Miet- und WEG-Recht -

Kündigung wegen Schriftformmangels trotz Heilungsklausel wirksam

Auch eine mietvertragliche Heilungsklausel hindert eine Vertragspartei nach Treu und Glauben nicht daran, das Mietverhältnis unter Berufung auf einen Schriftformmangel zu kündigen.

Eine solche Kündigung setzt auch nicht voraus, dass die kündigende Vertragspartei die andere Partei zuvor um Heilung des Schriftformmangels ersucht hat. Der Verstoß gegen die Heilungsklausel führt regelmäßig nicht zum Wegfall des Kündigungsrechts, allerdings kann ein Schadensersatzanspruch der anderen Vertragspartei in Betracht kommen.

Zwischen den Parteien besteht seit 1999 ein befristet auf 20 Jahre abgeschlossener Mietvertrag über einen Baumarkt.


Das von der Mieterin gestellte Vertragsformular enthält unter „Sonstiges“ neben einer salvatorischen Klausel eine sog. Heilungsklausel, nach welcher die Vertragsparteien verpflichtet sein sollen, auf jederzeitiges Verlangen der jeweils anderen Partei alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um die nach § 550 BGB erforderliche Schriftform zu erreichen, zu erhalten und für die Zukunft zu gewährleisten.


Gleichwohl spricht die Mieterin am 02.01.2006 die Kündigung des Mietverhältnisses zum 30.06.2008, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin aus. Zur Begründung verweist sie darauf, dass der Mietvertrag nicht der gesetzlichen Schriftform des § 566 BGB a.F., nunmehr § 550 BGB entspricht, da das Mietobjekt hierin nicht hinreichend genau bezeichnet ist.


Die Vermieterin klagt hierauf beim LG Stralsund auf Feststellung, dass das Mietverhältnis ungekündigt fortbestehe. Sie beruft sich auf die im Vertrag enthaltene Heilungsklausel und darauf, dass die Mieterin treuwidrig handele, wenn sie den von ihr selbst gestellten Mietvertrag wegen eines Schriftformverstoßes kündige. Das LG gibt der Klage statt. Auf die Berufung der Beklagten hin hebt das OLG das Urteil des LG auf und weist die Klage unter Zulassung der Revision zum BGH ab.

In seiner Begründung stellt das OLG zunächst fest, dass der Mietvertrag tatsächlich wegen der mangelhaften Bezeichnung des Mietobjekts an einem zur Kündigung gem. § 550 BGB berechtigenden Formmangel leidet.


Die Mieterin ist auch weder durch die salvatorische Klausel noch durch die Heilungsklausel an der Ausübung dieses Kündigungsrechts gehindert. Gegenstand der salvatorischen Klausel, so das OLG unter Hinweis auf den BGH (BGH, Beschl..v. 17.07.2002 – XII ZR 248/99, NZM 2002, 823; BGH, Urt.v. 25.07.2002 – XII ZR 143/05, NJW 2007, 3202), ist der Ersatz nichtiger Vertragsbestimmungen, nicht die Heilung von Formverstößen, die gem. § 550 BGB gerade nicht zur Nichtigkeit des Vertrages führen. Auch die Heilungsklausel führt nicht unmittelbar zum Ausschluss des Kündigungsrechts nach § 550 BGB, sondern verpflichtet die Parteien lediglich dazu, an der Behebung eines zu einer solchen Kündigung berechtigenden Formmangels mitzuwirken.


Vielmehr stellt sich die Frage, ob bei Vorliegen einer solchen Klausel die dennoch wegen Formmangels ausgesprochene Kündigung aufgrund eines Verstoßes gegen § 242 BGB unwirksam sein kann. Das OLG weist zunächst darauf hin, dass dies von der h.M. in Rechtsprechung und Schrifttum bejaht wird (vgl. u.a. KG, Urt. v. 13.11.2006, 8 U 51/96, NJW-RR 2007, 805; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.05.2004, I-24 U 264/03, DWW 2004, 224; OLG Köln, Urt. v. 23.09.2005, 1 U 43/04, OLGR 2005, 697; OLG Celle, Urt. v. 22.07.2004, 13 U 71/04, NZM 2005, 219; Möller, ZfIR 2008, 87; Lindner-Figura, NZM 2007, 705; Wichert, ZMR 2006, 257; Horst, MDR 2008, 365; Jud, NZM 913, 916; Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, 2006, Kap. 6, Rn. 62; MünchKommBGB/Bieber, 5. Aufl., § 550 Rn. 19), um hiervon dann im vorliegenden Fall abzuweichen.


Nach Auffassung des Gerichts hindert eine mietvertragliche Heilungsklausel den Mieter jedenfalls gegenüber dem ursprünglichen Vermieter nicht, das Mietverhältnis unter Berufung auf den Formmangel zu kündigen, ohne ihn vorher um Heilung dieses Formmangels ersucht zu haben. In Betracht kommt lediglich eine Schadensersatzpflicht des Mieters, wenn er entgegen der Verpflichtung aus dem Mietvertrag an der Heilung des Formmangels nicht mitgewirkt hat.

Auch sonst sieht das OLG das Kündigungsrecht der Mieterin nicht als nach § 242 BGB ausgeschlossen an. Das Gericht weist auf die gefestigte BGH-Rechtsprechung hin, wonach eine solche Kündigung nur ganz ausnahmsweise dann ausgeschlossen ist, wenn das wirtschaftliche Ergebnis andernfalls schlechthin untragbar ist, z.B. weil die Kündigung die andere Vertragspartei durch die Kündigung in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht. Dies ist nach Ansicht des OLG schon dann nicht mehr der Fall, wenn dem Kündigungsgegner ggf. ein Schadensersatzanspruch gegen den Kündigenden zusteht.


Der Umstand, dass vorliegend die Mieterin selbst das formunwirksame Mietvertragsformular gestellt hat, ist ebenfalls nicht von Belang. Eine den Vertragstext stellende Partei ist lediglich dann mit der Kündigung wegen Formmangels ausgeschlossen, wenn sie die andere Partei geradezu arglistig von der Einhaltung der Schriftform abgehalten oder den Formmangel bewusst herbeigeführt hat, um das Mietverhältnis später unter Berufung hierauf zu kündigen.


Das OLG hat die Revision zum BGH mit der Begründung zugelassen, dass die Frage, ob eine auf § 550 BGB gestützte Kündigung durch eine sog. Vorsorge- oder Nachholklausel vertraglich ausgeschlossen werden kann, grundsätzliche Bedeutung zukommt und soweit ersichtlich vom Bundesgerichtshof bislang noch nicht entschieden wurde.


Anmerkung: Auch wenn die h.M. die Kündigung wegen Formmangels bei Vorliegen einer wirksamen Heilungsklausel nach § 242 BGB als unwirksam betrachtet, zeigt die vorliegende Entscheidung, dass bei der Mietvertragsgestaltung unbedingt die Formerfordernisse des § 550 BGB einzuhalten sind und nicht allein auf eine in den Vertrag aufgenommene Heilungsklausel vertraut werden darf. Zwar hält das OLG Rostock einen Schadensersatzanspruch des Kündigungsgegners aus §§ 280 ff. BGB für denkbar, wenn der Kündigende gegen seine Verpflichtung zur Mitwirkung an der Heilung des Formmangels verstößt. Dieser ist aber im Gegensatz zum mietvertraglichen Erfüllungsanspruch regelmäßig schwieriger darzulegen und zu beweisen, zumal den Kündigungsgegner auch noch die Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB trifft.

Quelle: Rechtsanwalt Thomas Emmert - Urteilsanmerkung vom 06.08.08