Miet- und WEG-Recht -

Erstattung der Kosten des WE-Verwalters im Prozess

Entscheidungsbesprechung zur Erstattungsfähigkeit der Kosten des Verwalters für die Information der übrigen Wohnungseigentümer in einem Beschlussanfechtungsverfahren.

 

Die Entscheidung: BGH, Beschluss vom 14.05.2009 - V ZB 172/08

Leitsatz
a) Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann bei einem Verbandsprozess die Erstattung der durch die interne Unterrichtung ihrer Mitglieder über den Prozess entstehenden Kosten nicht verlangen.
b) Das gilt auch bei einer Beschlussanfechtung, wenn sich die Wohnungseigentümer von dem Verwalter oder dem von diesem beauftragten Prozessbevollmächtigten vertreten lassen, den Anfechtungsprozess damit ähnlich einem Prozess des Verbands führen.
c) Betrifft die Beschlussanfechtung die Rechtsstellung des Verwalters, sind allerdings die Kosten der Unterrichtung der übrigen Wohnungseigentümer über die Anfechtungsklage und ihre Begründung erstattungsfähig, weil sich ein Beschlussanfechtungsprozess nur bei Sicherstellung dieser Unterrichtung ähnlich einem Verbandsprozess führen lässt.

 

Darum geht es:
Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Kläger hatten einen Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung angefochten, mit welchem diese einen Antrag auf Abberufung des Verwalters abgelehnt hat. Die Klage wurde auf Kosten der Kläger abgewiesen. Die Beklagten beantragten im Kostenfestsetzungsverfahren die Festsetzung von 2.670 € für die Unterrichtung aller übrigen 107 Mitglieder der Gemeinschaft über die „Ladung des Amtsgerichts“ und 1.170 € für die Unterrichtung der übrigen Mitglieder über das Urteil des Amtsgerichts. Das Amtsgericht hat diese Kosten festgesetzt. Auf die Beschwerde der Kläger hat das Landgericht den Antrag auf Kostenerstattung zurückgewiesen. Mit ihrer von dem Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Beklagten ihren Kostenerstattungsanspruch weiter.


Wesentliche Entscheidungsgründe:
Die Rechtsbeschwerde hat nur geringen Erfolg.

Die geltend gemachten Kosten für die Information der Wohnungseigentümer gehören nach Auffassung des BGH nicht zu den notwendigen Kosten der Prozessführung , § 91 ZPO.

Die Beschlussanfechtung richtet sich zwar nach § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG nicht gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband, sondern gegen die übrigen Mitglieder der Gemeinschaft. Sie ist also gerade kein Verbands-, sondern ein Individualprozess gegen die Mitglieder der Gemeinschaft. Dieser Individualprozess ist jedoch einem Verbandsprozess gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft angenähert . Die Klage ist nicht jedem einzelnen Wohnungseigentümer, sondern dem Verwalter zuzustellen, der nach § 45 Abs. 1 WEG für die Wohnungseigentümer zustellungsbevollmächtigt ist. Der Verwalter ist zudem nach Maßgabe von § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG berechtigt, die Wohnungseigentümer in dem Rechtstreit zu vertreten oder anwaltlich vertreten zu lassen. Diese Ähnlichkeit in der technischen Abwicklung spricht nach Auffassung des BGH dafür, die Unterrichtung der Wohnungseigentümer durch den Verwalter auch bei einer Beschlussanfechtung als interne Angelegenheit der Gemeinschaft anzusehen, deren Kosten nicht auf den unterlegenen Anfechtungskläger abgewälzt werden können. Diese Gleichstellung mit dem Verbandsprozess soll jedenfalls dann gelten, wenn die Wohnungseigentümer den Anfechtungsprozess verbandsähnlich führen und von ihrer Möglichkeit, den Prozess selbst zu führen keinen Gebrauch machen. Verbandsähnlich wird der Prozess nicht geführt, wenn der Verwalter als Gegner am Verfahren der Wohnungseigentümer beteiligt und daher nicht zustellungsbevollmächtigt ist (§ 45 Abs. 1 WEG) oder wenn die Gefahr der nicht sachgerechten Unterrichtung der übrigen Wohnungseigentümer durch den Verwalter besteht.

Im ersten Fall kann der Anfechtungsprozess nicht ähnlich wie ein Verbandsprozess der Gemeinschaft geführt werden. Im zweiten Fall ist das nur möglich, wenn eine sachgerechte Unterrichtung der Wohnungseigentümer über ihren Prozess sichergestellt ist. Die Unterrichtung der Wohnungseigentümer kann dann, bezogen auf die Zustellung der Klage, nicht mehr als interne Angelegenheit der Gemeinschaft angesehen werden.

