Verkehrsrecht -

Bußgeldkatalogverordnung: Widerstand gegen die Erhöhung

Ende September drang aus dem Bundesverkehrsministerium an die Öffentlichkeit, dass dort erneut an einer Änderung der Bußgeldkatalogverordnung (BKatV) gearbeitet wird.

Geplant ist die zum Teil drastische Erhöhung einzelner Bußgeldtatbestände bereits für das Jahr 2008. So soll etwa das Bußgeld für einen Verstoß gegen die 0,5 Promille-Grenze in § 24a StVG von 250 € auf 500 € verdoppelt werden. Weiter erhöht werden soll das Bußgeld für Geschwindigkeitsverstöße im unteren und im oberen Bereich. So müsste in Zukunft, wer über 60 km/h zu schnell fährt, statt 425 € ganze 680 € bezahlen. Zudem soll dass Bußgeld für Handyverstöße von 40 € auf 70 € angehoben werden. Auch bei Abstandsverstößen sind drastische Erhöhungen geplant.

Der Referentenentwurf begründet die geplanten Erhöhungen damit, man müsse bei den Hauptunfallursachen spürbare Sanktionen verhängen, um dadurch eine Verminderung der Zahl der Unfalltoden zu erreichen. Insbesondere das Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss sowie Zuwiderhandlungen, die sich als konkrete Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer darstellen und das Fahren mit zu hoher Geschwindigkeit sowie Vorfahrtsverletzungen werden u.a. angeführt. Es wird auch darauf hin gewiesen, dass zudem eine intensive Verkehrsüberwachung notwendig sei. Außerdem sollten Zuwiderhandlungen, deren Begehung mit wirtschaftlichen oder anderen Vorteilen für den Betroffenen einhergingen, mit erhöhten Geldbußen geahndet werden.

Gegen die Vorschläge erhebt sich jedoch breiter Widerstand. Nicht nur die Automobilclubs ACE und ADAC warfen dem Ministerium an dieser Stelle „Geldscheffelei“ vor. Die Bundestagsfraktion der FDP warf Verkehrsminister Tiefensee blinden Aktionismus vor und verwies auf das aus ihrer Sicht eigentliche Problem bei der Durchsetzung der Straßenverkehrsregeln: Die zu geringe Kontrolldichte.

Mit fachlichen Argumenten hat der Deutsche Anwaltsverein (DAV) durch seinen Ausschuss Verkehrsrecht gegen den Referentenentwurf Stellung bezogen. Zum einen führe die teilweise Verdoppelung der Bußgelder dazu, dass der Abstand zur Sanktionierung bei entsprechenden Straftaten wie § 316 StGB nicht mehr gewahrt sei. In der Regel werden bei Ersttätern wegen Verstoßes gegen § 316 StGB Geldbußen i.H.v. 30 bis 40 Tagessätzen ausgeurteilt. Bei einem Nettoeinkommen von 600 Euro ergibt sich daraus eine Geldstrafe von 600 bis 800 Euro. Geldstrafen fielen somit in diesen Bereichen wegen der grundsätzlichen Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse über die Tagessatzhöhe teilweise niedriger aus als die geplanten Beträge der BKatV.

Weiterhin führe die Erhöhung durchweg zu einem steigenden Begründungsaufwand durch die Gerichte, da bei Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze von 250 € stets die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen untersucht und einbezogen werden müssten.  Unter diesem Betrag bleiben die wirtschaftlichen Verhältnisse im Regelfall unberücksichtigt.

Die Abschöpfung von Vermögensvorteilen, auf die der Entwurf abziele, sei im übrigen gem. § 17 Abs. 4 OWiG schon heute möglich. Wirtschaftliche Vorteile, die z.B. durch eine Überladung erzielt werden, liegen selbst bei einer Verdoppelung der Geldbußen weitaus höher vor.

Der DAV plädiert für verschärfte Kontrollen und hält ansonsten das Punktesystem für die wirkungsvollere Waffe im Kampf für die Sicherheit im Straßenverkehr. Im Gegensatz zu Bußgeldern träfen Einträge im Zentralregister die Betroffenen nämlich unabhängig von ihren finanziellen Verhältnissen.

Erhöhter Bußgeldkatalog 2008
Fahren unter Alkohol - oder Drogen
Alkohol am Steuer - Ersttäter
250 bis 500 Euro
Raser und Drängler
Drängeln, zu dicht auffahren
250 bis 400 Euro
Behindern durch ständiges Linksfahren
40 bis 80 Euro
Auf Autobahnen die Vorfahrt missachten
50 bis 75 Euro
Tempolimit überschreiten
Bis 10 Stundenkilometer zu schnell
15 bis 20 Euro
Mehr als 60 Stundenkilometer zu schnell
425 bis 680 Euro
Ein Radarwarngerät benutzen
75 bis 150 Euro
Teilnahme an illegalen Straßenrennen
150 Euro bis 250 Euro
Sonstige Verkehrsverstöße
Als Fahrer mit dem Handy telefonieren
40 bis 70 Euro
Beim Rechtsabbiegen Fußgänger oder Radfahrer gefährden
40 bis 70 Euro


Quelle: Bundesverkehrsministerium


Trotz aller Kritik ist eine deutliche Erhöhung der Bußgelder jedoch nur noch eine Frage der Zeit. Erstens sehen die meisten europäischen Länder weit höhere Zahlungen für Verkehrssünder vor, weswegen schon der Prozess der europäischen Harmonisierung hier einen gewissen Druck erzeugt. Zweitens bietet sich den öffentlichen Kassen hier die Gelegenheit, ohne finanziellen Aufwand wie etwa durch vermehrte Kontrollen das Bußgeldaufkommen zu erhöhen.

Mehr Sicherheit wird man damit jedoch nicht erreichen. Aus der Anwaltspraxis ist bekannt, wie gerne Mandanten etwa die Bußgeldverdoppelung in Kauf nehmen, wenn dadurch das Fahrverbot in Wegfall gerät. Eine stärkere Disziplinierung erhält man daher nur über die Trias Kontrollen, Fahrverbote und Punkte.

Überraschend ist übrigens, dass eine Mehrzahl der Deutschen offensichtlich Gefallen an den Plänen des Verkehrsministers hat. So stimmten laut einer Telefonumfrage im Auftrag des Magazins FOCUS 59 Prozent der Befragten der Erhöhung zu, nur 26 Prozent lehnen sie ab. Eine aktuelle Umfrage im Auftrag des Magazins DER SPIEGEL kommt zu ähnlichen Ergebnissen.

Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins

Quelle: RA Friedrich Demandt - Beitrag vom 30.10.07