Familienrecht -

Die Strukturreform des Versorgungsausgleichs - Über das VAStrRefG

Teil 2: Die fortgeltenden Grundsätze im künftigen Recht des Versorgungausgleichs

Der Entwurf gestaltet den Versorgungsausgleich nicht völlig um. Wenngleich es grundlegende Änderungen geben soll, behält der Entwurf auch einiges Bewährtes bei. In diesem Teil des Beitrags zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs werden zunächst die fortgeltenden Grundsätze dargestellt.

Aus dem bisherigen Recht des Versorgungsausgleichs bleiben – wenn auch teilweise in anderer sprachlicher Fassung und teilweise auch inhaltlich nur mit Einschränkungen – erhalten:

  • Der Versorgungsausgleich soll nach wie vor so weit wie irgend möglich bei der Scheidung vom Familiengericht im Verbund durch (öffentlich-rechtliche) Zuteilung von Anwartschaften oder Anrechten entschieden werden.

Zu Recht wird mit dem Entwurf der VA als familienrechtliches Institut bei der Scheidung beibehalten. Denn nur so lassen sich sinnvoll Gesamtvereinbarungen über alle Scheidungsfolgen treffen.

  • Einen schuldrechtlichen Ausgleich, der erst im Rentenfall beider Eheleute fällig werden soll, soll es nach wie vor nur ausnahmsweise geben. Er soll jetzt „Ausgleich nach der Scheidung“ heißen (vgl. §§ 20 ff. VAStrREfG-E) und nach wie vor nur auf Antrag zulässig sein (siehe § 223 FamFG id.F. des VAStrREfG-E ).
  • Auch der bisherige verlängerte schuldrechtliche Versorgungsausgleich soll als „Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung“ erhalten bleiben (vgl. §§ 25 ff. VAStrREfG-E ).

  • Die bisher unzureichende Regelung zur Abtretung von Versorgungsansprüchen wurde sprachlich und inhaltlich eindeutig gemacht (vgl. § 21 VAStrREfG-E ).

  • Daneben gibt es nach wie die Möglichkeit einer Abfindung künftiger Ausgleichsansprüche. Die Beschränkung auf Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zu einer Lebensversicherung wurden aufgegeben. Außerdem wurde klargestellt, dass für die Höhe der Abfindung der Zeitwert des Ausgleichswerts maßgeblich ist (siehe §§ 23, 24 VAStrREfG-E ).

  • Nach wie soll die rechtskräftige Versorgungsausgleichesentscheidung bei erheblichen Wertveränderungen innerhalb einzelner Versorgungen nachträglich abgeändert werden können, allerdings nur bei den sog. Grundversorgungen (vgl. § 225 FamFG i.d.Neufassung durch das VAStrREfG-E).

  • Bei grober Unbilligkeit soll der Ausgleich nach wie vor gekürzt oder ganz ausgeschlossen werden können(vgl. § 27 VAStrREfG-E).

Anders als bisher soll es aber nur noch eine einzige allgemein gehaltene Härteregelung geben. Das ist zu begrüßen, zumal sich auch nach geltendem Recht die Rspr. weniger am Wortlaut des in einzelne Fallgruppen aufgegliederten Gesetzes als an typischen Lebenssachverhalten, die teils quer zu den gesetzlichen Fallgruppen lagen, orientiert hat. Auf diese Rspr. kann nach wie vor zugegriffen werden.

