Miet- und WEG-Recht -

Mischmietverhältnisse - Voraussetzungen und Rechtsfolgen

Der Beitrag der Mietrechtsexperten Hannemann und Emmert erläutert, unter welchen Voraussetzungen ein Mischmietverhältnis vorliegt und welche Rechtsfolgen daran geknüpft sind.

Werden im Rahmen eines – ggf. auch nachträglich begründeten – einheitlichen Mietverhältnisses (entscheidend ist auch hier der übereinstimmende Parteiwille) Räumlichkeiten sowohl zu Wohn- als auch zu Gewerbezwecken vermietet, spricht man von einem Mischmietverhältnis.

Begriff

Ein solches Mischmietverhältnis liegt etwa dann vor, wenn der Mieter Räumlichkeiten anmietet, um sie teils selbst zu bewohnen, teils an andere unterzuvermieten. Selbst dann, wenn über Wohn- und Gewerberaum verschiedene Vertragsurkunden erstellt worden sind, ist von einem einheitlichen Vertragsverhältnis auszugehen, sofern z.B. die getrennten Verträge aufeinander Bezug nehmen, in ihrem Bestand voneinander abhängig sind oder nur einheitlich gekündigt werden können. Anders dann, wenn die Verträge nach dem Willen der Parteien rechtlich selbständig sein sollen, mögen sie auch rein äußerlich verbunden sein (für die Einheitlichkeit spricht dann aber eine widerlegbare Vermutung). Die bloße wirtschaftliche Teilbarkeit genügt zwar nicht, wohl aber unterschiedliche Vertragslaufzeiten oder Kündigungsbedingungen. Liegt ein einheitlicher Mietvertrag vor, ist selbst bei objektiver Trennbarkeit der gewerblich genutzten Teile vom Wohnraum eine Teilkündigung nach überwiegender Auffassung unzulässig, aber vertraglich – auch formularmäßig – vereinbar. Nur ausnahmsweise soll auch ohne entsprechende ausdrückliche vertragliche Regelung eine Teilkündigung wirksam sein, wenn die Räume nur formell oder zufällig in einem Mietvertrag zusammengefasst worden sind.


Übergewichtstheorie

Bilden die Verträge eine Einheit, unterliegt ein derartiges Mischmietverhältnis auch einer einheitlichen rechtlichen Beurteilung: So scheidet z.B. die Anwendung der Wohnraumschutzvorschriften lediglich auf die zu Wohnzwecken überlassenen Räumlichkeiten bei Geltung der allgemeinen Regeln über die Immobiliarmiete im Übrigen aus. Die rechtliche Beurteilung richtet sich vielmehr auf der Grundlage der sog. Übergewichtstheorie danach, welche der beiden Nutzungsarten überwiegt. Maßgebend dafür ist in erster Linie, welcher Vertragszweck nach dem wirklichen Willen der Parteien im Vordergrund steht und das Vertragsverhältnis prägt. Die Parteien können dies jederzeit im Vertrag klarstellen. Eine vertragliche Vereinbarung, die lediglich ein Gewerberaummietverhältnis vortäuscht, um die Schutzvorschriften für Wohnraummieter zu umgehen, ist allerdings unwirksam. Maßgeblich für die Auslegung des Parteiwillens ist der Zeitpunkt des Vertragschlusses. Die Miet- und/oder Flächenanteile sind lediglich Gesichtspunkte, welche für die Feststellung dieses Parteiwillens mit von Bedeutung sind. So kann im Einzelfall auch dann von einem Gewerberaummietverhältnis auszugehen sein, wenn der auf die Wohnräume entfallende Teil des Bruttonutzungsentgelts überwiegt. Steht dann allerdings immer noch nicht fest, welcher Anteil überwiegt, oder ist von einer Gleichwertigkeit der Wohn- und Gewerberäume auszugehen, so ist im Zweifel zum Schutz des Mieters das gesamte Mietverhältnis dem Wohnraummietrecht zu unterstellen; abweichende Vereinbarungen sind aus Umgehungsgesichtspunkten unwirksam.


