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Verkehrsrecht -

EuGH stärkt Passagierrechte bei Anschlussflügen außerhalb der EU

Bei längeren Flugverspätungen können Passagiere eine Entschädigung verlangen. Das gilt nach dem EuGH auch für Anschlussflüge, die von einer nicht-europäischen Airline durchgeführt werden und bei denen Umsteige- und Zielflughafen außerhalb der EU liegen. Voraussetzung ist, dass die Flugreise in der EU gestartet wurde und eine einheitliche Buchung bei einer EU-Airline vorliegt.

Darum geht es

Elf Fluggäste nahmen bei dem tschechischen Luftfahrtunternehmen Ceské aerolinie eine einheitliche Buchung für einen Flug von Prag (Tschechische Republik) über Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate) nach Bangkok (Thailand) vor.

Der erste Teilflug dieses Fluges mit Umsteigen, der von Ceské aerolinie durchgeführt wurde und von Prag nach Abu Dhabi ging, wurde entsprechend dem Flugplan durchgeführt und kam pünktlich in Abu Dhabi an. Dagegen war der zweite Teilflug, der im Rahmen einer Codesharing-Vereinbarung von Etihad Airways, einem Luftfahrtunternehmen von außerhalb der Gemeinschaft, durchgeführt wurde und von Abu Dhabi nach Bangkok ging, bei der Ankunft um 488 Minuten verspätet.

Diese Verspätung von mehr als drei Stunden kann nach der Verordnung über Fluggastrechte dazu führen, dass Fluggästen ein Anspruch auf einen Ausgleich zusteht.

Die Fluggäste erhoben bei den tschechischen Gerichten Klage gegen Ceské aerolinie auf Leistung des in der Verordnung über Fluggastrechte vorgesehenen Ausgleichs. Ceské aerolinie stellt vor diesen Gerichten allerdings die Begründetheit der Klagen mit der Argumentation in Abrede, dass sie für die Verspätung des Fluges von Abu Dhabi nach Bangkok nicht in Haftung genommen werden könne, da dieser Flug von einem anderen Luftfahrtunternehmen durchgeführt worden sei.

Der mit dem Rechtsstreit in zweiter Instanz befasste Mestský soud v Praze (Stadtgericht Prag, Tschechische Republik) möchte vom EuGH wissen, ob Ceské aerolinie zur Zahlung des Ausgleichs nach der Verordnung über Fluggastrechte verpflichtet ist.

Wesentliche Entscheidungsgründe

In seinem Urteil weist der EuGH zunächst darauf hin, dass ein Flug mit ein- oder mehrmaligem Umsteigen, der Gegenstand einer einzigen Buchung war, für die Zwecke des in der Verordnung vorgesehenen Ausgleichs eine Gesamtheit darstellt.

Damit fällt ein Flug mit Umsteigen, dessen erster Teilflug im Gebiet eines Mitgliedstaats, hier Prag, startet, in den Anwendungsbereich der Verordnung, auch wenn sein zweiter Teilflug mit Abflug- und Zielort in einem Drittstaat außerhalb der Europäischen Union von einem Luftfahrtunternehmen von außerhalb der Gemeinschaft durchgeführt wurde.

Zu der Frage, ob Ceské aerolinie, das Luftfahrtunternehmen, das den ersten Teilflug des Fluges mit Umsteigen durchgeführt hat, zur Zahlung des Ausgleichs verpflichtet werden kann, der aufgrund der großen Verspätung bei der Ankunft des zweiten, von Etihad Airways durchgeführten Teilflugs geschuldet ist, stellt der EuGH fest, dass nach der Verordnung für Fluggastrechte die Verpflichtung zur Leistung des Ausgleichs an die Fluggäste ausschließlich auf dem ausführenden Luftfahrtunternehmen des betroffenen Fluges lastet.

Hierzu weist der Gerichtshof darauf hin, dass für die Einstufung eines Luftfahrtunternehmens als ausführendes Luftfahrtunternehmen u. a. dargelegt werden muss, dass dieses Unternehmen den fraglichen Flug tatsächlich durchgeführt hat. Da Ceské aerolinie im Rahmen eines mit den betroffenen Fluggästen geschlossenen Beförderungsvertrags tatsächlich einen Flug durchgeführt hat, kann sie als ausführendes Luftfahrtunternehmen eingestuft werden.

Der EuGH kommt folglich zu dem Ergebnis, dass Ceské aerolinie unter den Umständen der vorliegenden Rechtssache grundsätzlich für den in der Verordnung vorgesehenen Ausgleich wegen der großen Verspätung bei der Ankunft des Fluges mit Umsteigen nach Bangkok haftet, obwohl die große Verspätung auf dem Flug von Abu Dhabi nach Bangkok entstanden und Etihad Airways zuzurechnen ist.

In diesem Sinne unterstreicht der Gerichtshof insbesondere, dass sich ein ausführendes Luftfahrtunternehmen, das den ersten Teilflug eines Fluges mit ein- oder mehrmaligem Umsteigen durchgeführt hat, der Gegenstand einer einzigen Buchung war, nicht auf die mangelhafte Durchführung eines späteren, von einem anderen Luftfahrtunternehmen durchgeführten Teilflugs zurückziehen kann.

Schließlich weist der Gerichtshof darauf hin, dass die Verordnung über Fluggastrechte einem ausführenden Luftfahrtunternehmen, das wegen großer Verspätung eines Fluges mit Umsteigen, der Gegenstand einer einzigen Buchung war und im Rahmen einer Codesharing-Vereinbarung zum Teil von einem anderen Luftfahrtunternehmen durchgeführt wurde, Fluggästen einen Ausgleich leisten musste, das Recht vorbehält, gegen dieses andere Unternehmen vorzugehen, um Ersatz für diese finanzielle Belastung zu erhalten.

EuGH, Urt. v. 11.07.2019 - C-502/18

Quelle: EuGH, Pressemitteilung v. 11.07.2019