Baurecht -

Tagungsbericht Arbeitskreis VII/2 des Deutschen Baugerichtstags

Am 28.05.2009 diskutierte der Arbeitskreis VII/2 des Deutschen Baugerichtstags e.V. unter der Leitung des renommierten ADR-Experten Moritz Lembcke (Luther Rechtsanwaltsgesellschaft) „vertragliche Regelungen zur außergerichtlichen Streitbeilegung“ für das Bauwesen.

Lembcke war von Vors. RiBGH, Prof. Dr. Rolf Kniffka (Präsident des Deutschen Baugerichtstags) und dem bekannten Rechtsanwalt Dr. Alfons Schulze-Hagen (Leiter des Arbeitskreises VII) dem Baubetriebler Prof. Dr. Ralf Schottke vorgezogen worden. Für einen exponierten Tagungsort hatte Herr Dr. Maik Hornuff (Ernst & Young Real Estate GmbH) gesorgt, der die beeindruckenden Räumlichkeiten von Ernst & Young in Frankfurt/Eschborn zur Verfügung gestellt hatte.

In der Begrüßung mahnte Lembcke an, dass eine Zersplitterung der ADR-Landschaft (Alternative Dispute Resolution) im Bauwesen vermieden werden müsse. Es könne nicht angehen, dass Dutzende von Vereinen und Institutionen ein Konkurrenzverhältnis um einen Markt, der noch gar nicht erschlossen sei, pflegten. Lembcke forderte, der Kuchen müsse erst gebacken und dann verteilt werden. Die große Konkurrenz gehe vom staatlichen Bauprozess aus, wo zehntausende Verfahren pro Jahr anlandeten und nicht von anderen ADR-Aktiven, die vereinzelt ADR-Verfahren abwickelten, so der Experte. Lembcke forderte die unter den Teilnehmern vertretenen führenden Institutionen und Vereine auf, den Rahmen des Baugerichtstages als Dachverband zu nutzen, um eine gemeinsame Musterverfahrensordnung auf den Weg zu bringen, um Vertrauen potenzieller Anwender zu gewinnen.

Der 2. Deutsche Baugerichtstag hatte 2008 unter der Leitung von Schulze-Hagen Empfehlungen an Gesetzgeber verabschiedet, Regelungen eines Adjudikations-Verfahrens nach englischem Vorbild als vorläufig bindende Drittentscheidung auf den Weg zu bringen. Prof. Dr. Reinhard Greger (Universität Erlangen) hatte mit seinem Arbeitskreis festgestellt, dass Mediation in besonderer Weise für die Baukonfliktbewältigung geeignet ist. Hieran soll die vertragliche Musterverfahrensordnung anknüpfen.

Zu diesem Zweck waren auf dieser ersten Veranstaltung alle Institutionen aufgefordert, ihre Verfahrensordnung vorzustellen. Zunächst stellte der erfahrende Berater Hornuff seine Erfahrungen mit außergerichtlicher Streitbeilegung dar. Schon heute bietet Ernst & Young in der interprofessionellen Beratung auch die baubegleitende Streitbeilegung an und kann auf hohe Einsparungen bei der Konfliktbewältigung zurückblicken.

Prof. Dr. Mike Gralla (Technische Universität Dortmund) stellte das englische Adjudication-Verfahren als Diskussionsgrundlage aus baubetrieblicher Sicht vor und wies noch einmal darauf hin, dass eine Musterverfahrensordnung das Gros der Bauvorhaben im Auge haben müsse.

Für die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) präsentierten Dr. Helmut Köntges (International Project Management), Christian Stubbe und Volker Mahnken (beide Siemens Legal) die neuen Regelungen der DIS zu Schiedsgutachten und Adjudikation. Diese sehen vorläufig bindende Entscheidungen eines Dritten vor, deren Nichtbefolgung auch dann zu Schadensersatzansprüchen führen solle, wenn innerhalb eines nachfolgenden Schiedsverfahrens die Unwirksamkeit festgestellt würde - ein sicherlich sehr weitgehender Vorschlag.

Eva-Martina Meyer-Postelt (Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Baurecht e.V.) stellte die Schlichtungs-Ordnung der Deutschen Gesellschaft für Baurecht e.V. vor, die bis 2010 allerdings vollständig überarbeitet werden soll, weil die summarischen Feststellungen des Schlichters auch für ein Schiedsgericht endgültig bindend seien und es hier sicherlich Probleme gebe.

Die Adjudikations-Verfahrensordnung für das Bauwesen (AVO-Bau) war bereits aus dem Arbeitskreis VII 2007 hervorgegangen und wurde von dem umtriebigen Baubetriebler Prof. Dr. Claus Jürgen Diederichs (FRICS, DU Diederichs Projektmanagement AG) in einem dynamischen Vortrag erläutert.

Die Schlichtungsordnung des Vereins zur Förderung der alternativen Streitbeilegung im Baubereich e.V. wurde von Prof. Dr. Ralf Schottke für den erkrankten Prof. Dr. Michael Wotschke (Hochschule für Technik und Wirtschaft, Berlin) und Dipl.-Ing. Gerald Müller (ASPHALTA Ingenieurgesellschaft für Verkehrsbau) vorgetragen. Bislang habe man nur ein Verfahren abgewickelt, das desaströs endete, weil immer mehr Verfahrensstoff zu einer kaum noch handhabbaren Konfliktmasse geführt habe.

Die interdisziplinäre Zusammenarbeit des Newcomers Dipl.-Ing. Matthias Sundermeier (Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Lehrstuhl Baubetrieb und Bauprozessmanagement, Technische Universität Dortmund) und Lembcke führten wegen der fundierten praktischen Erfahrungen beider Experten mit ADR-Klauseln zum wohl ausgereiftesten Vorschlag. Die Adjudikations-Ordnung für Baustreitigkeiten (AO-Bau) beinhaltet ein auflösend bedingtes Schiedsgutachten, das auch innerhalb Allgemeiner Geschäftsbedingungen vereinbart werden kann.

Der aus der Bauwirtschaft erlesene Teilnehmerkreis rundete die perfekt organisierte Veranstaltung von Ernst & Young ab. Im Anschluss tagte der Arbeitskreis VII/2 in nichtöffentlicher Sitzung. Bereits auf dem 3. Deutschen Baugerichtstag in Hamm/Westf. am 7./8.05.2010 soll eine Musterverfahrensordnung zur außergerichtlichen Streitbeilegung für das Bauwesen vorgestellt werden, die dann von den entsprechenden Institutionen und Vereinen administriert werden könnte.

Quelle: Rechtsanwältin Anna Breidenbach, LL.M. (Düsseldorf) - Beitrag vom 29.06.09