Miet- und WEG-Recht -

Rechtsfolge stillschweigender Vertragsänderungen

Entscheidungsanmerkung zu der Frage: Bringt eine konkludente Vertragsänderung in einem wirksam befristeten Mietverhältnis die Gefahr der vorzeitigen Kündbarkeit des Mietvertrages mit sich?

Der BGH bejahte die Frage im Fall der stillschweigenden Änderung der Fälligkeit der Miete, da es sich insoweit um eine wesentliche Vertragsbedingung handele.

§ 550 BGB sieht zwingend die Einhaltung der Schriftform für Mietverträge vor, die länger als ein Jahr abgeschlossen werden sollen. Andernfalls sind sie nach Ablauf eines Jahres jederzeit mit gesetzlicher Frist kündbar.

Nach ständiger BGH-Rechtsprechung ist es zur Wahrung der Schriftform erforderlich, dass sich die wesentlichen Vertragsbedingungen - insbesondere Mietgegenstand, Mietzins sowie Dauer und Parteien des Mietverhältnisses - aus der Vertragsurkunde ergeben (z.B. BGH, Urt. v. 02.11.2005 - XII ZR 212/03, NJW 2006, 139; BGH , Urt. v. 18.12.2002 -XII ZR 253/01, NJW 2003, 1248) . Dies gilt auch für Änderungen dieser Vertragsbedingungen (BGH, Urt. v. 19.09.2007 - XII ZR 198/05, NZM 2008, 84).

In der letztgenannten Entscheidung des BGH hatte ein Mieter ein befristetes Mietverhältnis vorzeitig gekündigt. Er begründete dies mit einem Verstoß gegen das Schriftformerfordernis, da die Parteien von der ursprünglich schriftlich vereinbarten vierteljährlichen Zahlung der geschuldeten Miete stillschweigend auf eine monatliche Zahlung übergegangen seien und somit eine eigentlich der Schriftform bedürfende Abänderung einer wesentlichen Vertragsbedingung - der Fälligkeit der Miete - vorliege. Der BGH bejahte einen damit einhergehenden Schriftformverstoß und hielt die Kündigung für wirksam.

Anmerkung
Gerade bei Gewerberaummietverhältnissen kann die durch einen anfänglichen oder nachträglichen Schriftformverstoß herbeigeführte vorzeitige Kündigung sogar Existenz bedrohende Folgen haben, wenn z.B. eine der Parteien im Vertrauen auf die ordnungsgemäße Durchführung des Mietvertrags umfangreiche Investitionen getätigt hat. Auch in einem solchen Fall ist nämlich die Kündigung unter Berufung auf den Formmangel grds. nicht treuwidrig (OLG Rostock, Beschl. v. 13.03.2007 - 3 U 187/06, NZM 2007, 733). Treuwidrig handelt nur, wer eine später getroffene Abrede, die lediglich ihm vorteilhaft ist, allein deshalb, weil sie nicht die Schriftform wahrt, zum Anlass nimmt, sich von einem ihm inzwischen lästig gewordenen Mietvertrag zu lösen ( BGH, Urt. v. 02.07.1975 - VIII ZR 223/73, BGHZ 65, 49).

Praxistipp
Gerade bei einem befristeten Mietverhältnis sollte man es sich gut überlegen, ob man sich auf eine nach Abschluss des Mietvertrags konkludent getroffenen Vereinbarung, wie z.B. eine Abänderung bei der Betriebskostenumlage, beruft. Womöglich kann dies die andere Partei erst auf den Gedanken bringen, das Mietverhältnis vorzeitig unter Berufung auf einen mit dieser konkludenten Vertragsänderung verbundenen Schriftformmangel zu kündigen.

Weiterführende Informationen zu den Voraussetzungen der gesetzlichen Schriftform finden Sie in rechtsportal.de/mietrecht:

Gewerberaummietrecht: Form des Gewerberaummietrechtvertrags

I. Form des langfristigen Mietvertrags

II. Schriftform i.S.d. § 550 BGB

III. Voraussetzungen der gesetzlichen Schriftform

IV. Rechtsprechungsübersicht zur Schriftform

V. Checkliste zur Vermeidung von Schriftformproblemen

Quelle: Rechtsanwalt Thomas Emmert - Entscheidungsanmerkung mit Praxistipp vom 23.04.09