar ein Bedarfsgegenstand, der aus Anlass der Geburt eines Kindes im Sinne einer „Erstausstattung“ anfällt. Er kann aber nach Überzeugung des Senats nicht als „Ausstattung der Wohnung“ oder als „Haushaltsgerät“ angesehen werden. Im Gegenteil ist er bereits von seiner Zweckbestimmung her - wie zB auch der Kindersitz für das Auto - nicht für die Wohnung, sondern ausschließlich für den Einsatz außerhalb der Wohnung gedacht.

Ein Kinderwagen gilt auch nicht als Erstausstattung für Bekleidung einschließlich bei Schwangerschaft und Geburt i.S.d. § 23 Abs. 3 Nr. 2 SGB II. Hiervon werden nach dem auch insoweit eindeutigen Wortlaut nach einhelliger Meinung nur Bekleidungsgegenstände wie z.B. Babywäsche umfasst. Dass ein Kinderwagen kein Bekleidungsstück ist, bedarf keiner näheren Begründung.

Deshalb ist davon auszugehen, dass ein Kinderwagen als ein von der Regelleistung erfasster Bedarf des Neugeborenen anzusehen ist. Da seine Anschaffung zur Geburt des Kindes erforderlich ist, eine Ansparung aus dessen Leistungen aber nicht möglich ist, erfolgt die Leistungsgewährung über § 23 Abs. 1 SGB II.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen - Pressemitteilung vom 14.06.06