Sozialrecht -

Betreutes Wohnen nach Sicherungsverwahrung

LSG Hessen, Beschl. v. 02.08.2012 - L 4 SO 86/12 B ER

Hat eine Person, die aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden soll, Anspruch auf betreutes Wohnen, kann sich der Sozialhilfeträger nicht darauf berufen, dass er nur nachrangig zuständig sei. Dies entschied in einem heute veröffentlichten Beschluss der 4. Senat des Hessischen Landessozialgerichts.

Darum geht es

Ein Mann sollte nach langjähriger Haft und anschließender Sicherungsverwahrung nach einem Beschluss des Landgerichts zur Bewährung entlassen werden. Da es an einer betreuten Wohnmöglichkeit fehlte und deshalb keine hinreichend günstige Kriminalprognose vorlag, wurde der Entlassungsbeschluss wieder aufgehoben. Ein sozialer Verein bot ihm schließlich betreutes Wohnen an. Die Übernahme der Kosten hierfür lehnte der Sozialhilfeträger jedoch ab, weil seine Zuständigkeit nicht gesetzlich geregelt sei. Vorrangig zuständig sei in diesen Fällen das Land. Im Eilverfahren verurteilte das Sozialgericht den Sozialhilfeträger zur vorläufigen Kostenübernahme. Daraufhin wurde die Sicherungsverwahrung beendet.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Landessozialgericht hat diese Entscheidung bestätigt und die hiergegen erhobene Beschwerde zurückgewiesen. Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, hätten Anspruch auf Leistungen zur Überwindung dieser Schwierigkeiten, wenn sie aus eigener Kraft hierzu nicht fähig seien. Hierzu zählten Personen, die aus langjähriger Haft oder Sicherungsverwahrung entlassen werden. Denn diese Menschen müssten erst wieder lernen, soziale Beziehungen unter den Bedingungen der Freiheit einzugehen und sich in die veränderte Gesellschaft einzugliedern. Dies sei bei dem nunmehr in Kassel lebenden Mann der Fall. Er benötige neben verbindlichen sozialen Kontakten praktische Unterstützung und Begleitung im Alltag sowie Beratung, Training und Schulungen. Da kein anderer Leistungsträger vorrangig zuständig sei, müsse der Sozialhilfeträger die erforderliche Hilfe erbringen. Ohne die Kostenübernahme - so die Darmstädter Richter - würde dem Mann eine erneute freiheitsentziehende Maßnahme drohen.

Quelle: LSG Hessen, Pressemitteilung - vom 24.08.12