Miet- und WEG-Recht -

Konkretisierung des Sonderkündigungsrechts des Vermieters gemäß § 573a BGB

Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über eine Wohnung auch dann unter Inanspruchnahme des Sonderkündigungsrechts aus § 573a BGB kündigen, wenn zusätzliche Räume vorhanden sind, die sich zur Nutzung als dritte Wohnung eignen würden.

Dabei ist es sogar unschädlich, dass die zusätzlichen Räume schon einmal tatsächlich als Wohnung dienten. Voraussetzung ist lediglich, dass sie schon bei Abschluss des zu kündigenden Mietverhältnisses nicht mehr als Wohnräume, sondern gewerblich genutzt wurden.

Darum geht es:
Beide Parteien bewohnen ein Haus mit insgesamt zwei Wohnungen, in welchem jedoch weitere Räume von der Vermieterin gewerblich genutzt werden.

Die Vermieterin kündigte das Mietverhältnis unter Berufung auf § 573a Abs. 1 BGB zum 31.03.2007. Nach Auffassung der Mieterin ist die Kündigung unwirksam, da zum einen zwei weitere Zimmer an Auszubildende der Vermieterin vermietet seien und es sich bei den nunmehr gewerblich genutzten Räumen im übrigen um eine frühere, dritte Wohnung handele. Die Voraussetzungen des Sonderkündigungsrechts seien damit nicht gegeben, da das Anwesen mehr als zwei Wohnungen aufweise. Die Vermieterin klagt auf Räumung.

Das Amtsgericht weist die Klage ab, das Berufungsgericht gibt ihr statt. Die Revision der Mieterin zum BGH ist nicht erfolgreich. Der BGH stellt fest, dass die Voraussetzungen des § 573a Abs. 1 BGB sehr wohl zugunsten der Vermieterin vorlägen, da das streitgegenständliche Gebäude lediglich zwei Wohnungen aufweist, von denen eine von der Vermieter selbst bewohnt wird.

Entscheidungsgründe:
Bei den an die Auszubildenden vermieteten einzelnen Zimmern handelt es sich nach Ansicht des Gerichts nicht um eine oder mehrere Wohnungen im Sinne dieser Vorschrift, sondern lediglich um unselbstständige Wohnräume, die bei der Berechnung der Anzahl der Wohnungen nicht zu berücksichtigen sind.

Auch das Vorhandensein von zusätzlichen Gewerberäumen schließt das Sonderkündigungsrecht nicht aus. Nach dem Gesetzeswortlaut ist es allein maßgeblich, dass sich in dem Gebäude nicht mehr als zwei Wohnungen befinden. Daher sei es auch nicht relevant, dass die jetzt gewerblich genutzten Räumlichkeiten früher von der Mutter der Vermieterin bewohnt wurden. Es kommt allein darauf an, dass die gewerbliche Nutzung bereits bei Abschluss des jetzt gekündigten Mietverhältnisses bestand und noch besteht.

Nicht zu berücksichtigen sei schließlich auch der Umstand, dass die Vermieterin mit ihrem Ehemann Wohnräume auf zwei Stockwerken nutze, da die Aufteilung einander ergänzender Räume im Gebäude die Annahme einer einzigen Wohnung nicht hindert.

Anmerkung:
Grundsätzlich kommt es für die Frage, wie viele Wohnungen in dem Gebäude vorhanden sind, auf die objektiven Gegebenheiten zum Zeitpunkt der Kündigung (Blank in: Schmidt-Futterer, 9. Aufl. § 573a Rdn. 25). Sind die weiteren Räume als Wohnung zu qualifizieren, ist es irrelevant, ob der Vermieter diese Räume tatsächlich als Wohnung nutzt oder sie leer stehen lässt.

Eine gewerbliche Nutzung der Räume ist nur dann zugunsten des kündigenden Vermieters zu berücksichtigen, wenn diese Nutzung bereits bei Beginn des zu kündigenden Mietverhältnisses bestand und noch immer besteht. Beendet der Vermieter nach Abschluss des Mietvertrags die gewerbliche Nutzung, fällt das Sonderkündigungsrecht nach § 573a BGB weg (Blank, a.a.O). Dies gilt auch für den umgekehrten Fall, wenn der Vermieter eine bei Vertragsabschluss vorhandene dritte Wohnung nachträglich gewerblich zu nutzen beginnt (Blank, a.a.O.).

Quelle: Rechtsanwalt Thomas Emmert - Urteilsanmerkung vom 16.09.08