Miet- und WEG-Recht -

Konkludente Zustimmung zur Mieterhöhung

Urteilsbesprechung mit Praxishinweis: Zahlt der Mieter ohne weitere Erklärung auf ein Mieterhöhungsverlangen zweimal die erhöhte Miete, liegt darin eine konkludente Zustimmung zur Mieterhöhung. Der Vermieter kann in der Regel keine schriftliche Zustimmungserklärung verlangen.

AG Schöneberg, Urt. v. 02.09.2009 — 6 C 280/09

 

Darum geht es
Zwischen den Parteien besteht ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Mietvertrag. Nach Zugang eines Mieterhöhungsverlangens ihrer Vermieterin überweisen die beiden Mieter mehrfach die erhöhte Miete. Gleichwohl verlangt die Vermieterin unter Hinweis auf eine Vereinbarung im Mietvertrag, wonach Vertragsänderungen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedürfen,  die Abgabe einer schriftlichen Zustimmungserklärung. Die bloße Zahlung der erhöhten Miete ist aus ihrer Sicht unzureichend, zumal sich aus der Überweisung nicht ergibt,  dass beide Mieter zugestimmt haben. Die Mieter lehnen die Unterzeichnung des ihnen von der Vermieterin übersandten Zustimmungsformulars ab, Sie begründen dies damit, dass sie bereits durch die vorbehaltlose Zahlung der erhöhten Miete dem Mieterhöhungsverlangen wirksam zugestimmt haben. Die Vermieterin klagt.

Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Amtsgericht weist die Klage als unbegründet ab. Zunächst sieht es den Anspruch der Vermieterin auf Zustimmung zur Mieterhöhung bereits als vor Klageerhebung gem. § 362 Abs. 1 BGB erfüllt und damit erloschen an.  Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH (BGH, Urt. v. 08.10.1997 — VIII ZR 373/96, Deubner-Link 1998/1099 = WuM 1998, 100) stellt es fest, dass für Mieterhöhungsvereinbarungen die allgemeinen Regeln über Willenserklärungen und Verträge gelten, so dass sie auch konkludent getroffen werden können. Ob ein Vermieter mit einem Mieter konkludent eine Vereinbarung über die Erhöhung der Miete getroffen hat, ist eine Frage der Auslegung. Hierbei sind gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze sowie der Grundsatz der nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung zu berücksichtigen.
Im vorliegenden Fall haben die Beklagten hiernach bereits durch Zahlung der erhöhten Miete dem Mieterhöhungsverlangen zugestimmt. Eine solche Zustimmung sei bereits dann anzunehmen, wenn der Mieter zweimal hintereinander vorbehaltlos die erhöhte Miete zahlt (z.B. AG  Schöneberg, Urt. v. 21.05.2008 — 6 C 158/08). Darüber hinaus hätten die Beklagten auch in der Klageerwiderung ausdrücklich erklärt, dass sie der Mieterhöhung zustimmen.

§ 558 b BGB gilt nicht
Einen Anspruch der Klägerin, diese Zustimmung auch schriftlich zu erhalten, lehnt das Gericht ab. Der die Zustimmung zur Mieterhöhung regelnde § 558 b BGB sehe keine bestimmte Form für die Zustimmungserklärung vor. Ein solcher ergebe sich bei auf unbestimmte  Zeit abgeschlossenen Mietverträgen auch nicht aus § 550 BGB.

Nicht für Beweiszwecke erforderlich
Die Vermieterin kann ihren Anspruch nach Meinung des Gerichts auch nicht damit begründen, zu Beweiszwecken auf die schriftliche Zustimmungserklärung angewiesen zu sein. Die Zahlung der erhöhten Miete kann jederzeit anhand der Kontoauszüge nachgewiesen werden. Da es sich bei der Zahlung der Miete um ein Geschäft zur Deckung des täglichen Lebensbedarfs gem. § 1357 BGB  handele, wirke die Zahlung der erhöhten Miete durch den einen Mieter  auch für und gegen den anderen, mit ihm verheirateten Mieter.

AGB
Auf die im Mietvertrag enthaltene Schriftformklausel kann sich die Vermieterin schließlich auch nicht stützen, da diese wegen eines Verstoßes gegen § 305b BGB gem. § 307 BGB unwirksam ist. Schriftformklauseln, die für Vertragsänderungen konstitutiv die Einhaltung der Schriftform fordern, verstoßen gegen § 305b BGB.

PraxishinweisDie vom AG Schöneberg vertretene Auffassung ist nicht unumstritten (a.A. z.B. LG Berlin, Beschl. v. 03.01.2007 – 63 T 130/06, ZMR 2007, 196: Vermieter kann schriftliche Zustimmung verlangen), entspricht aber der herrschenden Meinung, wonach die mehrmalige Zahlung der erhöhten Miete als konkludente Zustimmung zu einer Mieterhöhung zu werten ist.Achtung: Maßgeblich ist hierbei, ob der Vermieter die Zahlung tatsächlich als Zustimmung des Mieters verstehen darf. Dies ist dann der Fall, wenn der Mieter die erhöhte Miete bewusst überweist, indem er z.B. seinen Dauerauftrag ändert. Erfolgt die Mietzahlung aber durch vom Vermieter veranlassten Lastschrifteinzug und nimmt der Mieter lediglich die Abbuchung der vom Vermieter  erhöhten Miete hin, liegt darin noch keine Zustimmung, zumal der Vermieter die erhöhte Miete nicht ohne ausdrückliche Zustimmung des Mieters, die nicht zwingend schriftlich erfolgen muss, abbuchen darf (Börstinghaus, juris-PR-MietR 10/2007, Am. 1 zu  LG Berlin, a.a.O.)

Fazit
Bei der Prüfung, ob die Mietzahlung im konkreten Fall als konkludente Zustimmung zur Mieterhöhung zu werten ist, muss daher auch geprüft werden, auf welche Weise diese Zahlung überhaupt erfolgt ist.

Quelle: Thomas Emmert, Rechtsanwalt - Urteilsbesprechung vom 30.11.09