Miet- und WEG-Recht -

Grundsatzentscheidung des BGH zum werdenden Wohnungseigentümer: Analyse mit Praxistipp

In seinem Beschluss vom 05.06.2008 schafft der V. Zivilsenat des BGH Klarheit zur Stellung der Erwerber in der Entstehungsphase einer Wohnungseigentumsgemeinschaft (sog. werdende Gemeinschaft).

In einer Analyse stellt der Autor die wichtigsten Punkte der Entscheidung des BGH dar. Um der Wohnungseigentümergemeinschaft wirtschaftliches Handeln bereits in Ihrer Entstehungsphase zu ermöglichen, können in bestimmten Fällen Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) entsprechende Anwendung finden. Dies ist der Fall, wenn Voraussetzungen vorliegen, die einer eigentümerähnlichen Stellung der Erwerber von Wohnungs-/Teileigentum entsprechen. In diesen Fällen spricht der BGH von einer sog. werdenden Gemeinschaft. Neben der Analyse der Entscheidung, liefert der Autor in diesem Zusammenhang zudem wertvolle Praxistipps.

1.)Grundsätzliche Voraussetzungen für das Vorliegen eines werdenden Wohnungseigentümers

Die analoge Anwendung des Wohnungseigentumsgesetzes ist nach der Entscheidung des BGH(BGH, Beschl. v. 05.06.2008 – V ZB 85/07) auf den werdenden Wohnungseigentümer geboten,

  • wenn ein wirksamer, auf die Übereignung von Wohnungseigentum gerichteter Erwerbsvertrag vorliegt,
  • der Übereignungsanspruch durch eine Auflassungsvormerkung gesichert ist
  • undder Besitz an der Wohnung auf den Erwerber übergegangen ist.

Unerheblich ist, ob die Wohnungsgrundbücher bereits angelegt sind. Die Eintragung einer Vormerkung kann im Grundbuch des ungeteilten Grundstücks gesichert werden. Der gesicherte Anspruch darf sich allerdings nicht auf die Übertragung eines schlichten Miteigentumsanteils beschränken, sondern muss auf Erlangung von Wohnungseigentum gerichtet sein.

Mit dem Übergang von Lasten und Nutzungen der Wohnung hat der Erwerber ein berechtigtes Interesse daran, die mit dem Wohnungseigentum verbundenen Mitwirkungsrechte im sog. Anlauf- oder Gründungsstadium einer Wohnungseigentümergemeinschaft jedenfalls im Innenverhältnis, d.h. im Verhältnis zwischen dem teilenden Eigentümer und den Erstwerbern an der Verwaltung der Wohnungsanlage vorzeitig auszuüben. Zwischen Verkauf und Übergabe der Wohnungen einerseits und der Eintragung des ersten Miteigentümers andererseits können aber Jahre liegen. Das gilt insbesondere bei einem Kauf vom Bauträger, wenn der Erwerber unter Berufung auf Gewährleistungsansprüche Kaufpreisanteile zurückhält, Auflassung und Eigentumsumschreibung jedoch erst nach vollständiger Bezahlung des Kaufpreises geschuldet sind. Die Wohnanlage muss aber schon ab Bezugsfertigkeit und Übergabe der verkauften Wohnungen bewirtschaftet und verwaltet werden, was sinnvollerweise nicht allein dem Veräußerer überlassen bleibt, sondern unter Mitwirkung der künftigen Eigentümer nach den Regeln erfolgen sollte, deren Geltung die Beteiligten ohnehin anstreben.


2.)Wann ist zeitlich von einem werdenden Wohnungseigentümer auszugehen?

a.) Variante 1:

  • Teilung durch den Eigentümer,
  • sodann wirksamer Vertrag,
  • Eintragung einer Auflassungsvormerkung,
  • Besitzübergang.

BGH = werdender Wohnungseigentümer der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft

b.) Variante 2:

wie 1:

  • Teilung durch den Eigentümer,
  • sodann wirksamer Vertrag,
  • Eintragung einer Auflassungsvormerkung,
  • Besitzübergang.

Zusätzlich:

  • Eintragung eines Erwerbers als Wohnungseigentümer im Grundbuch.