Im Zusammenhang mit der Aufgabe des Einmalausgleichs gewinnt die bisher ausschließlich als negative Härteklausel ausgelegte Billigkeitsregelung allerdings ein etwas anderes Gesicht und bedarf in der Praxis deutlich größerer Anstrengungen, als der knappe Wortlaut zunächst zu verheißen scheint. Das gilt vor allem dann, wenn man sich inhaltlich wie der Entwurf –von einer negativen Billigkeitsklausel eigentlich nicht entfernen will (siehe S. 125, 126). Das aber bedeutet, dass zum Zwecke der Anwendung der Härteklausel ähnlich wie beim jetzt möglichen Geringfügigkeitsausgleich (siehe § 18 VAStrREfG-E) doch ein Saldo der Kapitalwerte und korrespondierenden Kapitalwerte gebildet werden muss, um den im Ergebnis (mehr) ausgleichsverpflichteten Ehegatten zu ermitteln, zu dessen Gunsten dann der (Gesamt-)Ausgleich vermindert oder ausgeschlossen werden kann.

Verblüffenderweise wollen die Entwurfsverfasser in zumindest einem Fall einen positiven Härteausgleich zulassen: wenn nämlich die insgesamt mehr ausgleichsverpflichtete Person mutwillig vor Ende der Ehezeit – und wohl auch danach – eigentlich ausgleichspflichtige Versorgungen gekündigt oder einen mit einer Versorgung verbundenen Arbeitsplatz mutwillig gekündigt hat (siehe S. 127 Abs. 3). Bei der vom Gesetzesentwurf gewählten Struktur und Wortlaut ist die Beschränkung auf diese eine Ausnahme nicht möglich. Wenn man das wollte, müsste man es ausdrücklich regeln. Bleibt die Härteklausel so wie sie jetzt ist, gibt es künftig keinen bloß negativen Härteausgleich mehr, sondern können die Gerichte – wie übrigens bei den Vereinbarungen auch die Parteien – jedes ihnen grob unbillig erscheinende Ausgleichsergebnis verhindern. Im Interesse einer möglichst umfassenden Teilungsgerechtigkeit ist das durchaus zu begrüßen.

  • In Härtefällen wie vorzeitigem Tod des Ausgleichsberechtigten oder Zusammentreffen von Unterhaltspflicht und Ausgleichspflicht vor Eintritt des Rentenfalles soll es nach wie vor die Möglichkeit einer zeitweiligen oder dauernden Rückgängigmachung des Versorgungsausgleichs, allerdings in einem engeren Umfang als bisher, geben (siehe §§ 32 ff. VAStrREfG-E).

Bei vorzeitigem Tod des Ausgleichsberechtigten werden die Möglichkeiten, den durchgeführten Versorgungsausgleich rückgängig zu machen, gegenüber dem geltenden Recht nicht unerheblich erweitert: Statt bisher schon nach 2 Jahren Bezug von Leistungen aus dem VA, soll künftig auch nach 3 Jahren noch eine Kürzung rückgängig gemacht werden können. Zudem sollen Reha-Leistungen nicht mehr auf den Jahresbetrag angerechnet werden können, sondern nur noch laufende Rentenleistungen (siehe § 37 abs. 2 VAStrRefG-E).

Der Schutz der Versorgungsträger vor Manipulationen einerseits und inhaltlich ungerechtfertigte Bereicherungen ausgleichspflichtiger Personen andererseits gebieten Einschränkungen der Anpassung nach Rechtskraft gegenüber der bisher zu weit geratenen Regelung des § 5 VAHRG in den Fällen, in denen der Versorgungsausgleichspflichtige auch unterhaltspflichtig ist und der jeweils berechtigte Ehegatte noch keine Leistungen aus dem Versorgungsausgleich erhält. Die hier vorgeschlagene Regelung verkompliziert das Ausgleichsverfahren aber erheblich und schützt den Versorgungsträger im Ergebnis zu Lasten der geschiedenen Ehegatten zu sehr, wenn man so verfährt wie von den Entwurfsverfassern vorgerechnet (Siehe S. 138). Dem Ziel, den Ausgleichspflichtigen vor unangemessener Bereicherung zu schützen, wird bereits Genüge getan, wenn die Rückgängigmachung der Kürzung nur im Ergebnis auf den zu zahlenden Unterhalt beschränkt wird,  ohne aber den vom Ausgleichspflichtigen zu zahlenden Unterhalt zu vermindern. Schließlich dient diese Durchbrechung des Gedanken der vollständigen Teilung eines Anrechtes bei der Scheidung gerade der Sicherung der Unterhaltspflicht des Ausgleichsverpflichteten.
Wortlaut und Sinn der vorgeschlagenen Regelung wird Genüge getan, wenn die Kürzung von 900.- lediglich in Höhe des versorgungsausgleichsbedingten Erwerbs, hier also 150.- vermindert wird. Hier wäre also nur die Kürzung in Höhe von 750.- auszusetzen. Es gibt keinen ausreichenden Grund, für den Unterhaltsberechtigten einen neuen, notwendigerweise niedrigeren Unterhalt auszurechnen.

