Familienrecht -

EuGH zur Anwendbarkeit innerstaatlicher Zuständigkeitsregeln

Die internationale Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedsstaates der EU für Scheidungen mit Auslandsbezug ist in Art. 3 bis 7 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 geregelt.

Wenn sich aus Art. 3 bis 5 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 die Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedsstaates ergibt, dann können die Gerichte eines anderen Mitgliedsstaates ihre eigene Zuständigkeit nicht aus dem nationalen Recht herleiten.

Der EuGH hatte über die Auslegung der Art. 3, 6 und 7 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 zu entscheiden. Das angerufene schwedische Gericht hat die Frage vorgelegt, ob die Art. 6 und 7 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 dahin auszulegen sind, dass die Gerichte eines Mitgliedsstaates ihre Zuständigkeit aus dem nationalen Recht herleiten können, wenn der Antragsgegner weder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiets eines Mitgliedsstaates hat, noch EU-Bürger ist.

Das schwedische Gericht hatte über seine Zuständigkeit für das Verfahren der Ehescheidung einer schwedischen Antragstellerin von ihrem kubanischen Ehemann zu entscheiden. Gemeinsam haben die Eheleute in Frankreich gelebt. Die Ehefrau lebt dort immer noch, der Ehemann ist nach der Trennung nach Kuba zurückgegangen. Es ergibt sich damit aus Art. 3 I lit. a der Verordnung die internationale Zuständigkeit der französischen Gerichte. Nach dem klaren Wortlaut von Art. 7 der Verordnung ist somit kein Raum für eine Restzuständigkeit nach den innerstaatlichen Vorschriften gegeben.  Die schwedischen Gerichte müssen sich gem. Art. 17 der Verordnung zugunsten der französischen Gerichte von Amts wegen für unzuständig erklären.

Der EuGH führt aus, dass diese Auslegung durch Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 nicht in Frage gestellt werden kann. Art. 6 bestimmt, dass die sich aus den Art. 3 bis 5 der Verordnung ergebende Zuständigkeit eine ausschließliche ist, wenn der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedsstaat hat oder Staatsangehöriger eines solchen ist.

Die innerstaatlichen Zuständigkeitsregeln sind dann jedenfalls verdrängt, wenn nach den genannten Artikeln die Gerichte eines Mitgliedsstaates zuständig sind. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass sich die internationale Zuständigkeit unter allen Umständen nach dem innerstaatlichen Recht richtet, wenn der Antragsgegner weder EU-Bürger ist, noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedsstaat hat.

Dies begründet der EuGH insbesondere mit den Erwägungsgründen 4, 8 und 12 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003. Mit der Verordnung sollen möglichst einheitliche Bestimmungen über die internationale Zuständigkeit für Ehescheidungen eingeführt werden, um einen möglichst umfassenden freien Personenverkehr zu gewährleisten.

Beispiel für Anwendbarkeit von Art. 7:

Zieht die schwedische Ehefrau im vom EuGH entschiedenen Fall nach der Trennung nach Belgien und lebt sie dort noch nicht seit einem Jahr, ergibt sich keine Zuständigkeit aus Art. 3 der Verordnung. Da der Antragsgegner weder EU-Bürger ist, noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der EU hat, ist die Ausschließlichkeit gem. Art. 6 nicht gegeben. Die von der Ehefrau angerufenen Gerichte können ihre internationale Zuständigkeit dann aufgrund ihrer nationalen Vorschriften klären. In Deutschland wäre Art. 606a ZPO maßgeblich. 

Quelle: Rechtsanwältin Julia Dötsch - Urteilsbesprechung vom 02.02.08