BGH = werdender Wohnungseigentümer derWohnungseigentümergemeinschaft

Die werdende Gemeinschaft besteht aus allen Erwerbern, bei denen die genannten Voraussetzungen vorliegen. Die werdenden Wohnungseigentümer behalten ihre damit verbundenen Rechte und Pflichten auch dann, wenn ein anderer Erwerber vor ihnen als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wird. Allerdings wandelt sich die werdende Gemeinschaft zu diesem Zeitpunkt in eine Wohnungseigentümergemeinschaft im Rechtssinne um.

c.) Variante 3:

Zeitlich liegen bei einem Erwerber die Voraussetzungen des werdenden Wohnungseigentümers (WW) erst vor, wenn ein Wohnungseigentümer bereits im Grundbuch eingetragen ist.

Beispiel:

  • Teilung durch den Eigentümer,
  • sodann wirksamer Verträge WW 1 und 2,
  • Eintragung einer Auflassungsvormerkung WW 1 und 2,
  • Besitzübergang WW 1,
  • Eintragung WW1 als Wohnungseigentümer im Grundbuch,
  • Besitzübergang WW 2.

oder

  • Teilung durch den Eigentümer,
  • sodann wirksamer Verträge WW 1 und 2,
  • Eintragung einer Auflassungsvormerkung für WW 1,
  • Besitzübergang WW 1,
  • Eintragung WW1 als Wohnungseigentümer im Grundbuch,
  • Eintragung einer Auflassungsvormerkung WW 2,
  • Besitzübergang WW 2.

BGH = offen gelassen, ob werdender Wohnungseigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft

(BGH, aaO., Rz. 21)

Würde man diese Variante (in dem Zeitpunkt, in dem eine Auflassungsvormerkung für sie eingetragen bzw. ihnen der Besitz der gekauften Wohnung übertragen wird, ist noch kein anderer Erwerber in das Grundbuch eingetragen) unterschiedlich behandeln, erlangten sie die Rechte und Pflichten eines Wohnungseigentümers erst mit eigener Eintragung, also unter Umständen noch jahrelangem Warten.

Der BGH deutet an, für einen gewissen Zeitraum auch solche Ersterwerber wie Wohnungseigentümer zu behandeln, die eine grundbuchrechtlich gesicherte Erwerbsposition und den Wohnungsbesitz erst nach der Eintragung des ersten Erwerbers erlangen.

Diese Konstellation sollte gleich behandelt werden. Zum einen ist es oft vom Zufall abhängig, wann die Eintragung erfolgt, zum anderen gelten die vom BGH aufgeführten Gründe, die für den werdenden Wohnungseigentümer sprechen, auch bei dieser.

d.) Variante 4:

  • bestehende Gemeinschaft
  • Kauf des Wohnungseigentums vom anderen Wohnungseigentümer
  • Auflassungsvormerkung
  • Besitzübergang

BGH = kein werdender Wohnungseigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft.


3.)Auswirkungen im Innenverhältnis

Der Erwerber ist wie ein Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft zu behandeln, obwohl er noch nicht im Grundbuch eingetragen ist (BGH, aaO., Rz . 17). Der werdende Wohnungseigentümer ist nicht nur verpflichtet, entsprechend § 16 Abs. 2 WEG die Kosten und Lasten des künftigen gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen.

Er ist zur Wohnungseigentümerversammlung einzuladen (Weber in Hannemann/Weber, Handbuch des Wohnungseigentumsrechts, § 7 Rdn. 71 m.w.N.). Erfolgt dies nicht, sind die gefassten Beschlüsse allein aus diesem Grund aufzuheben, es sei denn, es kann ausgeschlossen werden, dass der Verstoß kausal ist, wobei eine tatsächliche Vermutung dafür spricht, dass der Verfahrensmangel für die Beschlussfassung ursächlich war (Weber in Hannemann/Weber, § 7 Rdn. 65 m.w.N.). Dem werdenden Wohnungseigentümer steht ein Stimmrecht zu (Weber in Hannemann/Weber, § 7 Rdn.88 m.w.N., Jarsumbek in Hannemann/Weber, § 14 Rdn. 62), durch das sich die Stimmenverhältnisse, insbesondere beim Kopfprinzip, und damit auch die Mehrheitsverhältnisse ändern können. Der werdende Wohnungseigentümer kann die gefasstenBeschlüsse anfechten, er ist am gerichtlichen Verfahren bei einer Beschlussanfechtung Beklagter. Er ist bei anderen Rechtsstreitigkeiten beizuladen (§ 48 WEG).

