Miet- und WEG-Recht -

Fristlose Kündigung nicht wegen Zeitablaufs ausgeschlossen

Entscheidungsbesprechung mit Praxishinweis: Der Vermieter braucht eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs nicht umgehend auszusprechen.

BGH, Urteil v. 11.03.2009 – VIII ZR 115/08, Deubner Link 2009/6816

Umstritten ist, ob die Regelung des § 314 Abs. 3 BGB bei der Wohnraummiete im Fall einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs anwendbar ist.

§ 314
Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

Redaktioneller Leitsatz

Unabhängig von der Frage der Anwendbarkeit überschreitet ein Vermieter die Frist jedenfalls nur dann, wenn der Mieter auf die Hinnahme des Mietrückstands durch den Vermieter vertrauen durfte.

Darum geht es

Ein Mieter zog im Jahre 1997 in eine Wohnung und zahlte zunächst die vereinbarte Bruttomiete von zuletzt 265,92 €. Nachdem er seit März 2006 keine Mietzahlungen geleistet hatte, sprach der Vermieter im April 2007 wegen des angelaufenen Mietrückstands von zwischenzeitlich 1072,48 € die fristlose Kündigung aus. Darüber hinaus verlangte er die Räumung der Wohnung. Der Mieter sah dies nicht ein. Er ist der Auffassung, dass der Vermieter wegen des langen Zeitablaufs nicht mehr die Kündigung habe aussprechen dürfen. Vielmehr hätte der Vermieter zunächst die Kündigung für den Fall in Aussicht stellen müssen, dass er nicht zahlt. Der Vermieter reichte daraufhin Räumungsklage ein.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Dem Grunde nach gab der BGH dem Vermieter Recht. Dieser sei gem. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB zur fristlosen Kündigung berechtigt, weil sich der Mieter mit zwei Monatsmieten in Verzug befand. Zwecks Tatsachenklärung hat das Gericht die Sache allerdings zunächst in die Berufungsinstanz zurückverwiesen. So mss u.a. geklärt werden, ob der Mieter den Zahlungsrückstand zu vertreten hat.

Keine illoyale Verspätung der Kündigung

Entgegen der Auffassung des Mieters ist die fristlose Kündigung nicht wegen Überschreitung der Frist gem. 314 Abs. 3 BGB unwirksam. Ob die Vorschrift hier überhaupt anwendbar ist, brauchte der BGH deshalb nicht zu entscheiden. Eine Fristüberschreitung komme nämlich nur dann in Betracht, wenn der Mieter zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung darauf vertrauen durfte, dass der Vermieter den ihm bekannten Rückstand der Mietzahlung hinnimmt. Ein solches Vertrauen ergebe sich nicht allein daraus, dass der Vermieter die Zahlungsrückstände über einen längeren Zeitraum auflaufen lässt, anstatt unmittelbar nach dem Rückstand von zwei Monatsmieten die Kündigung auszusprechen. Da nach den Feststellungen des Gerichts vorliegend keine vertrauensbegründenden Umstände ersichtlich sind, bestehen insofern keine Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit der Kündigung.

Keine Abmahnung vor Kündigung erforderlich

Ferner setzt sich der BGH mit der Argumentation des Mieters und der Vorinstanz auseinander, wonach die Kündigung mangels einer der Kündigung vorausgehenden Abmahnung unwirksam sei. Der BGH stellt klar, dass im Fall der fristlosen Kündigung des Vermieters wegen Zahlungsverzugs des Mieters eine vorhergehende Abmahnung oder Fristsetzung entbehrlich ist. Dies ergebe sich aus der Vorschrift des § 543 Abs. 2 Satz 1 BGB.

Praxishinweise

Nicht erteilte Abmahnung

Für die Praxis ist zunächst einmal bedeutsam, dass Mieter bei auflaufenden Zahlungsrückständen nicht erwarten dürfen, dass der Vermieter ihnen die fristlose Kündigung erst androht. Gemäß § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BGB bedarf es bei einer auf Zahlungsverzug des Mieters gestützten Kündigung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB keiner vorherigen Fristsetzung oder Abmahnung.

Später Ausspruch der Kündigung

Außerdem sollten säumige Mieter auch bei Untätigkeit des Vermieters über einen längeren Zeitraum nicht allzu schnell drauf vertrauen, dass der Vermieter jetzt mit diesem Zustand leben muss. Dass der Vermieter die Kündigung nicht unmittelbar nach Kenntniserlangung ausspricht, begründet noch keinen Vertrauenstatbestand i.S.v. § 314 Abs. 3 BGB beim Mieter.

Vorsichtshalber sollte Vermietern in dieser Situation geraten werden, dass sie den Mieter bereits nach kurzer Zeit auf die Zahlungsrückstände aufmerksam machen und klarstellen, dass sie dies nicht widerspruchslos hinnehmen werden. Der Vermieter sollte klarstellen, dass ein Entgegenkommen seinerseits z.B. bei Teilzahlungen oder verspäteten Zahlungen nicht so ausgelegt werden können, dass er sein Kündigungsrecht nicht mehr ausüben will. Denn hier ergäbe sich die Unwirksamkeit nach der Rechtsprechung – auch bei Nichtanwendbarkeit des § 314 Abs. 3 BGB – jedenfalls aus dem Gedanken der Verwirkung und der unzulässigen Rechtsausübung in Verbindung mit § 242 BGB. Der Vermieter sollte daher keine Teilzahlungen ohne die Erklärung eines Vorbehaltes annehmen. Bei einer mehrmaligen verspäteten Zahlung muss er den Mieter drauf aufmerksam machen, dass er in Zukunft sein Kündigungsrecht ausüben wird. Oder er muss hier eine Abmahnung aussprechen.

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Quelle: Harald Büring, Assessor jur., Düsseldorf - Urteilsbesprechung vom 21.10.09