Sozialrecht, Verkehrsrecht -

Gesetzliche Neuregelungen zum 1. August

Zum 1. August sind eine Reihe gesetzlicher Neuregelungen in Kraft getreten.

Sie betreffen insbesondere das Arbeitslosengeld II. Neuregelungen gibt es auch beim Kinderzuschlag. Die Steuerförderung von Biosprit wird bis 2012 reduziert. Durch das Angebot von neuen Ausbildungsberufen wird an die Wirtschaft appelliert, Ausbildungsplätze anzubieten.

Übersicht:
1. Arbeitslosengeld II wird zielgerichteter ausgestaltet
2. Neuer Existenzgründungszuschuss
3. Änderungen beim Kinderzuschlag
4. Reduzierung der Steuerförderung von Biosprit bis 2012
5. Neue und modernisierte Ausbildungsberufe
6. Rechtschreibreform für alle verbindlich
7. Auslieferung in EU-Mitgliedstaaten
8. Neues aus dem Bußgeldkatalog

Im Einzelnen:

1. Arbeitslosengeld II wird zielgerichteter ausgestaltet

Vor einem Jahr wurde die neue Grundsicherung für Arbeitsuchende eingeführt. Die Erfahrungen zeigen, dass die Entscheidung für die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zu einer staatlichen Fürsorgeleistung richtig war. Die Erfahrungen zeigen aber auch, dass das bestehende System fortentwickelt werden muss. Es müssen Ressourcen freigemacht werden, damit jeder erwerbsfähige Hilfebedürftige gezielt und effizient bei der Arbeits- und Ausbildungssuche unterstützt werden kann. Ab dem 1. August gelten deshalb folgende Neuregelungen:

  • Noch stärker als zuvor sollen erwerbsfähige Personen so schnell wie möglich in Beschäftigung gebracht werden. Dadurch soll Hilfebedürftigkeit von vornherein entgegengewirkt werden. Zugleich soll die Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme geprüft werden. Deshalb sollen erwerbsfähigen Personen, die Arbeitslosengeld II beantragen, Sofortangebote unterbreitet werden. Wer innerhalb eines Jahres zwei Mal eine angebotene Stelle oder Qualifizierung ausschlägt, muss mit einer Kürzung bis zu 60 Prozent rechnen. Beim dritten Mal ist sogar eine Kürzung um 100 Prozent möglich.
  • Langzeitarbeitslose dürfen mehr Geld für ihre Altersvorsorge zurücklegen, ohne dass Leistungen gekürzt werden. Der Freibetrag für private Altersvorsorge erhöht sich auf 250 Euro statt zuvor 200 Euro pro Lebensjahr.
  • Der Höchstbetrag für sonstiges Vermögen sinkt im Gegenzug von 200 Euro auf 150 Euro pro Lebensjahr. Von einer Anrechnung unberührt bleiben weiterhin Einzahlungen in eine Riester-Rente zur Altersvorsorge.
  • Auch wird konkretisiert, in welchen Fällen eine Bedarfsgemeinschaft vorliegt. So wird bei Vorliegen bestimmter Kriterien vermutet, dass eine Bedarfsgemeinschaft besteht. Hierzu zählen: Dauer der Beziehung, gemeinsames Konto, gemeinsame Kinder, Versorgung von Familienangehörigen und Verwandten. Bestreiten Antragsteller die Existenz einer eheähnliche Gemeinschaft dort, wo sie vermutet wird, so müssen sie dies beweisen.
  •  Außerdem werden mit der Neuregelung gleichgeschlechtliche Partnerschaften eheähnlichen Gemeinschaften gleichgestellt.

Ziel ist, unberechtigten Leistungsbezug zu verhindern: Mit Hilfe automatisierter Datenabgleiche und Datenabfragen wird ermittelt, ob Personen zu Unrecht Arbeitslosengeld II beziehen. Außerdem verfolgen neu eingerichtete Außendienststellen Ordnungswidrigkeiten vor Ort. Bei wiederholten Pflichtverletzungen ist es einfacher, Sanktionen auszusprechen.


