Miet- und WEG-Recht -

Einzugsermächtigung: Fehlendes Mieterverschulden bei Zahlungsverzug

Auch Mietrückstände über mehrere Monate hinweg können vom Mieter unverschuldet sein, so dass eine Zahlungsverzugskündigung ausgeschlossen ist.

Macht der Vermieter von einer erteilten Einzugsermächtigung keinen Gebrauch, kann es im Einzelfall an einem Verschulden des Mieters an den auch über Monate hinweg auflaufenden Mietrückständen fehlen, wenn dieser davon ausgehen durfte, dass die Mietzahlung durch die erteilte Einzugsermächtigung auch in seiner Abwesenheit weiterhin gesichert ist.

Der Mieter erteilt seiner Vermieterin, der W-GmbH bei Abschluss des Mietvertrags eine Einzugsermächtigung für die Miete, von der diese auch regelmäßig Gebrauch macht. Ab April 2006 bis September 2006 ist er berufsbedingt abwesend in Süddeutschland. Mit Schreiben vom 05.04.2006 teilt die W-GmbH mit, dass seit dem 01.04.2006 die neue Eigentümerin der Wohnung, die G-GmbH in den Mietvertrag eingetreten ist und damit unter anderem die erteilten Einzugsermächtigungen hinfällig sind. Dieses Schreiben erreicht den Mieter nicht. Auch das Schreiben der G-GmbH vom 27.07.2006, in welchem diese mitteilt, seit dem 14.07.2006 für das Mietverhältnis zuständig zu sein, geht dem Mieter wegen seiner Abwesenheit nicht zu. Die Mieten für Mai 2006 bis einschließlich September 2006 werden nicht eingezogen. Mit Schreiben vom 24.08.2006 forderte die neue Vermieterin den Mieter auf, bis zum 24.09.2006 sämtliche, bis dahin aufgelaufenen Mietschulden zu bezahlen. Nach Ablauf der Frist kündigt sie das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs ordentlich gem. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Der Mieter gleicht die Rückstände wenige Tage nach Fristablauf aus, wird jedoch auf die von der Vermieterin erhobene Räumungsklage hin vom Amtsgericht zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verurteilt. Seine Berufung zum in diesem Fall zuständigen KG Berlin hat Erfolg.

Nachdem sich der Mieter erstmalig in der zweiten Instanz, dort jedoch unwidersprochen, auf die erteilte Einzugsermächtigung berufen hat, stellt das KG fest, dass die Kündigung der Vermieterin unwirksam ist. Die Unwirksamkeit ergibt sich allerdings nicht daraus, dass der Mieter die aufgelaufenen Mietrückstände sogleich und vollständig nachgezahlt hat, da die durch die Nichtzahlung einmal eingetretene Pflichtverletzung - anders als bei einer außerordentlichen Kündigung - nicht durch die nachträgliche Begleichung der Mietschuld geheilt werden kann (BGH, Urt. v. 28.11.2007 - VIII ZR 145/07, NJW 2008, 508; BGH, Urt .v. 25.10.2006 - VIII ZR 102/06, NJW 2007, 428; BGH, Urt .v. 16. 02.2005 - VIII ZR 6/04, BGH Report 2005, 687).

Allerdings fehlt es nach Ansicht des KG vorliegend an einer für die Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB erforderlichen schuldhaften Vertragspflichtverletzung des Mieters. Dieser hat die Mieten nicht vorsätzlich zurückbehalten. Vielmehr sind die Mietrückstände dadurch zustande gekommen, dass der Mieter davon ausging, die bisherige Vermieterin werde die Mieten wie all die Jahre zuvor auch bei Fälligkeit auf Grundlage der von ihm erteilten Einzugsermächtigung einziehen. Durch eine solche im Einvernehmen mit dem Gläubiger erteilte Einzugsermächtigung wandelt sich die Geldschuld des Mieters, die nach §§ 269 Abs. 1, 270 Abs. 4 BGB an sich eine Schickschuld ist, in eine Holschuld um, so dass der Vermieter fortan für den rechtzeitigen Einzug der Miete verantwortlich ist (BGH, Urt. v. 30.01.1985 - IVa ZR 91/83, MDR 1985, 472; OLG Nürnberg, Urt. v. 04.04.1995 - 3 U 4115/94, NJW-RR 1995, 1144). Da der Mieter während der fraglichen Zeit in Süddeutschland weilte, hatte er weder Kenntnis davon, dass ein Vermieterwechsel stattfindet, noch davon, dass die neue Vermieterin von der erteilten Einzugsermächtigung keinen Gebrauch mehr machen wird.

