Miet- und WEG-Recht -

Gebrauchsregelungen - Rechte daraus an Nichtwohnungseigentümer nicht abtretbar

Dritte können aus Vereinbarungen der Wohnungseigentümer nur schwer Rechte herleiten.

Rechte aus Gebrauchsregelungen können, wenn sie dingliche Wirkung erlangt haben (sogenannte Sondernutzungsrechte) nur an Wohnungseigentümer, nicht aber an außen stehende Dritte abgetreten werden. Diesen Grundsatz überträgt der BGH erstmals auf alle Rechte aus dinglichen Gebrauchsregelungen.

Der etwas komplizierte Sachverhalt, stellt sich vereinfacht folgendermaßen dar: Die E errichtete Mitte der achtziger Jahre eine Wohnanlage mit über 600 Einheiten, welche sie teilweise an die durch Vormerkung gesicherten Bauherren verkaufte, übergab und teilweise aufließ. 236 Wohnungen blieben im Eigentum der E. Die Bauherren vermieteten sämtliche Wohnungen an die R, die auch Verwalterin war, als Zwischenmieterin. Der Beklagte hat die Mietzinsansprüche der R gepfändet und sich überweisen lassen. Die der E gehörigen Wohnungen wurden nach Pfändung der Mietzinsansprüche zwangsversteigert und mit Beschluss vom 07.12.1989 der Klägerin zugeschlagen.
 
Die Teilungserklärung vom 14.09.1984 regelt in der Gemeinschaftsordnung, dass das gesamte Bauwerk mit Ausnahme der Gewerbeeinheiten und Tiefgaragenplätze als Studentenwohnheim zu nutzen ist.
 
In der Gebrauchsregelung heißt es weiter:
 
Das Gesamtobjekt mit Ausnahme der nicht zum Wohnheim gehörigen Gebäudeteile (…) wird für die Dauer von 10 Jahren an einen gewerblichen Zwischenmieter vermietet. Der gewerbliche Zwischenmieter, hilfsweise der Verwalter der Gesamtanlage nach dem Wohnungseigentumsgesetz, übernimmt zentral und ausschließlich die Einzelvermietung.

Die Klägerin teilte der R nach Zuschlag mit, sie trete nicht in die Zwischenmietverhältnisse ein. Der Beklagte meint, ihm stünden die Mietzinsansprüche zu. Zur Begründung führt er aus,  die Klägerin sei nicht nur nach §§ 57 ZVG, 571 BGB a.F. in den Mietvertrag eingetreten, sondern auch gemäß § 56 Satz 2 ZVG an den Generalzwischenmietvertrag mit der R gebunden. Die Gebrauchsregelung habe zu Gunsten der R (Zwischenvermieterin) Drittwirkung und deshalb stehe der R der Mietzins der Endmieter zu.
 
Dem ist der Bundesgerichtshof energisch entgegengetreten. Die Entscheidung ist zu der immer wichtigeren werdenden Schnittstelle zwischen ZVG und Wohnungseigentumsgesetzes ergangen.
 
Die Klägerin ist nicht gemäß §§ 57 ZVG, 571 BGB a.F. in die Zwischenmietverträge mit der R sondern in den Vertrag mit den Endmietern eingetreten, was sich bereits aus der früheren Entscheidung (BGH NJW-RR 2004, 657, 658) ergibt.
 
Der BGH lehnt weiter eine Haftung aus dem Rechtsgedanken des § 56 Satz 2 ZVG ab. In der obergerichtlichen Rechtsprechung war zwar anerkannt, dass der Erwerber einer Eigentumswohnung persönlich für gemeinschaftliche Verbindlichkeiten der Wohnungseigentümer aus bereits bestehenden Dauerschuldverhältnissen, insbesondere aus dem Verwaltervertrag, haftet (BGH, BGHZ 163, 167 f). Diese Haftung wurde aus einer analogen Anwendung von § 10 Abs. 4 WEG begründet. Diese Entscheidung sei aber durch die Entscheidung des BGH zur Teilrechtsfähigkeit und die Neuregelung in § 10 Abs. 6 - 8 WEG überholt.

Vereinbarungen können zugunsten Dritter nicht Inhalt des Sondereigentums werden, weil das Gesetz eine solche Verdinglichung nur für Vereinbarungen über das Verhältnis der Wohnungseigentümer vorsieht (vgl. etwa OLG Braunschweig, MDR 1979, 496 f.; OLG Hamburg, NJWE-MietR 1996, 271, 272; aA wohl OLG Hamm, Rpfleger 1973, 167, 168; Niedenführ, LMK 2006, 204532; offen gelassen BGH, NJW-RR 1993, 1035, 1036). Die Streitfrage ist weiter offen, weil der Gesetzgeber sie in der Neufassung des Wohnungseigentumsgesetzes nicht geklärt, sondern die §§ 5 Abs. 4 Satz 1, 10 Abs. 3 WEG unverändert beibehalten hat. Da eine Drittberechtigung in der Gebrauchsregelung nicht einmal andeutungsweise erwähnt wird, legt der BGH die Gebrauchsregelung als nächstliegende Bedeutung so aus, dass nur die Miteigentümer selbst den Abschluss eines Zwischenmietvertrags verlangen können.
 