2. Neuer Existenzgründungszuschuss

Nach Auslaufen der Existenzförderung von Ich-AGs zum 30. Juni 2006 wird zum 1. August ein neuer Gründungszuschuss eingeführt. Dieser ersetzt die Ich-AG-Förderung sowie das Überbrückungsgeld. Der Gründungszuschuss soll arbeitslose Menschen beim Einstieg in eine erfolgreiche und nachhaltige Selbstständigkeit unterstützen.

Die Neuregelung sieht vor, Gründern zunächst einen Zuschuss in Höhe ihres individuellen Arbeitslosengeldes I für neun Monate zu geben. Dies dient zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes. Zur sozialen Absicherung wird in dieser Zeit zusätzlich eine Pauschale von 300 Euro gezahlt. So können sich Gründer freiwillig in den gesetzlichen Sozialversicherungen absichern.

Für die folgenden sechs Monate wird nur noch die Pauschale für Sozialversicherung gezahlt. Damit wird die Bundesregierung vor allem den Bedürfnissen des neuen Potenzials an Gründern gerecht, die durch die "Ich-AG" erschlossen wurden. Insgesamt beträgt die Förderung damit 15 Monate. Spätestens dann muss der Gründer auf eigenen Füßen stehen.

Gefördert wird nur, wer auch tatsächlich arbeitslos ist. Ein direkter Übergang aus einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis in diese geförderte selbstständige Erwerbstätigkeit wird damit vermieden. Grundlage für die Förderung soll weiterhin die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle sein, die die Tragfähigkeit des Gründungsvorhabens prüft. Die Gründer-in-spe haben der Bundesagentur für Arbeit außerdem ihre persönliche und fachliche Eignung darzulegen.

Es wird nur gefördert, wer noch einen Anspruch auf mindestens 3 Monate Arbeitslosengeld I hat. Damit wird erreicht, dass das soziale Sicherungsnetz nicht erst voll ausgeschöpft wird, bevor eine weitere Unterstützung wahrgenommen wird. Vielmehr soll eine Gründung stets so früh wie möglich entstehen.

Um Mitnahme zu vermeiden, soll künftig ein noch bestehender Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Förderung vollständig verbraucht werden. Zudem sollen Arbeitnehmer, die ohne wichtigen Grund ihr bestehendes Arbeitsverhältnis selbst kündigen, für eine Karenzzeit von drei Monaten keine Förderung erhalten. Die Förderdauer wird zudem um die Karenzzeit gekürzt. Diese Karenzzeit entspricht der Sperrzeit für Arbeitnehmer, die kündigen und damit arbeitslos sind.


3. Änderungen beim Kinderzuschlag

Der Kinderzuschlag wurde zum 1. Januar 2005 für Eltern mit geringem Einkommen eingeführt. Er ist für die Eltern vorgesehen, die zwar mit ihrem Einkommen ihren eigenen Bedarf abdecken, jedoch nicht den Bedarf der Kinder. Ohne Zahlung des Kinderzuschlages würden sie zu Arbeitslosengeld II –Empfängern.

Zum 1. August gelten veränderte Regelungen:

  • Der Kinderzuschlag wird nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht.
  • Der Kinderzuschlag wird für sechs Monate bewilligt.
  • Ein Anspruch auf Kinderzuschlag besteht nicht für Zeiträume, in denen zumutbare Anstrengungen unterlassen wurden, Einkommen des Kindes zu erzielen (zum Beispiel Unterhalt).
  • Ein Anspruch auf Kinderzuschlag entfällt, wenn der Berechtigte erklärt, ihn für einen bestimmten Zeitraum wegen eines damit verbundenen Verlustes von anderen höheren Ansprüchen nicht geltend machen zu wollen.


4. Reduzierung der Steuerförderung von Biosprit bis 2012

Mit dem neuen Energiesteuergesetz wird die steuerliche Begünstigung von Biodiesel und Pflanzenöl ab dem 1. August 2006 bis 2012 in Stufen verringert. Bislang wurde Biodiesel in Reinform und als Beimischung zu fossilem Kraftstoff mit der bisherigen Steuerfreiheit deutlich "überfördert". Bei Pflanzenöl setzt die Besteuerung erst 2008 ein. Die in der Land- und Forstwirtschaft verwendeten Biokraftstoffe bleiben weiterhin von der Mineralölsteuer befreit. Autogas wird noch bis 2018 begünstigt.

