Verkehrsrecht -

Winterreifenpflicht nach § 2 Abs. 3 a StVO

Die Winterzeit steht unmittelbar bevor. Die meisten Fahrzeuge werden sicherlich zwischenzeitlich mit Winterreifen ausgestattet sein.

Im nachfolgenden soll die in § 2 Abs. 3 a StVO normierte „Winterreifenpflicht“ im einzelnen erläutert werden.

§ 2 Abs. 3 a StVO ist durch die 40. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften (40. StVRÄndV) vom 22. Dezember 2005 (Bundesgesetzblatt I, S. 3716) wie folgt geändert worden:

„Bei Kraftfahrzeugen ist die Ausrüstung an die Wetterverhältnisse anzupassen. Hierzu gehören insbesondere eine geeignete Bereifung und Frostschutzmittel in der Scheibenwaschanlage. Wer ein kennzeichnungspflichtiges Fahrzeug mit gefährlichen Gütern führt, muß bei einer Sichtweite unter 50 m, bei Schneeglätte oder Glatteis jede Gefährdung anderer ausschließen und wenn nötig den nächsten geeigneten Parkplatz zum Parken aufsuchen.“

Durch diese Vorschriften werden Verkehrsteilnehmer also zu einer den Wetterverhältnissen angepassten Ausrüstung verpflichtet. Entscheidend kommt es auf die Wetterverhältnisse an und nicht auf die vorherrschenden Straßenverhältnisse.

Mit der Regelung soll dem bei extremen winterlichen Straßenverhältnissen auftretenden Missstand begegnet werden, dass Kraftfahrzeuge mangels geeigneter Bereifung liegen bleiben und damit erhebliche Verkehrsbehinderungen verursachen. Ferner wird die Verpflichtung ausgesprochen, bei plötzlich eintretenden winterlichen Wetterverhältnissen und unzureichender Winterausrüstung auf die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr zu verzichten. Der Verkehrsteilnehmer muss daher sein Fahrzeug den Wetterverhältnissen anpassen, wozu auch das Aufziehen von Winterreifen gehört. Wann ein Erfordernis hierfür besteht, ist situationsbezogen zu beurteilen. Es wird die Auffassung vertreten, dass eine Pflicht zur Umrüstung bzw. auch ein Verzicht auf die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr dann besteht, wenn zwar noch keine winterlichen Straßenverhältnisse gegeben sind, aufgrund der bestehenden Wetterlage hiermit aber gerechnet werden muss.

§ 36 Abs. 1 Satz 3 StVZO enthält eine Definition für Winterreifen. Winterreifen sind danach solche, die als M+S-Reifen gekennzeichnet sind.

In § 18 BOKraft ist eine spezielle Winterreifenpflicht für Fahrzeuge, die der Personenbeförderung dienen, also für Kraftomnibusse Taxen und Mietwagen, geregelt. Die Fahrzeuge müssen bei entsprechenden Straßen- und Witterungsverhältnissen nicht nur mit Winterreifen ausgestattet sein, sondern zusätzlich auch Schneeketten, Harke und Spaten mitführen.

Kommt es zu einem Verkehrsunfall  mit einem mit Sommerreifen ausgerüsteten Fahrzeug, obwohl die Witterungsverhältnisse die Benutzung von Winterreifen erforderlich gemacht hätten, ist neben den allgemeinen Anspruchsgrundlagen auch eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Betracht zu ziehen, da § 2 Abs. 3 a StVO als Schutzgesetz anzusehen ist.

Zu beachten ist ferner, dass ein Fahrzeug, welches trotz winterlicher Verhältnisse mit Sommerreifen ausgerüstet ist, gegenüber einem mit Winterreifen ausgestatteten Fahrzeug eine erhöhte Betriebsgefahr hat.

So wurde beispielsweise einem Fahrzeugführer, der unverschuldet in einen Unfall verwickelt war, eine Mithaftung von 20 % zugesprochen, da er trotz winterlicher Verhältnisse mit Sommerreifen gefahren war (AG Trier, zfs 1987, 162). Eine erhöhte Betriebsgefahr ist nach einer Entscheidung des OLG München (SVR 2006, 267) auch dann anzunehmen, wenn bei winterlichen Verhältnissen mit Sommerreifen im Alpenvorland gefahren wird.

Auch gegenüber der eigenen Vollkaskoversicherung kann es zu Problemen kommen, wenn bei entsprechenden Witterungsverhältnissen nicht mit Winterreifen gefahren wird.

Nach § 61 VVG wird der Versicherer nämlich von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat. Allein die Benutzung von Sommerreifen im Winter führt allerdings nicht zu einem Leistungsausschluss des Versicherers. Eine grobe Fahrlässigkeit dürfte allerdings dann anzunehmen sein, wenn der Versicherungsnehmer mit seinem mit Sommerreifen ausgestatteten Fahrzeug in die Berge zum Wintersport fährt und dort einen Unfall erleidet. Hier muss der Versicherungsnehmer damit rechnen, dass es kurzfristig zu Änderungen der Witterungsverhältnisse, insbesondere Schneefall und Glatteis kommen kann. Wer dann mit Sommerreifen fährt, handelt grob fahrlässig (vgl. OLG Frankfurt VersR 2004, 1260, 1261).

Wer sein Fahrzeug nicht an die Wetterverhältnisse anpasst, kann gemäß § 2 Abs. 3 a Satz 1, 49 Abs. 1 Nr. 2 StVO zu einem Verwarnungsgeld von 20 € herangezogen werden (Nr. 5 a BKatV). Kommt es hierbei zu einer Behinderung, so ist ein Bußgeld in Höhe von 40 € gemäß § 2 Abs. 3 a Satz 1, § 1 Abs. 2, 49 Abs. 1 Nr. 1, 2 StVO i. V. m. Nr. 5 a.1 BKatV).zu verhängen.

Verstößt ein Fahrzeugführer, der ein Fahrzeug, welches der Personenbeförderung dient, gegen die spezielle Winterreifenpflicht, so begeht er ebenfalls eine Ordnungswidrigkeit nach § 45 BOKraft.

Wer ein kennzeichnungspflichtiges Fahrzeug mit gefährlichen Güter führt, muss bei einer Sichtweite von unter 50 m, bei Schneeglätte oder Glatteis jede Gefährdung anderer ausschließen und wenn nötig den nächsten geeigneten Parkplatz zum Parken aufsuchen. Das Bayerische Oberlandesgericht hat in einer Entscheidung vom 24.07.1989 ausgeführt, dass das Vorliegen von Schneematsch nicht zum Abstellen des kennzeichnungspflichtigen Fahrzeugs zwingt (NZV 1989, 443). Anlaß für die Einführung dieser Regelung war die Erkenntnis, dass in den beschriebenen Fällen die Gefahr von Massenkarambolagen besonders groß ist und Menschen und Umwelt durch den Austritt von gefährlichen Gütern und deren Reaktion extrem gefährdet werden können. Der Regelungsgrund liegt diesbezüglich also im Gefährdungs-potential der Gefahrgutfahrzeuge und nicht darin, dass die Fahrzeuge selbst einen Unfall verursachen können.

Quelle: Dr. Schröder - Beitrag vom 15.11.07