carlitos © photocase

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Familienrecht -

Auswirkungen einer zwischenzeitlichen Versöhnung auf die Trennungszeit

OLG Bremen, Beschl. v. 02.05.2012 - 4 WF 40/12

Eine endgültige Versöhnung beendet die Trennungszeit, selbst wenn sie nur einen Tag gedauert hat. Wollen die Ehegatten dann doch geschieden werden, so muss vorher erneut ein ganzes Trennungsjahr ablaufen.

Darum geht es

Bei einer einvernehmlichen Scheidung wird das Scheitern der Ehe nach § 1566 Abs. 1 BGB durch das einjährige Getrenntleben unwiderlegbar vermutet. Wird diese „Mindestwartezeit" nicht eingehalten, so wird i.d.R. der Scheidungsantrag als unbegründet abgewiesen oder Verfahrenskostenhilfe nicht bewilligt.

Findet bei getrennt lebenden Ehegatten in der Trennungszeit ein Versöhnungsversuch statt, so ist stets zu prüfen, ob er die erforderliche Trennungszeit unterbricht oder hemmt, denn gem. § 1567 Abs. 2 BGB unterbricht oder hemmt ein Zusammenleben über kürzere Zeit, das der Versöhnung der Ehegatten dienen soll, die Trennungszeit nicht.

Während des Scheidungsverfahrens teilten die Ehegatten dem AG mit, dass sie sich versöhnen wollten, und nahmen die wechselseitig gestellten Scheidungsanträge zurück. Kurz darauf zogen sie für einen Tag wieder zusammen, stellten fest, dass es doch nicht funktionierte, und wollten doch geschieden werden. Da das erste Verfahren durch Rücknahme der Anträge beendet war, stellte die Ehefrau einen Verfahrenskostenhilfeantrag für ein neues Verfahren.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das OLG stellt sich auf den Standpunkt, dass Verfahrenskostenhilfe nicht zu bewilligen ist, da das erforderliche Trennungsjahr noch nicht abgelaufen ist.

Nach dem Wortlaut des § 1567 Abs. 2 BGB stellt die Gerichte i.d.R. auf die Auslegung des Begriffs „kürzere Zeit" ab, wenn sie prüfen, ob die Trennungszeit gehemmt oder unterbrochen ist.

Das OLG München (Urt. v. 29.06.1989 - 16 UF 854/89, FamRZ 1990, 885) hat eine 16-tägige Versöhnungsphase für lang genug befunden, damit das Trennungsjahr neu zu laufen beginnt. Der maßgebliche Gesichtspunkt war damals, dass die Ehefrau das Gericht davon überzeugt hatte, dass es sich beim Zusammenleben der Parteien in der Zeit vom 12.12.1988 bis zum 28.12.1988 nicht nur um einen Versöhnungsversuch, sondern um eine ernsthafte Wiederversöhnung gehandelt hatte.

An diese Ernsthaftigkeit knüpft das OLG nun auch hier an. Auch hier fand die Versöhnung kurz vor Weihnachten statt. Das OLG differenziert ebenfalls zwischen einem gescheiterten Versöhnungsversuch (dann gilt § 1567 Abs. 2 BGB) und einer ernsthaften Wiederversöhnung und erneuten Trennung (dann gilt § 1567 Abs. 2 BGB nicht, sodass es auf die Dauer nicht ankommt). Dabei ist hier als Beweis der Ernsthaftigkeit ausschlaggebend, dass die Ehegatten ihre Scheidungsanträge förmlich zurückgenommen haben. Ein vergleichbarer Sachverhalt hat auch dem AG Leipzig (Beschl. v. 20.08.2003 - 24 F 2309/03) vorgelegen, das zu demselben Ergebnis gekommen ist.

Das Ziel der Vorschrift des § 1567 Abs. 2 BGB ist, die Bereitschaft eines Ehegatten zu einem Versöhnungsversuch zu fördern. Der Ehegatte soll nicht die Befürchtung haben müssen, dass sich dadurch seine prozessuale Situation verschlechtert. Ist die Versöhnung erreicht, so wird die Frist jedoch unterbrochen; die bisher abgelaufenen Trennungsfristen werden bedeutungslos. Trennen sich die Ehegatten dann erneut, so beginnen die Trennungsfristen vollständig neu zu laufen (vgl. OLG München, Urt. v. 29.06.1989 - 16 UF 854/89, FamRZ 1990, 885).

Quelle: RAin Martina Mainz-Kwasniok - vom 31.07.12