Die Beschränkung der Rückgängigmachung der Kürzung auf erhebliche Beträge erscheint zweckmäßig und verfassungsrechtlich wohl auch vertretbar. Vielleicht wäre es aber auch hier besser, eine dem § 18 Abs. 3 vergleichbare Regelung einzuführen, zumindest um zu verhindern, dass der Ausgleichs- und Unterhaltsberechtigte öffentliche Leistungen in Anspruch nehmen muss.

Der Entwurf verlagert die Zuständigkeit für Entscheidungen bei Streit über die Rückgängigmachung eines Versorgungsausgleichs in den bisherigen Fällen des § 5 VAHRG weg von den für die Versorgungsträger jeweils zuständigen Fachgerichten auf die Familiengerichte. Das ist wegen des Zusammenhanges mit dem Unterhaltsrecht von der Sache her sicher gerechtfertigt, führt aber trotz der vorgesehenen Beschränkung zu nicht unerheblicher Mehrarbeit und damit Kosten bei den Familiengerichten.

  • Nach wie vor wird den Versorgungsträgern verboten, während eine laufenden Verfahrens Zahlungen an die ausgleichspflichtige Person zu erbringen, die sich auf die Höhe des Ausgleichswerts auswirken können (wie in § 10d VAHRG; vgl. § 29 VAStrREfG-E).

Dadurch wird aber das Problem einer Vereitelung des Versorgungsausgleichs nach der Scheidung durch vorzeitige Kapitalisierung und Auszahlung durch den Versorgungsträger an den Ausgleichspflichtigen nicht vollständig gelöst.

  • Der Schutz des Versorgungsträgers, der bereits eine Leistung erbringt, die sich durch die Entscheidung über den Versorgungsausgleich verändern muss, wird gegenüber dem § 1587p BGB sprachlich besser gefasst. Auf die auch heute schon bestehende Möglichkeit von Bereicherungsansprüchen wird jetzt ausdrücklich hingewiesen.

Der Entwurf gestaltet den Versorgungsausgleich nicht völlig um, sondern behält einiges Bewährtes bei, anderes aber soll teils grundlegend geändert werden. Vor allem werden die Ausgleichsregelungen durchgehend sprachlich neu gefasst. Die neu gefassten und –formulierten Bestimmungen zum VA sind sicher für den Nichtexperten besser zu verstehen als die §§ 1587 ff. BGB, 1 ff. VAHRG und 1 ff. VAÜG. Gleichwohl kann man vielleicht auch insoweit etwas Gutes noch besser machen mit dem Ziel, dass sich bereits aus dem Gesetzestext ergibt, was eigentlich gemeint ist, und nicht erst ein Blick in die Begründung Klarheit bringt (das gilt vor allem für die Fassung der §§ 8 Abs. 2, 11 Abs. 2, 14 Abs. 2 Nr. 1, 15 Abs. 3, 20 Abs. 1 Nr. 3).

Der Beitrag wird fortgesetzt.

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Quelle: Richter am Amtsgericht Horst-Heiner Rotax - Fortsetzungsbeitrag vom 13.02.08