Arbeitsrecht, Sozialrecht -

Kein Arbeitslosengeld bei mangelhafter Bewerbung

Eine falsch formulierte Bewerbung ist einer Arbeitsablehung gleichzustellen. Dies kann dazu führen, dass die Arbeitsagentur die Zahlungsbewilligung aufhebt und bereits geleistete Sozialversicherungsbeiträge zurückfordert.

Der Kläger hatte sich auf eine vom Arbeitsamt (jetzt: Agentur für Arbeit) angebotene Beschäftigung beworben, wobei das Bewerbungsschreiben nach Schilderung des beruflichen Werdegangs folgenden Passus enthielt:

"Nach inzwischen langer Arbeitssuche ist es mir vor allem wichtig, wieder einer ge­regelten Tätigkeit nachzugehen - vorausgesetzt, sie bietet mir eine gewisse Perspek­tive und liegt im Be­reich meiner Interessen und Fähigkeiten!

Trotzdem ich denke, über eine gute Qualifikation zu verfügen möchte ich darauf hin­weisen, dass ich im Bereich AV (Arbeitsvorbereitung) weder über eine Ausbildung noch über jedwede Be­rufspraxis verfüge und dies auch keine Wunsch-Tätigkeit wäre." [Die Hervorhebungen sind im Original enthalten.]{DB:tt_content:2566:bodytext}

Nachdem die beklagte Bundesagentur für Arbeit die Zahlung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) mit Ablauf des 30.04.1999 vorläufig eingestellt hatte, stellte sie den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit vom 21.04. - 13.07.1999 fest, hob die Bewilligung von Alhi für den Zeitraum vom 21. - 30.04.1999 auf und forderte zu Unrecht gezahlte Leistungen zurück; für die Folgezeit stellte sie die Gewäh­rung von Alhi vorläufig ein. Mit weiterem Bescheid forderte die Beklagte den Kläger zur Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 21. - 30.04.1999 auf.

Das BSG hat mit Urteil vom 05.09.2006 die Auffassung der Bundesagentur für Arbeit bestä­tigt, dass Inhalt und Form des Bewerbungsschreibens einer Ablehnung des Beschäftigungsangebots gleichzustellen sind.

Bei der Frage, ob ein Bewerbungsschreiben einer Nichtbewerbung gleichzustel­len ist, kommt es allein darauf an, dass ein Arbeitgeber bereits wegen des objektiven Inhalts bzw. der Form eine Bewerbung von vornherein als unbeachtlich oder offensichtlich unernst gemeint behandelt.

Mit einer Bewerbung muss der Arbeitnehmer sein Interesse an der Aufnahme eines Arbeitsverhältnis­ses zum Ausdruck bringen. Diese Verpflichtung besteht im Sinne einer Obliegenheit auch dann, wenn es sich bei der Bewerbung um eine bloße Befolgung eines Vermittlungsvorschlags der Agentur für Arbeit handelt.

Der Arbeitslose ist gehalten, alles zu unterlassen, was dieser Intention (Interesse an der Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses) nach außen hin erkennbar entgegenläuft. Abzustellen ist hierbei auf den objektiven Empfängerhorizont, d.h. auf die Sicht eines verständigen Arbeitgebers. Auf die innere Einstellung des Arbeitslosen, mithin auf die Frage, ob er das Beschäftigungsangebot tat­sächlich zielgerichtet ablehnen wollte, kommt es bei der Beurteilung, ob ein Bewerbungsschreiben einer Nichtbewerbung gleichgesetzt werden kann, nicht an. Maßgeblich ist nur, ob der Kläger die Wir­kung auf den Arbeitgeber erkennen konnte.

Da das Landessozialgericht es unterlassen hatte, zu prüfen, ob der Kläger nach seinem individuellen Vermögen fahrlässig nicht erkennen konnte, wie sein Verhalten aufzufassen war, musste die Sache an das Landessozialgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden; es handelt sich um Tatsachenfeststellungen, die nicht der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegen.

Quelle: BSG - Pressemitteilung vom 05.09.06