Nach Ansicht des BGH waren deshalb, da der Rechtsstreit den Verwalter betraf und damit eine Ausnahme zur verbandsmäßigen Führung des Prozesses vorlag, folgende Kosten gem. § 91 Abs. 1 ZPO notwendig: die Kosten für die Zuleitung der Klageschrift und der Klagebegründung nebst eines Anschreibens, das die Wohnungseigentümer auch über die Ladung zum Termin unterrichtet.

Nicht notwendig waren jedoch die Kosten für die Zuleitung der Anlagen zur Klagschrift, der Zeitaufwand für das Zusammenstellen und das Absenden der Briefsendungen an die Wohnungseigentümer, bei mehreren zusammenwohnenden Wohnungseigentümern die Zuleitung an alle Wohnungseigentümer und die Kosten der Unterrichtung über den Ausgang des Verfahrens, da der Prozess trotz seines Gegenstandes verbandsähnlich geführt wurde.

 

Entscheidungsanalyse:
Die Entscheidung des BGH überzeugt - bereits im Ansatz - nicht. Der Vergleich mit der Verbandsklage ist verfehlt.

Entgegen der Auffassung des BGH sind die Kosten der Information von der Partei zu tragen, die unterliegt. Dies ergibt sich bereits aus der Überlegung, dass der Kläger diese Kosten auch dann zu tragen hätte, wenn das Gericht selbst an alle der übrigen Wohnungseigentümer zustellte. Hieran kann sich nichts ändern, wenn die Zustellung im Zeitalter des outsourcing aus Vereinfachungsgründen durch den Verwalter erfolgt. Noch weniger leuchtet ein, weshalb die Kosten der Information im Fall der Zustellung an den Verwalter ausnahmsweise notwendige Kosten sein sollen, wenn auf Grund des Streitgegenstandes die Gefahr besteht, der Verwalter werde die Wohnungseigentümer nicht sachgerecht unterrichten. Denn eine Zustellung an den Verwalter darf von vorneherein nur erfolgen, wenn eine solche Gefahr nicht besteht. Die Vergleichbarkeit mit einem Verbandsprozess verbietet sich daher von vorneherein.

Enttäuschend ist zudem, dass der BGH nicht begründet, weshalb der Verwalter ohne vertragliche Regelung überhaupt eine Sondervergütung für die Information der Wohnungseigentümer beanspruchen kann. Die Pflicht des Verwalters, die Wohnungseigentümer zu informieren, folgt aus § 27 Abs. 1 Nr. 7 WEG. Diese Verpflichtung gehört zu den Kardinalpflichten. Eine vertragliche Sondervergütung müsste sich daher an § 307 ff. BGB messen lassen.

Auch die Ausführungen zur Höhe des Anspruches überzeugen nicht. Alle Wohnungseigentümer haben das gleiche Recht auf Information. Zusammenlebende Wohnungseigentümer anders zu behandeln, ist daher fragwürdig. Zudem haben die Wohnungseigentümer - um sachgerecht informiert zu sein - das Recht, sämtliche Anlagen der gewechselten Schriftsätze ausgehändigt zu erhalten. Wenn ein Wohnungseigentümer mit den ihm übersandten Unterlagen zu einem Rechtsanwalt geht, wird dieser die Unterlagen beim Verwalter anfordern. Streitpunkt kann dann sein, wer für die Kosten aufkommt.

Zudem lässt der BGH offen, welcher von mehreren zusammenwohnenden Wohnungseigentümern einen Kostenerstattungsanspruch hat. Wer Titelinhaber ist bleibt somit im Unklaren. Dies birgt Probleme bei der Zwangsvollstreckung.


Praxishinweis:
Die Wohnungseigentümer sind in einer Zwickmühle. Beauftragen sie mehrere Anwälte, müssen sie damit rechnen, dass die Kosten nach § 50 WEG nur für einen Rechtsanwalt erstattungsfähig sind, führen sie den Prozess durch einen Rechtsanwalt, sind die Kosten der Information nicht erstattungsfähig, weil sie den Prozess ähnlich einem Verbandsprozess führen.

Jedem Wohnungseigentümer kann daher nur geraten werden, dass er dem Amtsgericht anzeigt, dass er sich erstinstanzlich selbst vertritt. Für ihn ist so gewährleistet, dass er ohne weitere Kosten die erforderlichen Informationen erhält, um sich am Rechtsstreit zu beteiligen und dass er über den Ausgang des Prozesses informiert wird.

Weiterführende Informationen zu diesem Thema in rechtsportal.de/mietrecht:

Bibliothek, WEG-Recht, Stichwort "Anwaltskosten und Kostenerstattung" (Schnellsuche: D802WEB_24760801)

Quelle: Hans-Joachim Weber, Vorsitzender Richter am LG Konstanz - Entscheidungsbesprechung vom 09.07.09