Der BGH hatte in seiner Grundsatzentscheidung zur Übertragbarkeit von Sondernutzungsrechten allgemein klargestellt, dass Ansprüche aus einer Gebrauchsregelung jedenfalls dann nicht mehr nach schuldrechtlichen Grundsätzen übertragen werden (und deshalb nicht nach § 398 BGB abtretbar sind), wenn die Gebrauchsregelung nach §§ 15 Abs. 1, 5 Abs. 4, 10 Abs. 2 WEG durch die Eintragung im Grundbuch zum Inhalt des Sondereigentums geworden ist und damit dingliche Wirkung erlangt hat (BGHZ 73, 145, 148). Sondernutzungsrechte können ohne das Sondereigentum, dem sie zugeordnet sind - nur auf ein Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft übertragen werden, weil ihre isolierte Übertragung auf einen außenstehenden Dritten der in § 6 WEG niedergelegte Grundsatz der zwingenden Verbindung des Sondereigentums mit einem Miteigentumsanteil entgegenstünde. Dieser Gedanke gilt für sämtliche Gebrauchsregelungen, die nach §§ 5 Abs. 4, 10 Abs. 2 WEG zum Inhalt des Sondereigentums gehören. Das wird aber - soweit ersichtlich - nirgends ausdrücklich klargestellt.

Für die anwaltliche Beratungspraxis ist die Entscheidung, die bis jetzt soweit ersichtlich nicht veröffentlich wurde, aus mehreren Gründen wichtig.

1.) Ist das WEG in der alten Fassung oder in der neuen Fassung anzuwenden? Nach neuem Recht haften die Wohnungseigentümer nicht mehr als Gesamtschuldner sondern nur anteilig entsprechend ihrem Miteigentumsanteil.
Der BGH geht wohl davon aus, dass § 10 WEG nF auf vor dem Jahr 2000 entstehende Verbindlichkeiten bereits anwendbar ist (Rz 22 zitiert nach Juris). Die gesetzliche Neuregelung ist somit nicht erst auf Verbindlichkeiten anzuwenden, die nach dem 30.6.2007 begründet wurden (KG NZM 2008, 690; Abramenko, Anmerkung zu OLG München, Beschluss vom 26.07.2007, 32 Wx 73/07, in: IMR 2007, 296). Dass das neue Recht zur Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft und zur (nur) teilschuldnerischen Außenhaftung der Wohnungseigentümer auch auf Altverträge Anwendung findet, entspricht der Rechtsprechung des BGH (NJW 2007, 3492 Rz. 6 - so Wenzel IMR 2008, 167). Dies ist allerdings nicht unstreitig (OLG München, NJW 2008, 856; im Anschluss Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 8. Aufl. § 10 Rdn. 81.).
 
2.) Festgezurrt wurde auch, dass Rechte aus Gebrauchsregelungen nicht übertragbar sind. Der BGH neigt zudem stark dazu, dass Dritte aus Vereinbarungen keine Rechte herleiten können. Die Auslegung der Vereinbarung wird regelmäßig ergeben, dass sich nur Miteigentümer und nicht Dritte sich auf die Vereinbarung berufen können und dass Vereinbarungen zugunsten Dritter nicht Inhalt des Sondereigentums sein können.

3.) Der BGH anerkennt die Möglichkeit, dass in der Gemeinschaftsordnung Vermietungsbeschränkungen aufgenommen werden können. In einer Hotelanlage kann beispielsweise das selbständige Recht zur Vermietung zugunsten eines anderen ausgeschlossen sein; es kann bestimmt werden, dass das Gebäude durch Verpachtung an eine Hotelgesellschaft ausschließlich genutzt wird (BayObLG, Rpfleger 1982, 63). Zu beachten ist aber, dass die Befugnis aber nicht grenzenlos ist. Eine Bestimmung in der Teilungserklärung, wonach die Wohnungseigentümer verpflichtet sind, ihr Eigentum dem Betreiber einer mit der Wohnungseigentumsanlage verbundenen Hotelanlage zur Vermietung anzudienen, ist nichtig, wenn der Inhalt des Mietverhältnisses nicht näher bestimmbar umschrieben wird. Es liegt eine sittenwidrige Knebelung vor, wenn dem Dritten das Recht eingeräumt ist, die Bedingungen der Anmietung einseitig zu bestimmen (OLG Karlsruhe, NJW-RR 1987, 651).

4.) Mehrheitlich kann die zwangsweise Vermietung nicht beschlossen werden (Hannemann/Weber Handbuch des Wohnungseigentums, § 6 Rz 4).

Quelle: Hans-Joachim Weber, Vorsitzender Richter am LG, Konstanz - Entscheidungsbesprechung vom 16.02.09