Vermietung von Wohnung und Garage

Wird eine Garage zusammen mit einer Wohnung vermietet, unterliegt im Zweifel das gesamte Mietverhältnis dem Wohnraummietrecht, auch wenn die Garage erst später hinzugemietet worden ist. Anders nur, wenn der Wille der Parteien hinreichend deutlich erkennbar geworden ist, dass über die Garage eine (neue) selbständige Vereinbarung ohne Einbeziehung in den Wohnungsmietvertrag zustande kommen sollte. Allein die Vereinbarung einer getrennt ausgewiesenen Miete für Wohnung und Garage genügt hierfür allerdings im Regelfall nicht. Jedoch kann die Vereinbarung unterschiedlicher Fälligkeitszeitpunkte für die Mietzahlung auf zwei voneinander unabhängige Verträge hindeuten. Ein Indiz für die rechtliche Selbständigkeit der Verträge besteht darin, dass Wohnung und Garage auf verschiedenen Grundstücken gelegen sind bzw. nicht alle Wohnungsmieter auch Garagenmieter sind. Bei Verwendung von zwei getrennten Vertragsformularen (auch bei gleichzeitigem Abschluss) mit jeweils gesondert ausgewiesenem Mietentgelt und unterschiedlichen Kündigungsregelungen ist im Zweifel von zwei rechtlich selbständigen Verträgen auszugehen. Der Garagenmietvertrag, wie auch die Anmietung einer Garage unabhängig von einer Wohnung, folgt dann den Regeln der Geschäftsraummiete (z.B. Kündigungsfrist gem. § 580a Abs. 1 BGB ohne das Erfordernis eines Kündigungsgrundes; Mieterhöhung mangels vertraglicher Vereinbarung über eine Änderungskündigung, sofern das Vertragsverhältnis auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurde). Liegt dagegen ein einheitliches Mietverhältnis vor, ist eine isoliert für die Garage vorgenommene Mieterhöhung auch unter Beachtung der mietpreisrechtlichen Vorschriften des BGB (§§ 558 ff. BGB) unzulässig. Gleiches gilt für eine Teilkündigung der Garage, selbst wenn diese die Kündigungsschutzvorschriften über Wohnraum beachtet. Veräußert in diesem Fall der vermietende Eigentümer die Garage, so wird das einheitliche Mietverhältnis nicht aufgespalten; vielmehr tritt der Erwerber als Mitvermieter in den einheitlichen Mietvertrag ein, wobei sich das Verhältnis der Erwerber untereinander nach den Regeln der Bruchteilsgemeinschaft bestimmt. Auch wenn im Umwandlungsfall an der Garage Teileigentum oder ein Sondernutzungsrecht begründet wird und der Erwerber die Garage kündigen will, kommt nur eine einheitliche Kündigung des gesamten Mietverhältnisses durch alle beteiligten Eigentümer in Betracht (soweit kein Fall des § 573b BGB vorliegt).

Hinweis:

Das Handbuch des Mietrechts ist Bestandteil des PraxisModul Miet- und WEG-Recht, das Sie online und auf CD-ROM beim Deubner Verlag kaufen können. Das Handbuch des Mietrechts, hrsg. von Hannemann/Wiek/Emmert, enthält ausführliche praxisgerechte Erläuterungen namhafter Experten zum gesamten materiellen und prozessualen Wohn- und Gewerberaummietrecht, orientiert am Verlauf des Mietverhältnisses, rechtsprechungsbasiert – mit zahlreichen Rechtsprechungs-ABCs, Praxistipps und Formulierungsbeispielen.

Quelle: RA Thomas Hannemann und RA Thomas Emmert - Auszug aus Handbuch des Mietrechts vom 15.09.08