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Kündigungsfrist in der Probezeit

Die kurze gesetzliche Kündigungsfrist von zwei Wochen innerhalb der Probezeit ist nur bei einer eindeutigen Vertragsgestaltung möglich.  Das hat das BAG entschieden. Eine vertragliche Probezeit ist von der sechsmonatigen Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz abzugrenzen. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses und die Befristung der Probezeit sind auch nebeneinander möglich.

Sachverhalt

Der Arbeitnehmer des Falls war als Flugbegleiter beschäftigt. Im Arbeitsvertrag hatten die Parteien für den Fall drei wesentliche Bestimmungen getroffen:

  1. Sie hatten eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart.
  2. Außerdem gab es einen Passus, in dem stand, dass sich die Rechte und Pflichten der Parteien nach einem Manteltarifvertrag richteten. In diesem Manteltarifvertrag gab es während der Probezeit besondere Kündigungsfristen.
  3. Ein weiterer Paragraf trug die Überschrift „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“. Dort war festgelegt, dass eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Monatsende gelten sollte.

Noch innerhalb der Probezeit erhielt der Arbeitnehmer dann seine Kündigung mit einer Frist von zwei Wochen zum 20.09. Nach § 622 Abs. 3 BGB können sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer nämlich innerhalb der Probezeit mit einer Frist von zwei Wochen ohne einen bestimmten Beendigungstermin (z.B. zum Monatsende) kündigen. Gegen die Kündigung klagte der Arbeitnehmer und argumentierte, dass sich aus seinem Vertrag nicht ergeben würde, dass innerhalb der Probezeit kürzere Fristen gelten sollten und stattdessen eine Kündigung lediglich mit einer Frist von sechs Wochen zum Monatsende (also zu Ende Oktober) möglich wäre. Schließlich klagte er sein Recht bis zum BAG ein.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung

Das BAG verwies zunächst auf das Gesetz. Sieht der Arbeitsvertrag eine Probezeit von längstens sechs Monaten vor, kann das Arbeitsverhältnis nach § 622 Abs. 3 BGB ohne weitere Vereinbarung von beiden Seiten mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Hier hatten die Parteien jedoch eine andere Frist vereinbart.

Ist in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag in einer weiteren Klausel eine längere Kündigungsfrist festgelegt, ohne unmissverständlich deutlich zu machen, dass diese längere Frist erst nach dem Ende der Probezeit gelten soll, ist dies vom Arbeitnehmer regelmäßig dahin zu verstehen, dass der Arbeitgeber schon während der Probezeit nur mit der vereinbarten längeren Frist kündigen kann.

Die Bestimmungen des von der Arbeitgeberin vorformulierten Arbeitsvertrags waren als Allgemeine Geschäftsbedingungen so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher, regelmäßig nicht rechtskundiger Arbeitnehmer versteht. Aus Sicht eines solchen Arbeitnehmers ließ sich keine Zwei-Wochen-Frist erkennen oder auch nur erahnen.

Auch der Verweis auf den Manteltarifvertrag und die bloße Vereinbarung der Probezeit lassen nicht erkennen, dass dadurch Kündigungsfristen verkürzt werden.
Nach dem Wortlaut des Arbeitsvertrages war einzig und allein eine Frist bestimmt, nämlich die von sechs Wochen zum Monatsende. Und damit galt diese Frist auch für die Kündigung in der Probezeit.

Folgerungen aus der Entscheidung

Künftig muss also auf Arbeitgeberseite eindeutig darauf geachtet werden, dass im Vertrag während der Probezeit eine Kündigungsfrist von zwei Wochen vereinbart wird. Alternativ dazu dürfte auch ein genereller Verweis auf die Kündigungsfristen nach dem BGB ausreichend sein.

Praxishinweis

Mit der Vereinbarung einer Probezeit können sich Arbeitgeber Streitigkeiten, Ärger, Kosten und Gerichtsprozesse sparen. Allerdings gilt es auch zu bedenken, dass der einzige Vorteil einer Probezeit tatsächlich in den Kündigungsfristen liegt. Häufig wird eine Probezeit mit der Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz verwechselt. Das geschieht auch deshalb, der Probezeit und Wartezeit häufig zeitlich identisch fallen. Die Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes bedeutet, dass nach Ablauf von sechs Monaten der Arbeitgeber jedenfalls im Betrieb mit mehr als zehn Arbeitnehmern einen Kündigungsgrund für seine Kündigung benötigt. Das hat aber mit der Probezeit als solches nichts zu tun.

Es gibt jedoch neben dem Klassiker der Probezeit in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis auch noch weitere Vertragsgestaltungsmöglichkeiten. So ist auch ein befristetes Arbeitsverhältnis mit Probezeit als doppelte Absicherung möglich. Mit Ablauf der Befristung muss der Arbeitgeber keine Kündigung mehr aussprechen und umgeht damit auf legalem Weg den Kündigungsschutz des Arbeitnehmers.

Davon unterschieden werden muss ein befristetes Probearbeitsverhältnis. Das ist ein Arbeitsverhältnis, das ausschließlich für die Dauer der Erprobung befristet ist. Die Erprobung ist dabei ein gesetzlich vorgesehener Sachgrund für die Befristung nach § 14 Abs. 1 Ziff. 5 TzBfG.

Arbeitgeber, die auf Nummer sicher gehen wollen, können dann noch die „Doppelbefristung“ abschließen, also die Befristung des Arbeitsverhältnisses und die Befristung der Probezeit. Eine solche zusätzliche Probezeitbefristung sollte jedoch stets besonders im Arbeitsvertrag hervorgehoben werden. Andernfalls wird sie als überraschende Klausel unwirksam sein.

Zu guter Letzt nutzen viele Arbeitgeber dann noch die befristete Einstellung generell als „Probezeit“. Ein Arbeitnehmer wird also befristet zunächst lediglich für sechs Monate eingestellt, und dann wird innerhalb des gesetzlichen Rahmens die Befristung verlängert – maximal bis zur Dauer von zwei Jahren. In einem solchen Fall wird gar keine Probezeit vereinbart – mit der Folge, dass natürlich auch nicht mit der verkürzten Zwei-Wochen-Frist gekündigt werden kann.

BAG, Urt. v. 23.03.2017 - 6 AZR 705/15

Quelle: Rechtsanwalt und FA für Arbeitsrecht Arno Schrader