Von erheblicher Bedeutung ist der Zeitpunkt, wann jemand werdender Wohnungseigentümer wird, bei baulichen Änderungen. Der werdende Wohnungseigentümer muss einer baulichen Änderung, die über die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung hinausgeht, zustimmen, wenn seine Rechte durch die Maßnahme über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgehen (§ 22 Abs. 1 WEG). Wird eine bauliche Veränderung ohne Zustimmung vorgenommen, hat der nicht zustimmende Wohnungseigentümer einen Anspruch aus § 1004 BGB auf Beseitigung der unzulässigen baulichen Änderung.

Praxishinweis:

Da es für einen Wohnungseigentümer schwierig sein kann, bei einer Wohnungseigentumsanlage zu ermitteln, wer nun werdender Wohnungseigentümer ist, sollte ein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft erwirkt werden. Ist der Beschluss bestandskräftig, steht dies dem Unterlassungsverlangen auch dann entgegen, wenn der werdende Wohnungseigentümer an der Versammlung nicht anwesend war und den Beschluss nicht angefochten hat.

Sind die Bauarbeiten vor Eintragung in das Grundbuch erfolgt, kann allein die Rechtsvorgängerin, nicht aber der neue Wohnungseigentümer (= Sonderrechtsnachfolger) als Handlungsstörer in Anspruch genommen werden. Der Erwerber eines Wohnungseigentums haftet weder als Handlungsstörer noch als Zustandsstörer für eine vom Voreigentümer vorgenommene bauliche Veränderung. Die Haftung geht nicht auf den Sonderrechtsnachfolger im Wohnungseigentum über. Beim Bau von Wohnungseigentumsanlagen kommt es aber häufig zu Sonderwünschen des Erwerbers. Wird die Baumaßnahme zu einem Zeitpunkt durchgeführt, zu dem derjenige, der die Baumaßnahme veranlasst (z.B. Einbau einer Vortür auf dem Gemeinschaftseigentum, Anbringen von Markisen auf dem Balkon des Sondereigentums), bereits den Status des werdenden Wohnungseigentümer hatte, ist er als Handlungsstörer zum Rückbau auf seine Kosten verpflichtet.

Der werdende Wohnungseigentümer kann gegen Wohnungseigentümer und umgekehrt Unterlassungsansprüche §§ 15 Abs. 3 WEG, 1004 BGB geltend machen. Diese Ansprüche sind auch eher dem Innen- als dem Außenverhältnis zuzuordnen. Als werdender Wohnungseigentümer ist er an die Beschlüsse der Gemeinschaft gebunden, er hat die Hausordnung zu beachten, auch wenn sie vor seinem Eintritt in die Gemeinschaft bereits beschlossen worden war. Der Verwalter vertritt nach § 27 Abs. 2 WEG auch den werdenden Wohnungseigentümer, z.B. bei Zustellungen (Nr. 1), bei Rechtsmitteln (Nr. 2).


4.)Auswirkungen im Außenverhältnis

Der BGH(BGH, aaO. Rdn. 17) hat offengelassen, ob der Wohnungseigentümer auch im Außenverhältnis wie ein Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft zu behandeln ist.

a.) Haftung für Forderungen der Gemeinschaft

§ 10 Abs. 8 Satz 1 erster Halbsatz WEGbestimmt:

Jeder Wohnungseigentümer haftet einem Gläubiger nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils (§ 16 Abs. 1 Satz 2) für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft entstanden oder während dieses Zeitraums fällig geworden sind; für die Haftung nach Veräußerung des Wohnungseigentums ist 160 HGB des Handelsgesetzbuches entsprechend anzuwenden.

Die Haftung des werdenden Wohnungseigentümer hängt davon ab, ob er zur Gemeinschaft gehört. Dies dürfte nach der Entscheidung des BGH zu bejahen sein. Ab dem Zeitpunkt, ab dem der Erwerber werdender Wohnungseigentümer wird, hat er für die entstandenen und fällig gewordenen Forderungen einzustehen (So auch Wenzel in Anmerkung zu dem Beschluss des BGH vom 05.06.2008 – V ZB 85/07, veröffentlich bei ibr-online).

