Ein Jobcenter darf zu viel gezahlte Heizkostenzuschüsse zurückfordern, wenn die Bewilligung zunächst nur vorläufig war und damit kein Vertrauensschutz bestand. Das hat das LSG Niedersachsen-Bremen entschieden. Die Vorinstanz hatte das noch anders bewertet. Im Streitfall hatte eine Grundsicherungsbezieherin wegen eines Irrtums des Jobcenters - statt einmalig - monatlich 480 € erhalten.
Darum geht es
Im zugrunde liegenden Fall bezog eine Frau aus dem Landkreis Lüneburg im Rahmen der Grundsicherung seit Jahren Zuschüsse für Heizöl, jeweils nach Einreichung der Rechnung.
Für eine einmalige Heizöllieferung im Frühjahr 2019 erhielt sie dann jedoch aufgrund eines Irrtums des Jobcenters nicht einmalig, sondern monatlich 480 €. Hierdurch kam es zu einer Überzahlung von 3.600 €.
Nach Ablauf der betroffenen Zeiträume setzte das Jobcenter die Leistungen endgültig fest und forderte die Überzahlung zurück.
Die Klägerin machte geltend, dass ihr als juristischem Laien die fehlerhafte Höhe nicht aufgefallen sei und sie die Bescheide auch nicht überprüfen könne. Sie argumentierte ferner, dass nur die einkommensbezogenen Leistungen vorläufig gewesen seien, nicht jedoch die Heizkosten.
Das Sozialgericht Lüneburg hatte in erster Instanz der Klage stattgegeben (Urt. v. 27.09.2023 - S 50 AS 408/20).
Zwar könnten bei der abschließenden Leistungsbewilligung grundsätzlich alle Fehler der vorläufigen Leistungsbewilligung korrigiert werden. Das Jobcenter bewillige jedoch offenbar stets zunächst nur vorläufige Leistungen.
Da die Klägerin von Beginn an Anspruch auf endgültige Grundsicherungsleistungen gehabt habe, sei die Rückforderung eine unzulässige Rechtsausübung.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat das Urteil der Vorinstanz aufgehoben.
Die Richter betonten, dass sämtliche Bewilligungen - auch bezüglich der Heizkosten - vorläufig waren. Eine solche vorläufige Entscheidung nach § 41a SGB II schaffe keinen Vertrauensschutz.
Dies gilt nach dem LSG unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für die Anordnung der Vorläufigkeit vorgelegen haben oder nicht. Da die Klägerin die Vorläufigkeit nicht fristgerecht beanstandet habe, könne dieser Einwand im Nachhinein nicht geltend gemacht werden.
Denn im Falle einer im Verhältnis zur vorläufigen Bewilligung belastenden endgültigen Entscheidung könne ein Kläger im Klageverfahren gegen die endgültige Entscheidung nicht mehr erfolgreich einwenden, dass die Verwaltung nicht berechtigt gewesen sei, die Leistungen vorläufig zu bewilligen (hierzu: BSG, Urt. v. 06.04.2011 - B 4 AS 119/10 R).
Nach dem LSG stellt der Erlass der endgültigen Bewilligungsbescheide - entgegen der Auffassung der Voristanz - auch keine unzulässige Rechtsausübung durch die Behörde dar.
Der Gesetzgeber habe mit den §§ 45, 48 SGB X eine abschließende Regelung des Vertrauensschutzes bei der Korrektur von Verwaltungsakten geschaffen, die nicht durch allgemeine Vertrauensschutzerwägungen ersetzt werden könnten (hierzu: BSG, Urt. v. 20.09.2023 - B 4 AS 6/22 R)
Der Grundsatz der unzulässigen Rechtsausübung diene aber ohnehin nicht dazu, rechtswidriges Verwaltungshandeln zu sanktionieren. Die Rückforderung überzahlter Leistungen sei demnach gerechtfertigt, wenn sie der Billigkeit entspreche.
Im vorliegenden Fall habe die Klägerin erkennen müssen, dass die mehrfache Auszahlung von 480 € deutlich zu hoch war, zumal sie letztlich 3.600 € zu viel erhalten habe. Somit konnte sich die Klägerin nicht darauf berufen, ihr sei die Rechtswidrigkeit der Bewilligung nicht aufgefallen.
Ein Leistungsempfänger habe die Obliegenheit, einen Leistungsbescheid zu lesen und dessen Eckdaten zur Kenntnis zu nehmen.
LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 01.07.2025 - L 11 AS 597/23
Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Pressemitteilung v. 12.08.2025