Miet- und WEG-Recht -

Kostenerstattungsanspruch bei unwirksamer Schönheitsreparaturklausel

Urteilsbesprechung mit Praxishinweis: Der BGH stellt in seinem Urteil klar, dass bei unwirksamer Renovierungsklausel ein Kostenerstattungsanspruch des Mieters aus §§ 812 ff. BGB besteht.

BGH, Urt. v. 27.05.2009 - VIII ZR 302/07

Redaktioneller Leitsatz:

Bei Vorliegen einer unerkannt unwirksamen Schönheitsreparaturklausel (hier einer Endrenovierungsklausel) hat der Mieter einen Anspruch gegen den Vermieter auf Wertersatz gemäß §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB in Höhe der üblichen, hilfsweise der angemessenen Vergütung, wenn er im Vertrauen auf die Wirksamkeit der Klausel Renovierungsarbeiten vornimmt.


Darum geht es

Im zugrunde liegenden Mietvertrag aus dem Jahre 1999 sind zu Lasten des Mieters starre Ausführungsfristen für die Durchführung der Schönheitsreparaturen vereinbart. Unter „Sonstige Vereinbarungen“ trägt der Vermieter handschriftlich ein, dass der Mieter die Wohnung „in renoviertem Zustand“ zurückgeben muss. Der Mieter streicht bei Auszug die Wände. Nunmehr verklagt er den Vermieter auf Erstattung seiner Aufwendungen in Höhe von 9 € pro qm gestrichener Fläche.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Meinungsstand

Bisher war nicht klar, ob der Mieter überhaupt einen solchen Anspruch hat und wenn ja, aus welchem Rechtsgrund sich dieser ergeben sollte:

  • aus culpa in contrahendo, Sternel, ZMR 2008, 501; Börstinghaus, WuM 2005, 675;
  • aus Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 677, 683, 670 BGB; LG Karlsruhe, Urt. v. 28.04.2006 – S 479/05, NZM 2006, 508;
  • aus §§ 812 ff. BGB auf Ausgleich der eingetretenen Wertsteigerung der Wohnung; LG Berlin, Urt. v. 23.10.2006 – 62 S 187/06, GE 2007, 517.

Anspruch aus culpa in contrahendo

Der BGH führt aus, dass zwar grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo in Frage komme, da der Verwender von unwirksamen AGB seine vorvertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme verletze, und der Vertragspartner in Unkenntnis der Unwirksamkeit Aufwendungen tätige. Hier fehle es jedoch am Verschulden des Vermieters, da bei Vertragsabschluss im Jahre 1999 auch der erkennende Senat Schönheitsreparaturklauseln mit starrem Fristenplan noch als wirksam angesehene hätte, so z.B. BGH, Urt. v. 03.06.1998 – VIII ZR 317/97, WuM 1998, 592. Ein solches Verschulden könne auch nicht hinsichtlich der handschriftlich ergänzten Endrenovierungsverpflichtung angenommen werden.

Anspruch aus GoA

Ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag bestehe ebenfalls nicht. Der Mieter werde nur im eigenen Rechts- und Interessenkreis tätig, so dass es ihm am erforderlichen Fremdgeschäftsführungswillen fehle.

Anspruch aus §§ 812 ff. BGB

Der Mieter sei aber ohne rechtlichen Grund tätig geworden. Er habe daher einen Anspruch auf Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung. Bei rechtsgrundlos erbrachten Werkleistungen bemessen sich diese nach dem Wert der üblichen, hilfsweise der angemessenen Vergütung. Führe der Mieter wie üblich die Arbeiten selbst durch, bemesse sich der Wertersatz üblicherweise danach, was der Mieter billigerweise für das erforderliche Material sowie als Vergütung seiner Helfer aufgewandt hat oder hätte aufwenden müssen. Diese Vergütung sei nach § 287 ZPO zu schätzen, wobei diese Kosten der Eigenleistung im Allgemeinen nur einem Bruchteil von Handwerkerkosten entsprächen. Die Höhe der eingeklagten Vergütung von 9 € pro qm gestrichener Fläche greift der BGH nicht an.

