Miet- und WEG-Recht -

Bekanntgabe des Einheitswertsbescheids bei Versteigerung der Eigentumswohnung verboten

Das Steuergeheimnis verbietet die Bekanntgabe des eine zu versteigernde Eigentumswohnung betreffenden Einheitswertbescheids an die die Zwangsversteigerung betreibende Eigentümergemeinschaft.

Auch bei einem Auskunftsersuchen des Vollstreckungsgerichts gem. § 54 Abs. 1 S. 4 GKG darf der darauf mitgeteilte Einheitswert nur für die Kostenfestsetzung, nicht aber zum Nachweis der Voraussetzungen der Zwangsversteigerung Berücksichtigung finden.

Darum geht es
Eine WE-Gemeinschaft beabsichtigt wegen ausstehender Hausgeldverbindlichkeiten die Zwangsversteigerung der Eigentumswohnung des Schuldners zu betreiben. Um das Rangprivileg des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG nutzen zu können, muss die Forderung, derentwegen die Zwangsversteigerung betrieben wird, gem. § 10 Abs. 3 ZVG den in § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG genannten Verzugsbetrags i.H.v. 3% des Einheitswerts überschreiten, was die WE-Gemeinschaft gegenüber dem Vollstreckungsgericht nachzuweisen hat. Zur Ermöglichung dieses Nachweises beantragt sie beim zuständigen Finanzamt, ihr den Einheitswertbescheid für die zu versteigernde Wohnung des Schuldners bekannt zu geben. Das Finanzamt lehnt diesen Antrag unter Hinweis auf die fehlende Offenbarungsbefugnis ab, Einspruch und die zum FG Düsseldorf erhobene Klage der W-Gemeinschaft haben keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe
Das FG stellt fest, dass das Finanzamt die Bekanntgabe des Bescheids zu Recht verweigert hat, da es andernfalls gegen das in § 30 AO geregelte Steuergeheimnis verstoßen hätte. Eine die Bekanntgabe rechtfertigende Ausnahme i.S.v. § 30 Abs. 4, 5 AO liegt nicht vor.

Eine solche Ausnahme sei nur gerechtfertigt, wenn an der Offenbarung ein zwingendes öffentliches Interesse bestehe, z.B. wenn im Fall des Unterbleibens der Mitteilung die Gefahr bestünde, dass schwere Nachteile für das allgemeine Wohl eintreten. Das Betreiben der Zwangsversteigerung liegt aber nur im privaten Interesse der WE-Gemeinschaft. Allein die Erschwernis einer Zwangsversteigerung zugunsten einer Eigentümergemeinschaft lässt keinen schweren Nachteil für das allgemeine Wohl erkennen. Insbesondere rechtfertigt auch der Umstand, dass die WE-Gemeinschaft zur Zwangsversteigerung in der Rangklasse 2 auf die Kenntnis des Einheitswertes der Wohnung angewiesen ist, die Bekanntgabe nicht. Diese Kenntnis kann sich die Gemeinschaft auch dadurch verschaffen, dass sie gegen den Schuldner auf Herausgabe des Einheitswertbescheids klagt.

Das Finanzgericht lässt sich auch nicht durch den im Einspruchsverfahren von der WE-Gemeinschaft vorgetragenen Hinweis umstimmen, dass das Finanzamt dem Vollstreckungsgericht Auskunft erteilen müsse, wenn dieses zur Festsetzung der Gerichtskosten um Bekanntgabe des Einheitswertes gem. § 54 Abs. 1 S. 4 GKG ersuche. Es stellt fest, dass, selbst wenn ein solches Ersuchen vorläge, die Auskunft nur zur Festsetzung der Verfahrenskosten, nicht aber zum Nachweis der Vollstreckungsvoraussetzungen herangezogen werden darf.

Anmerkung
Das FG Düsseldorf versperrt mit seiner Entscheidung den vom BGH (BGH, Urt. v. 17.04.2008 – V ZB 14/08, NJW-Spezial 2008, 419) gewiesenen Weg aus dem „Einheitswert-Dilemma“. Der BGH hatte in seiner Entscheidung ausdrücklich auf die Möglichkeit eines Auskunftsersuchens des Vollstreckungsgerichts gem. § 54 Abs. 1 S. 4 GKG im Zwangsversteigerungsverfahren hingewiesen, das den die Zwangsversteigerung betreibenden Gläubigern die Möglichkeit bietet, dem Verfahren nunmehr in der Rangklasse 2 beizutreten. Folgt man dem FG, dürfte das Vollstreckungsgericht den ihm vom Finanzamt hierauf bekannt gegebenen Einheitswert nicht an die Gläubiger weitergeben. Setzt sich diese Rechtsprechung bei den Finanzgerichten durch, bleibt in der Tat nur noch eine gesetzgeberische Lösung des Einheitswert-Problems.

Quelle: Rechtsanwalt Thomas Emmert - Urteilsanmerkung vom 10.02.09