Miet- und WEG-Recht -

Kein Kündigungsrecht trotz Verweigerung der Untervermietung

 

BGH, Urt. v. 11.11.2009 — VIII ZR 294/08, Deubner Link 2009/28059

Leitsatz
Die Ausübung eines sich aus der unberechtigten Verweigerung der Erlaubnis zur Untervermietung ergebenden außerordentlichen Kündigungsrechts nach § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB ist rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB), wenn dem kündigenden Hauptmieter bekannt ist, dass ein Mietinteresse der benannten Untermieter nicht besteht.

Darum geht es
Die Parteien schlossen einen Mietvertrag über ein Einfamilienhaus ab. Dabei verzichteten sie wechselseitig für einen Zeitraum von drei Jahren auf den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung. Nach 2 Jahren bat der Mieter seinen Vermieter um die vorzeitige Auflösung des Mietvertrags. Als der Vermieter hiermit nicht einverstanden war, wollte der Mieter bei ihm eine Erlaubnis zur Untervermietung einholen. Dies verweigerte ihm der Vermieter jedoch. Er müsse nicht damit einverstanden sei, dass der Mieter ausziehe. Daraufhin kündigte ihm der Mieter und berief ich auf sein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 540 BGB. Dessen Eltern wollten in Wirklichkeit gar nicht als Untermieter in das Haus einziehen — was der Mieter gewusst hatte.

Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Gericht untersucht erst einmal, ob der Mieter überhaupt aufgrund des engen Verwandtschaftsverhältnisses eine Erlaubnis zur Untervermietung einholen musste. Dies ist nur dann notwendig, wenn es sich bei den Eltern um Dritte im Sinne des § 540 BGB handelt. Die Beurteilung hangt davon ab, ob der Mieter seine Eltern nur zusätzlich aufnehmen möchte oder ihnen die tatsächliche Sachherrschaft an der Mietsache überlassen möchte. Im letzten Fall sind sie Dritte und die Untervermietung ist erlaubnispflichtig. Von daher musste der Hauptmieter sich im vorliegenden Fall mit dem Vermieter in Verbindung setzen und die Erlaubnis zur Untervermietung einholen.

Untervermietung bei vollständiger Überlassung der Mietsache
Darüber hinaus untersuchen die Richter, ob ein Vermieter die Erteilung der Erlaubnis verweigern darf, wenn der Mieter dem Untermieter die unmittelbare Sachherrschaft an der Mietsache vollständig überlassen möchte. Dies ist zu verneinen. Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 540 Abs. 1 Satz 1 BGB ergebe sich, dass der Hauptmieter die Mietsache bei einer Untervermietung nicht mehr selbst neben dem Untermieter zu nutzen braucht. Er darf sie vielmehr ganz dem Untermieter  überlassen.

Der Vermieter muss also nach diesen Gesichtspunkten die Erlaubnis zur Untervermietung generell erteilen. Anders ist das, wenn Bedenken in Bezug auf die Person des Untermieters bestehen. Diese sind hier nicht ersichtlich. Demnach ist der Mieter im vorliegenden Fall zur Kündigung berechtigt, weil der Vermieter ihm die Erlaubnis ohne hinreichenden Grund verweigert hat.

Kein Missbrauch des Kündigungsrechts
Allerdings darf der Mieter sich auf die grundlose Verweigerung der Erlaubnis zur Untervermietung nicht berufen, wenn dies aufgrund besonderer Umstände gegen die Grundsätze von Treu und Glaube gem. § 242 BGB verstößt.

Ein Verstoß gegen Treu und Glaube liegt vor, wenn die Berufung rechtsmissbräuchlich ist. Davon ist nach der Ansicht des Bundesgerichtshofs dann auszugehen, soweit der Untermieter überhaupt kein Mietinteresse hatte und dem Mieter dies bekannt war. Hier ist nämlich der Hauptmieter nicht schutzwürdig. Dies ergibt sich daraus, dass er sich ein infolge des vereinbarten Verzichts nicht mehr zustehendes ordentliches Kündigungsrecht erschleichen möchte. Demgegenüber soll durch das außerordentliche Kündigungsrecht des § 540 BGB der Hauptmieter nur vor einer willkürlichen Verweigerung der Erlaubnis zur Untervermietung an einen wirklich interessierten Untermieter bewahrt werden.

Im vorliegenden Fall hatte der Vermieter unter Beweisantritt vorgebracht gehabt, dass die Eltern überhaupt nicht als Untermieter fungieren wollten und dem Hauptmieter dies bekannt war. Das Berufungsgericht hätten diesen Einwand als Tatsacheninstanz überprüfen müssen. Wenn er zutrifft, ist die außerordentliche Kündigung des Mieters nach § 540 BGB unzulässig. Aus diesem Grunde hob der BGH das Urteil der Vorinstanz auf und verwies es dorthin zurück.

Praxishinweis
Ihr Mandant sollte als Mieter einem Kündigungsverzicht nur dann zustimmen, wenn er diesen auch einhalten kann. Denn die Vereinbarung eines beiderseitigen Kündigungsverzichts in einem Formularmietvertrag ist nach der Rechtsprechung des BGH normalerweise zulässig. Der Mieter kann dann normalerweise nicht einfach verlangen, dass das Mietverhältnis vorzeitig beendigt wird. Etwas anderes gilt nur in Ausnahmefällen, wo für ihn ein Festhalten unzumutbar ist. Das ist u.a. dann der Fall, wenn der Kündigungsverzicht für einen Zeitraum von wenigstens vier Jahren vereinbart worden ist.

Der Mieter kann normalerweise bei einem Kündigungsverzicht allerdings dann kündigen, wenn ihm der Vermieter in dem Zeitraum des Kündigungsverzichts in Bezug auf eine ordentliche Kündigung die Erlaubnis zur Untervermietung grundlos verweigert. Eine Verweigerung ist nur zulässig, wenn hierfür ein wichtiger Grund in der Person des Untermieters vorliegt. Hierfür reicht es normalerweise nicht, dass der Untermieter zahlungsunfähig ist. Der Untermieter muss aber z.B. genug Rücksicht auf die Hausgemeinschaft nehmen und die Wohnung darf nicht überbelegt sein.

Anders ist das allerdings, soweit der Vermieter wirklich wusste, dass der Untermieter gar nicht interessiert gewesen ist und daher sein Handeln rechtsmissbräuchlich ist. Hier darf sich der Hauptmieter nicht auf sein Kündigungsrecht nach § 540 BGB berufen. Diesbezüglich ist der Vermieter allerdings darlegungs- und beweispflichtig. Insofern sollte er sich genau überlegen, aus welchen Gründen er einen bestimmten Untermieter ablehnt.


Weiterführende Informationen finden Sie auf rechtsportal.de/mietrecht:

Arbeitshilfe: Vermieterschreiben zur Gestattung/Nichtgestattung einer Untervermietung (Deubner Link D802WEB_9948918)

Arbeitshilfe: Abmahnung gemäß §§ 541, 543 Abs. 3 BGB (Deubner Link D802WEB_9948923)

 

Quelle: Harald Büring, Assessor jur., Düsseldorf - Urteilsbesprechung vom 01.03.10