Sache zurück verwiesen

Der BGH verweist die Sache zurück, da es an Feststellungen zur Höhe eines Anspruchs auf Herausgabe und an einer Entscheidung dazu fehlt, ob die handschriftliche Endrenovierungsklausel als AGB unwirksam sei.

Praxishinweis

Der Mieter ist von dem ihn vertretenden Anwalt darauf hinzuweisen, dass er einen Erstattungsanspruch hat. Die Höhe ist nicht ganz klar. Da es hier um einen Anspruch aus §§ 812 ff. BGB auf Wertersatz geht, ist nicht ersichtlich, warum die Eigenleistung des Mieters geringer zu vergüten ist als die eines Handwerkers. Im laufenden Mietverhältnis spart der Vermieter auch eigene Aufwendungen, die zu erstatten wären.

Der Mieter muss genaue Angaben dazu machen können, wann er welche Räume wie renoviert hat. Die Belege für die Anschaffung des eingesetzten Materials sind vorzulegen, ebenso sind die Personen zu benennen, die ihm geholfen haben und wie viel Zeit für die Arbeiten aufgewendet wurde. Im Anspruchsschreiben müssen Angaben zur Höhe des Ersatzes gemacht werden. Die Schätzgrundlagen (§ 287 ZPO!) sind anzugeben.

Hier bestehen wohl zwei Möglichkeiten:

  • Es können die Kosten pro qm renovierter Fläche eingefordert werden. Dann muss angegeben werden wie groß die Fläche war und welche Arbeiten genau durchgeführt wurden.
  • Es können die aufgewendeten Stunden abgerechnet und eingefordert werden. Dann sind Angaben dazu erforderlich, welche Personen wie lange welche Arbeiten an welchen Räumen durchgeführt haben und wie hoch die Vergütung pro Stunde sein soll. Bei letzterem ist die Vorlage eines Angebots eines Handwerkers hilfreich. Bei Eigenleistung dürften ca. 10 € pro Stunde angemessen sein.

Nicht geklärt ist die Frage der Verjährung. Diese beträgt drei Jahre ab Kenntnis aller den Anspruch begründenden Tatsachen. Dazu zählt wohl auch die Kenntnis, dass es überhaupt einen Anspruch gibt. Dann wäre Verjährungsbeginn ab Veröffentlichung des besprochenen Urteils. Kommt es auf die Kenntnis an, dass die Schönheitsreparaturklausel des Mietvertrags unwirksam ist, dann kommt es auf die Veröffentlichung der entsprechenden BGH-Urteile an.

Auch nicht geklärt ist die Frage, ob der Ersatzanspruch des Mieters entfällt, wenn er vorher Kenntnis von der Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel hatte oder hätte haben müssen. Dann könnte immerhin eine aufgedrängte Bereicherung vorliegen oder § 814 BGB greifen.

Soll der Anspruch des Mieters auf culpa in contrahendo gestützt werden, dann kommt es für das erforderliche Verschulden des Vermieters darauf an, ob die Unwirksamkeit der Klausel bekannt war oder hätte bekannt sein müssen. Es gelten dann wiederum die Daten der Veröffentlichung der Urteile, aus denen sich die Unwirksamkeit der jeweiligen Klausel ergibt.

Weiterführende Informationen zu diesem Thema finden Sie auch in rechtsportal.de:

Bibliothek, Handbuch des Mietrechts, Lexikon der der BGH-Rechtsprechung zu Schönheitsreparaturen-AGB ( Schnellsuche D802WEB_20562188 )

Bibliothek, Handbuch des Mietrechts, Stichwort „Rechtsfolgen unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln“ ( Schnellsuche D802WEB_20562154 )

Produkthinweis: RECHTSPORTAL.DE

rechtsportal.de/mietrecht ist viel mehr als eine reine Datenbank. Das Portal ist entsprechend der juristischen Denk- und Arbeitsweise strukturiert und bietet Ihnen alles, was Sie für Ihre tägliche Arbeit brauchen. Alles leicht zu recherchieren, alles topaktuell und alles online ohne Umwege direkt auf Ihrem Bildschirm.



Quelle: RA Markus Sutorius, FA Miet- und WEG-Recht, Köln - Urteilsbesprechung vom 24.08.09