Das KG berücksichtigt zwar, dass der Kläger während der Zeit seiner Abwesenheit weder sein Konto auf Zahlungsvorgänge kontrolliert, noch dafür Sorge getragen hat, dass ihn an seine Heimatadresse gerichtete Post, z.B. der Vermieterin erreicht. Für ihn spricht jedoch, dass es keine Anzeichen für einen Vermieterwechsel und für einen vorzeitigen Übergang der Mietzinsempfangszuständigkeit gab. Folglich ist das Vertrauen des Mieters, die Bezahlung der Mieten sei trotz seiner Abwesenheit aufgrund der Einzugsermächtigung geregelt, nicht unverständlich. Da bei einem Eigentümerwechsel der Erwerber nach § 566 Abs. 1 BGB in alle das Mietverhältnis betreffenden Vereinbarungen eintritt, kann dem Mieter außerdem zu Gute gehalten werden, dass die Mieten selbst für den Fall eines Eigentümerwechsels gesichert erschienen. Die verspätete Zahlung der Mieten von Mai 2006 bis September 2006 stellt sich letztlich als ein durch den Eigentümerwechsel bedingter Sonderfall dar, dessen Wiederholung die Vermieterin nicht fürchten muss.

Auf der anderen Seite muss sich die G-GmbH nach Meinung des KG vorhalten lassen, dass der Übergang der Vermieterpflichten und -rechte zwischen ihr und der W. GmbH auch nicht reibungslos verlief. Während die W-GmbH im Schreiben vom 05.04.2006 angekündigt hatte, die G-GmbH werde ab dem 01.04.2006 tätig, fühlte sich diese laut ihrem Schreiben vom 27.07.2006 erst ab dem 14.07.2006 für das Mietobjekt zuständig. Zu diesem Zeitpunkt hatte die G-GmbH noch nicht einmal bemerkt, dass die vom Beklagten zu zahlenden Mieten für Mai 2006 bis Juli 2006 ausgeblieben waren. Nachdem sie es im August 2006 festgestellt hatte, setzte sie im Schreiben vom 24.08.2006 eine Frist bis zum 24.09.2006 für den Ausgleich des Rückstands. Dabei ging sie davon aus, dass schon die Miete für September 2006 fällig sei. Trotz dieses fünfmonatigen Mietrückstands sah die Klägerin seinerzeit noch keinen Anlass für eine Kündigung. Wenige Tage nach dem Fristablauf wurde der Rückstand bezahlt.

Anmerkung: Die Entscheidung zeigt, dass es bei der Beurteilung, ob ein Mieter Mietrückstände schuldhaft verursacht hat, wesentlich auf die Umstände des Einzelfalls ankommt. Das KG stellt dies selbst klar, indem es darauf hinweist, dass der Mieter seine Mietzinszahlungspflichten vorliegend nicht verletzen und das Vermögen der Vermieterin nicht gefährden wollte, wodurch sich der vorliegende Fall von den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen, in denen die ordentliche Kündigung jeweils für wirksam gehalten wurde, unterscheide (BGH, Urt. v. 28.11.2007 - VIII ZR 145/07, NJW 2008, 508: Verzug mit der Miete wegen Einwänden gegen die Miete, nachträglicher Ausgleich nur unter Vorbehalt der Rückforderung, weitere Rückstände; BGH, Urt. v. 25.10.2006 - VIII ZR 102/06, NJW 2007, 428.: Verzug mit der Miete wegen Einwänden gegen die Miete und fehlender sofortiger Ausgleich des Rückstandes).

Quelle: Rechtsanwalt Thomas Emmert - Urteilsanmerkung vom 05.08.08