Die Frist der Enthaftung beginnt mit der Grundbucheintragung an zu laufen (Jennißen, WEG, § 10 Rdn. 102). Konsequent muss man bei der Enthaftung für den teilenden Eigentümer auf den Zeitpunkt vorverlegen, ab dem ein werdender Wohnungseigentümer für das Wohngeld haftet.

Haftet der Erwerber als werdender Wohnungseigentümer auch anteilig für Gaslieferungen der letzten Jahre? Ob die Regelung in § 10 Abs. 8 WEG über eine Außenhaftung jedes Wohnungseigentümers nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils auch auf vor dem 1. Juli 2007 begründete Verbindlichkeiten der Wohnungseigentümergemeinschaft anzuwenden ist, ist streitig. Das Kammergericht bejaht dies (KG, ZWE 2008, 234 = KGR Berlin 2008 489-490 =ZMR 2008, 557).Nach anderer Ansicht betrifft die akzessorische anteilige Haftung der einzelnen Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG nur Verbindlichkeiten des rechtsfähigen Verbands, die nach dem 30. Juni 2007 begründet worden sind (Briesemeister, NZM 2008, 230).Schaich (jurisPR-MietR 9/2008 Anm. 6) vertritt die Meinung, dass der Gesetzgeber es hätte ausdrücklich anordnen müssen, wenn er eine (echte) Rückwirkung auch für Altverbindlichkeiten gewollt hätte. Gibt es keine Rückwirkung (wovon eher auszugehen sein wird), verbleibt es für Altfälle ausschließlich bei der Haftung der Wohnungseigentümergemeinschaft, so dass auch der werdende Wohnungseigentümer nicht haftet.

Für grundstücksbezogene Benutzungsgebühren (Müll, Abfall, Abwasser, Straßenreinigung) könnte bei entsprechender satzungsrechtlicher Grundlage eine gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer in Betracht kommen (Jarsumbek in Hannemann/Weber, § 2 Rdn. 73 m.w.N.).Das KG(Urteil vom 08.021.2007 - 22 U 79/06) leitet die Haftung aus dem Eigentum ab, und Eigentümer sind die einzelnen Wohnungseigentümer und nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft als solche. Da auf die Grundbuchverhältnisse abgestellt wird, dürfte eine Haftung des werdenden Wohnungseigentümers abzulehnen sein.

Eine gesamtschuldnerische vertragliche Außenhaftung einzelner Wohnungseigentümer für die von der Wohnungseigentümergemeinschaft insgesamt, d.h. gemeinschaftlich bezogenen Leistungen (hier: Wasserver- und -entsorgung über ein gemeinschaftliches Leitungsnetz) kommt seit der Entscheidung des BGH zur Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft(BGH, NJW 2005, 2061) nicht mehr in Betracht.

b.) Unterlassungsansprüche gegen Dritte

Die Grundsätze der Haftung des werdenden Wohnungseigentümers sind auch auf andere Ansprüche im Außenverhältnis zu übertragen. Behandelt man einen werdenden Wohnungseigentümer wie einen eingetragenen Wohnungseigentümer, dann muss man ihm auch das Recht gewähren, Unterlassungsansprüche gegen Dritte, soweit sie ihm individuell zustehen, geltend zu machen. Der werdende Wohnungseigentümer ist daher berechtigt, gegen den Mieter als Störer gem. § 1004 BGB, § 15 Abs. 3 WEG unmittelbar vorzugehen, z.B. wenn der Mieter eine Wohnung rechtswidrig als Gaststätte nutzt. Ansprüche der Gemeinschaft, z.B. der Einspruch gegen die Baugenehmigung des Nachbarn (Weber in Hannemann/Weber, § 3 Rdn. 264 m.w.N.),soweit es das Gemeinschaftseigentum betrifft, können nur von der Wohnungseigentümergemeinschaft durchgesetzt werden.


5.)Weitere Hinweise für die Praxis

a.) Information des Verwalters

Der Verwalter kann sich bezüglich der Frage, wer Wohnungseigentümer ist, in aller Regel auf den Inhalt des Grundbuchs verlassen. Bei einem werdenden Wohnungseigentümer fällt dies schwerer. Den Verwalter trifft die Pflicht sich zu informieren bzw. informiert zu werden, wer zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und werdenden Wohnungseigentümer gehört, schon um zu wissen, wer zur Wohnungseigentümerversammlung einzuladen ist oder wer für die Wohngelder haftet.