Die in der Koalitionsvereinbarung vorgesehene Beimischungsquote von Biokraftstoffen zu fossilen Kraftstoffen (Beimischungszwang) wird später gesondert geregelt. Damit soll die Mineralölwirtschaft verpflichtet werden, fossilen Kraftstoffen bestimmte Anteile Biokraftstoff beizumischen.

Das Energiesteuergesetz löst das bisherige Mineralölsteuergesetz ab. Es gilt also künftig für fast alle Energieerzeugnisse: für Benzin, Diesel und Heizöle, für Erdgas, Flüssiggase und Biokraftstoffe. Ausgenommen sind Holz und Torf. Die Steuertarife ändern sich nicht.

Neu ist, dass Steinkohle, Braunkohle und Koks künftig besteuert werden. Allerdings sind alle Energieerzeugnisse, die zur Stromerzeugung dienen, grundsätzlich von der Steuer befreit.

Mit der Neuregelung setzt die Bundesregierung die Europäische Energiesteuerrichtlinie vom 27. Oktober 2003 in deutsches Recht um. Alle Energieerzeugnisse in Europa sollen möglichst gleichmäßig besteuert werden. Dadurch werden Wettbewerbsverzerrungen abgebaut und größere Anreize für einen effizienten Energieverbrauch geschaffen.


5. Neue und modernisierte Ausbildungsberufe

21 neue Ausbildungsordnungen treten zum Beginn des Ausbildungsjahres am 1. August in Kraft. Die Erfahrungen der vergangenen zehn Jahre – in denen über 250 Ausbildungsberufe modernisiert oder neu geschaffen wurden – zeigen, dass durch Neuordnungen die betriebliche Ausbildung gestärkt wird. In den neu geordneten Berufen werden aktuell vier Fünftel der Jugendlichen ausgebildet.

Ab dem Sommer gibt es dann insgesamt 343 Ausbildungsberufe. Die Betriebe könnten die nach modernen Erkenntnissen konzipierte Ausbildung für ihren Fachkräftebedarf nutzen. Sie sollten jetzt bis zum Sommer neue Ausbildungsplätze schaffen.

Unter den 21 neuen Ausbildungsordnungen sind 4 neue und 17 modernisierte Berufe

Neue Ausbildungsberufe sind:

  • Fachangestellte für Markt- und Sozialforschung sind in Marktforschungsinstituten, in Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen mit eigener betrieblicher Marktforschung, einschließlich Unternehmensberatungen, Werbe- und Media-Agenturen sowie in Forschungseinrichtungen der empirischen Sozial- und Wirtschaftsforschung tätig. Sie planen, organisieren und steuern in enger Zusammenarbeit mit den Forschern die Durchführung von Projekten, um die Akademiker von den operativ-organisatorisch orientierten Tätigkeiten im Forschungsbereich zu entlasten.
  • Fachkräfte für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice arbeiten in Unternehmen des Küchen- und Möbelhandels sowie in Möbelspeditionen. Sie montieren Küchen- und Möbelteile und bauen Küchen und Möbel auf und ab bis hin zur Installation elektrischer Einrichtungen und Geräte sowie dem Anschluss an Wasserleitungen und Lüftungsanlagen.
  • Kaufleute für Dialogmarketing sind in Call Centern, in Servicecentern von Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen und in anderen dialogorientierten Organisationseinheiten tätig. Sie verhandeln mit Auftraggebern und planen, steuern und kontrollieren die Projektabwicklung.
  • Servicefachkräfte für Dialogmarketing arbeiten in Call Centern, in Servicecentern von Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen und in anderen dialogorientierten Organisationseinheiten. Sie analysieren unter Einsatz von Gesprächsführungstechniken den Bedarf, beraten Kunden und bieten kundenspezifische Problemlösungen an; sie präsentieren Produkte und Dienstleistungen kundenorientiert und verkaufen diese. Die Ausbildungszeit beträgt zwei Jahre.

