Miet- und WEG-Recht -

Herausgabepflicht nach Inanspruchnahme des Vermieterpfandrechts

Ist der sich auf sein Vermieterpfandrecht berufende Vermieter zur Herausgabe der gepfändeten Gegenstände verpflichtet, wenn er sie nicht sofort verwertet?

Die Frage wird in Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet.

Jüngst hatte das OLG Stuttgart über die Berufung einer Vermieterin zu entscheiden, die vom Mieter im Wege der Widerklage auf Herausgabe von Gegenständen in Anspruch  genommen worden war, an denen sie ein Vermieterpfandrecht geltend gemacht, diese aber noch nicht verwertet hatte.


Das Gericht stellte fest, dass der Mieter nicht allein schon deshalb einen solchen Herausgabeanspruch geltend machen  kann, weil der Vermieter die in Besitz genommenen Gegenstände noch nicht verwertet hat. Es widerspricht damit einer in der Literatur vertretenen Ansicht (Staudinger/Emmerich [2006], BGB, § 562 Rn. 7 und Blank/Borstinghaus, Miete, 2. Aufl., § 562 Rn. 44), nach welcher der Vermieter, wenn er Sachen des Mieters aufgrund seines Pfandrechts in Besitz genommen hat, die Sachen dem Mieter zurückgeben muss, wenn er nicht umgehend zur Verwertung schreitet. Das OLG weist darauf hin, dass sich beide Kommentatoren sich zur Begründung ihrer Ansicht auf die Entscheidung des LG Mannheim (LG Mannheim, Urteil vom 19.11.1977 - 4 S 93/77, WuM 1978, 141) beziehen, das den Vermieter zwar verpflichtet sieht, Pfandgut im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht umgehend zu verwerten, eine entsprechende Aussage zur Herausgabepflicht aber überhaupt nicht enthält.

Auch unabhängig hiervon kann nach Auffassung des OLG Stuttgart der Literaturmeinung nicht gefolgt werden. Die Pfandrechtsvorschriften der §§ 1204 ff. BGB, die gemäß § 1257 BGB auf das Vermieterpfandrecht anzuwenden sind, bestimmen eine solche Herausgabepflicht nicht.

Gemäß § 1217 Abs. 1 BGB kann der Verpfänder, wenn der Pfandgläubiger die Rechte des Verpfänders in erheblichem Maße verletzt und das verletzende Verhalten trotz Abmahnung fortsetzt, verlangen:

  • Hinterlegung auf Kosten des Pfandgläubigers oder
  • Ablieferung an einen gerichtlich zu bestimmenden Verwalter bzw.
  • gemäß Abs. 2 die Rückgabe gegen Befriedigung.

Außerdem ist anerkannt, dass der Verpfänder bei Pflichtverletzungen nach der Verpfändung Schadensersatzansprüche gegen den Gläubiger hat (Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl., § 1217 Rn. 5). Das ist aber bei pflichtwidriger Nichtverwertung durch den Pfandgläubiger zunächst ein Anspruch auf den Verzögerungsschaden.

Praxistipp:  Verwertet der Vermieter Gegenstände, an denen er ein Vermieterpfandrecht geltend macht, nicht, sollte der Mieter, wenn er nicht in der Lage oder willens ist, die dem Pfandrecht unterliegenden Gegenstände auszulösen, den Vermieter unter Fristsetzung ausdrücklich zur Verwertung auffordern, um dann ggf. nach § 1217 Abs. 1 BGB vorgehen zu können.

Quelle: Rechtsanwalt Thomas Emmert - Beitrag vom 30.05.08