Die Auflassungsvormerkung lässt sich leicht anhand des Grundbuches feststellen. Die weitere Voraussetzung, dass es sich um einen werdenden Wohnungseigentümer handelt, ist schwerer festzustellen. Bei einer Eigennutzung des Wohnungs-/ Teileigentums ist der Besitzübergang zu erkennen. Steht die Wohnung / das Teileigentum aber leer oder ist sie vermietet, ist der Verwalter auf die Information des Erwerbers bzw. des teilenden Eigentümers angewiesen.

Praxishinweis:

Der Verwalter sollte in der ersten ordentlichen Wohnungseigentümerversammlung den Beschluss fassen lassen, dass der teilende Eigentümer und der werdende Wohnungseigentümer verpflichtet werden, den Besitzübergang an den Verwalter zu melden.

Erfolgt dies durch den teilenden Eigentümer nicht, steht der Gemeinschaft ein Schadensersatzanspruch zu, wenn beispielsweise ein Beschluss gerichtlich aufgehoben wird, weil der werdende Wohnungseigentümer nicht zur Wohnungseigentümerversammlung eingeladen wurde. Auch ohne ausdrücklichen Beschluss dürfte der teilende Eigentümer auf Nachfrage aus dem Gemeinschaftsverhältnis verpflichtet sein, Auskunft darüber zu erteilen, an wen der Besitz übergegangen ist.

b.) Haftung für Wohngelder nach Beschlussfassung

Praxishinweis:

Die Beschlussfassung sollte den Schuldner der Wohngeldforderungen präzise bestimmen.

In der Praxis ergibt sich aus dem Wortlaut leider nicht immer präzise, wer Schuldner der Wohngeldforderung ist bzw. der teilende Eigentümer wird in der Abrechnung als Eigentümer aufgeführt und nach dem Wortlaut des Beschlusses als Schuldner bezeichnet. Der tatsächliche Schuldner ist durch Auslegung des Beschlusses zu bestimmen:

Grundsätzlich verpflichtet ein Eigentümerbeschluss nur diejenigen Personen zur Zahlung, die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung Wohnungseigentümer sind (OLG Frankfurt, OLGR Frankfurt 2006, 3; Beschl. v. 07.12.2005 – 20 W 60/05 für Sonderumlage).Wird in der Abrechnung eine bestimmte Person namentlich genannt, die zugleich zur Zahlung aufgefordert wird, dann kann die Abrechnung nicht Grundlage dafür sein, eine andere Person in Anspruch zu nehmen (BayObLG, WuM 1989, 198, 199). Wird aber in Unkenntnis des Eigentümerwechsels noch der Voreigentümer in der Abrechnung genannt, so schuldet der neue Eigentümer das Wohngeld, wenn für alle Beteiligten erkennbar die Abrechnung für diese Wohnung bestimmt war (BGH, WuM 2000, 28, 29; BGH, ZWE 2001, 77).

Durch Beschluss der Wohnungseigentümer kann zwar nicht ein außenstehender Dritter verpflichtet werden (BGH, NJW 1994, 3352, 3353; BGH, NJW 1999; 3713);der Beschluss jedoch, der einem Wohnungseigentümer Kosten in Rechnung stellt, die ihm nicht gehören, ist nicht nichtig. Ist nach dem Beschluss der Wohnungseigentümer – und sei es unter Verkennung der Rechtslage – der teilende Eigentümer Schuldner, kann das Wohngeld, das Saldo aus der Jahresabrechnung oder eine Sonderumlage nicht vom werdenden Wohnungseigentümer gefordert werden. Die Entscheidung des OLG Karlsruhe (BayObLG, NZM 2004, 555),die nach Jahren eine Haftung des werdenden Wohnungseigentümers anstelle des teilenden Eigentümers bejaht, ist daher unzutreffend.

Fassen die Wohnungseigentümer einen Beschluss über eine Sonderumlage, haftet der Erwerber, wenn er bei Fälligkeit der Forderung den Status des werdenden Wohnungseigentümers erworben hat.

Quelle: Vorsitzender Richter am Landgericht Hans-Joachim Weber, Konstanz - Beitrag vom 30.07.08