Modernisierte Ausbildungsberufe sind:

  • Fachkraft für Hafenlogistik (früher: Seegüterkontrolleur)
  • Fachverkäufer/Fachverkäuferin im Lebensmittelhandwerk (früher: Fachverkäufer/in im Nahrungsmittelhandwerk)
  • Flechtwerkgestalter/Flechtwerkgestalterin (früher Korbmacher/in)
  • Hafenschiffer/Hafenschifferin
  • Holzmechaniker/Holzmechanikerin
  • Immobilienkaufmann/Immobilienkauffrau (früher Kaufmann / Kauffrau in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft)
  • Kaufmann/Kauffrau für Marketingkommunikation (früher: Werbekaufmann)
  • Kaufmann/Kauffrau für Versicherung und Finanzen (früher: Versicherungskaufmann/ -kauffrau)
  • Kaufmann/Kauffrau im Groß- und Außenhandel
  • Mediengestalter/Mediengestalterin Bild und Ton
  • Medienkaufmann/Medienkauffrau Digital und Print (früher: Verlagskaufmann/-kauffrau)
  • Medizinischer Fachangestellter/Medizinische Fachangestellte (früher: Arzthelfer/in)
  • Müller (neue Berufsbezeichnung möglich)
  • Ofen- und Luftheizungsbauer/Ofen- und Luftheizungsbauerin (früher: Kachelofen- und Luftheizungsbauer/in)
  • Tiermedizinischer Fachangestellter/Tiermedizinische Fachangestellte (früher: Tierarzthelfer/in)
  • Tischler/Tischlerin
  • Verfahrensmechaniker/Verfahrensmechanikerin für Kunststoff- und Kautschuktechnik


6. Rechtschreibreform für alle verbindlich

Für den Umgang mit der deutschen Rechtschreibung gelten mit Beginn des Schuljahres 2006/2007 bundeseinheitliche Regelungen. Der Rat für deutsche Rechtschreibung legte im Februar 2006 eine Reihe von Änderungsempfehlungen für die Teilgebiete Getrennt- und Zusammenschreibung, Groß- und Kleinschreibung, Zeichensetzung sowie Worttrennung am Zeilenende vor. Diese wurden von der Kultusministerkonferenz einstimmig angenommen. Der damit erreichte Regelungsstand wird ab dem 1. August 2006 Unterrichtsgrundlage in allen Schulen sein. Nach dem Ablauf einer einjährigen Übergangszeit wird er in allen Schulen und Ämtern allein verbindlich.

Das aktualisierte Regelwerk einschließlich des Wörterverzeichnisses sowie einen Bericht über die Arbeit des Rats für deutsche Rechtschreibung kann unter www.rechtschreibrat.com abgerufen werden.


7. Auslieferung in EU-Mitgliedsstaaten

Die Neuregelung setzt den Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union um. Sie tritt zum 02.08.2006 in Kraft.

Mit der Neuregelung des Gesetzes ist die Auslieferung deutscher Staatsangehöriger an Mitgliedsstaaten der EU bei Fällen mit maßgeblichem Auslandsbezug möglich. Bei Fällen mit maßgeblichem Inlandsbezug darf eine Auslieferung nicht stattfinden.In sogenannten Mischfällen muss eine Abwägung anhand der vom Bundesverfassungsgericht genannten Kriterien durch das zuständige Oberlandesgericht erfolgen.


8. Neues aus dem Bußgeldkatalog

Seit dem 1. April gibt es eine einheitliche Beschilderung für Tunnel sowie Nothalte- und Pannenbuchten. Autofahrer müssen im Tunnel das Abblendlicht einschalten. An den beschilderten Nothalte- und Pannenbuchten darf nur in Notfällen oder bei einer Fahrzeugpanne gehalten werden. Werden die Regelungen nicht eingehalten werden folgende Bußgelder ab dem 1. August fällig:

  • Im Tunnel ohne Abblendlicht fahren: 10 Euro
  • Im Tunnel wenden: 40 Euro, 1Punkt
  • In einer Nothalte- oder Pannenbucht unberechtigt halten: 20 Euro
  • In einer Nothalte- oder Pannenbucht unberechtigt parken: 25 Euro  

Quelle: Bundesregierung - Pressemitteilung vom 27.07.06