Miet- und WEG-Recht -

Anfechtungsklage bei Fristversäumnis unbegründet

Erste Grundsatzentscheidung des BGH zum geänderten Wohnungseigentumsrecht.

Kurzsachverhalt
Am 19.06.2007 fassten die Wohnungseigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft mehrere Beschlüsse. Am 13.07.2007 focht die Klägerin mehrere dieser Beschlüsse an. Ihrem Schriftsatz war das Versammlungsprotokoll und ein früheres Schreiben an die Verwaltung beigefügt. Ende Juli 2007 wurde vom Amtsgericht ein Prozesskostenvorschuss angefordert, der am 14.08.2007 einbezahlt wurde. Ein Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist wurde abgelehnt. Am 31.08.2007 erfolgte die Begründung der Anfechtung. Das Amtsgericht wies den Antrag als unzulässig ab, das Landgericht lies offen, ob der Antrag unzulässig oder unbegründet ist.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass nicht offen bleiben kann, ob die Abweisung der Anfechtungsklage als unzulässig oder unbegründet erfolgt. § 48 Abs. 4 WEG bestimmt, dass bei einer rechtskräftigen Abweisung der Anfechtungsklage nicht mehr geltend gemacht werden kann, der Beschluss sei nichtig. Bei einer Abweisung als unzulässig wäre den Wohnungseigentümern und dem Verwalter diese Möglichkeit verblieben.

Wird die einmonatige Klagefrist oder die zweimonatige Begründungsfrist nicht eingehalten, ist die Klage als unbegründet abzuweisen. Der BGH hält die Frist für gewahrt, da er die Übergangsvorschrift des § 62 WEG so auslegt, dass die Frist erst mit dem Inkrafttreten des neuen Rechtes (01.07.2007) beginnt. Die Klägerin hatte daher Zeit bis Ende August 2007, um die Anfechtung zu begründen.

Praxishinweis Begründungsfrist

Bei Beschlüssen, die im Juni 2007 gefasst wurden, berechnete die Praxis die Begründungsfrist ab dem Zeitpunkt der Beschlussfassung und kam damit zu einer verspäteten Begründung. Soweit diese Verfahren noch anhängig sind und die Begründung bis Ende August 2007 erfolgte, ist die Frist gewahrt. Bei rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren besteht allerdings keine Möglichkeit, die Fristwahrung nachträglich noch geltend zu machen.

 

Bei neuen Klagen ist zu beachten

 

Das Gericht kann die Begründungsfrist nicht verlängern. Selbst wenn das Gericht die Frist versehentlich verlängert hat, obwohl diese Frist als gesetzliche Frist nicht verlängerbar ist, ist die Klage als unbegründet abzuweisen. Die Frist läuft auch, wenn beispielsweise zwischen den Parteien Vergleichsverhandlungen laufen. Da es sich um eine materiellrechtliche Frist handelt, läuft die Frist auch, wenn das Verfahren ruht.

 

Für die Wahrung der Klagefrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 WEG genügt die rechtzeitige Einreichung der Klagschrift nur, wenn die Zustellung demnächst erfolgt (§ 167 ZPO). Aus der Entscheidung ist zunächst zu schließen, dass entgegen vereinzelter vertretener Meinung ein Gerichtskostenvorschuss zu leisten ist (so schon LG Nürnberg-Fürth, NJW 2009, 374). Der Gerichtskostenvorschuss ist nach seiner Anforderung innerhalb eines Zeitraums einzuzahlen, der sich um zwei Wochen bewegt oder nur geringfügig darüber liegt. Für die Wahrung der Klagefrist trägt der Kläger die Darlegungslast.

Praxishinweis Festsetzung des Geschäftswerts

 

Die Festsetzung des Geschäftswerts nach § 49a GKG kann sich als sehr kompliziert darstellen. Anfragen des Gerichts sind innerhalb der Zwei–Wochenfrist zu beantworten. Sofern eine Partei die zur Vorbereitung der Klagezustellung ergangene Streitwertanfrage nämlich erst später als 14 Tage beantwortet (BGH, NJW 1994, 1073; LG Düsseldorf –Urt. v. 26.08.2008 - 16 S 5/08), ist dies verspätet.

Die Einzahlung sollte innerhalb von 14 Tagen erfolgen, da der BGH weiter offen gelassen hat, was unter geringfügig über zwei Wochen zu verstehen ist. Das LG München, Urt. v. 22.09.2008 - 1 S 6883/08 hat eine17-tägige Verzögerung noch für geringfügig erachtet. Das LG Düsseldorf (Urt. v.26.08.2008 - 16 S 5/08) hält mehr als drei Wochen nicht mehr als geringfügig. Wird der Vorschuss von der Rechtsschutzversicherung oder der Partei geleistet, hat der Hinweis auf die Folgen der verspäteten Zahlung zu erfolgen. Ob die Zahlung erfolgt, ist zu überwachen.

Ob die Anfechtungsfrist durch die Einreichung eines Prozesskostenhilfeantrags gewahrt wird, ist offen (vgl. auch Dötsch, NZM 2008, 309). Die klagende Partei sollte deshalb den Antrag nach § 14 Nr. 3 GKG stellen. Der Kläger muss glaubhaft machen, dass

a) dem Antragsteller die alsbaldige Zahlung der Kosten mit Rücksicht auf seine Vermögenslage oder aus sonstigen Gründen Schwierigkeiten bereiten würde oder

b) eine Verzögerung dem Antragsteller einen nicht oder nur schwer zu ersetzenden Schaden bringen würde; zur Glaubhaftmachung genügt in diesem Fall die Erklärung des zum Prozessbevollmächtigten bestellten Rechtsanwalts.

 

Der Kläger ist gehalten, innerhalb der Begründungsfrist die Gründe vorzutragen, auf die er seine Anfechtung stützt. Der Lebenssachverhalt, aus dem sich die Anfechtungsgründe ergeben sollen, muss sich in seinem wesentlichen Kern aus den innerhalb der Frist eingegangen Schriftsätzen ergeben. Die Vorlage von Anlagen reicht nicht aus. Das Nachschieben von Gründen ist unzulässig. Der BGH lehnt sich an seine Rechtsprechung zu § 246 Abs. 1 AktG an.

Praxishinweis Schriftsatz / Begründung

 

Bei der Begründung sollte man eher mehr als weniger vortragen. Bei der Prüfung, ob ein Beschluss, der eine bauliche Änderung zulässt, rechtmäßig ist, hat in aller Regel eine umfassende Interessenabwägung stattzufinden (vgl. auch § 22 Abs. 2 WEG - Modernisierungsmaßnahmen). Die Abwägungsgesichtpunkte sollten deshalb bereits ansatzweise in der Begründung vorgetragen werden; eine Vertiefung dieser Gründe kann noch nachgeholt werden. Wegen der näheren Einzelheiten kann im Begründungsschriftsatz auf Anlagen hingewiesen werden; eine pauschale Bezugnahme reicht aber nicht aus.

 

 

Quelle: Hans-Joachim Weber, Vors. Richter, LG Konstanz - Urteilsbesprechung vom 02.03.09