Sozialrecht -

Beihilfe für Beamte bei stationärem Heimaufenthalt

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat entschieden, dass ein Beamter und seine Familienangehörigen einen Anspruch auf Bewilligung weiterer Beihilfeleistungen gegenüber dem Dienstherrn haben.

Dies gilt soweit die Bezüge - hier die Versorgungsbezüge - und die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung für einen stationären Pflegeheimaufenthalt einschließlich eines Minimums an Lebenskomfort nicht mehr ausreichen.

Sachverhalt:

Die 90jährige Klägerin ist die Witwe eines 1968 verstorbenen Beamten der Besoldungsstufe A 13. Nach Eintritt ihrer Pflegebedürftigkeit (Pflegestufe II) im Jahre 2004 und der Aufnahme in einer stationären Pflegeeinrichtung reichten die von der Stadt Essen gezahlten Witwenbezüge und die nach Maßgabe der Beihilfeverordnung gewährten Beihilfeleistungen zur Deckung der Kosten für das Pflegeheim nicht mehr aus. Die beklagte Stadt lehnte unter Hinweis auf die entsprechenden Regelungen in der Beihilfeverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen weitere Beihilfeleistungen ab.

Entscheidung:

Das Gericht hat in der Entscheidung einen weitergehenden Anspruch der Klägerin auf Beihilfeleistungen gegenüber dem Dienstherrn bejaht und zur Begründung ausgeführt, dass die Ablehnung der begehrten Leistungen eine gravierende Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht des Dienstherrn darstelle. Dieser müsse im Rahmen des Fürsorgeermessens, ggf. auch über eine Erhöhung des Beihilfebemessungssatzes für Wohl und Wehe seiner Beamten einschließlich der Hinterbliebenen sorgen sowie Schaden abwenden, soweit der Beamte wie im Falle der Klägerin ohne Verschulden in eine unzumutbare Notsituation geraten sei. Die Kammer vertrete ebenso wie der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen die Auffassung, dass der Beamte unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes auch nicht auf die Inanspruchnahme von Sozialhilfe - hier in der Gestalt von Hilfe zur Pflege - verwiesen werden könne. Ebenso sei es nicht rechtens, den Beamten darauf zu verweisen, vorrangig sein Vermögen einzusetzen oder unterhaltspflichtige Kinder in Anspruch zu nehmen. Maßstab sei vielmehr ein amtsangemessener Unterhalt unter Berücksichtigung eines Minimums an Lebenskomfort und nicht ein Existenzminimum im Sinne der Sozialhilfe.

Im Hinblick auf den vorgegebenen Gestaltungsspielraum des Dienstherrn könne die beklagte Stadt allerdings nur dazu verpflichtet werden, den Beihilfeantrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache hat das Gericht die Berufung zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster zugelassen.

Quelle: VG Gelsenkirchen - Pressemitteilung vom 06.05.08