Sozialrecht -

Kein Herstellerrabatt für ausländische Versandapotheke

Eine in den Niederlanden ansässige Versandapotheke hat keinen Anspruch auf Erstattung des Herstellerrabatts.

Denn der Herstellerrabatt gilt nur für Fertigarzneimittel, deren Apothekenabgabepreise durch die deutschen Preisvorschriften bestimmt sind. Diesen Preis-Regelungen unterfallen Importarzneimittel nicht.

Der Gesetzgeber hat die Krankenkassen seit 2003 finanziell dadurch entlastet, dass ihnen die Arz­neimittelhersteller Rabatt auf Arzneimittel für ihre (GKV)-Versicherten gewähren müssen. Dieser (Her­steller-)Rabatt wird nicht unmittelbar von den Herstellern an die Krankenkassen gezahlt; vielmehr erhalten die Krankenkassen den Rabatt dadurch, dass sie die Rechnungen der Apotheken um den Herstellerrabatt kürzen. Die Apotheken wiederum können Erstattung der ihnen gekürzten Beträge von den Arzneimittelherstellern verlangen. Eine solche Erstattung verlangte auch die Klägerin von dem beklagten Arzneimittelhersteller, die deutsche Niederlassung eines französischen Pharmakonzerns. Die Klägerin betreibt in den Niederlanden als AG eine Internetapotheke (Versandapotheke). Sie be­schafft sich die nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) zugelassenen Arzneimittel bei deutschen Groß­händlern und gibt sie per Kurierdienst aus den Niederlanden ua an GKV-Versicherte in Deutschland als Sachleistung ab. Sie hat hierzu Einzelverträge mit Krankenkassen geschlossen. Die Verträge sehen für die (reimportierten) Arzneimittel einen geringeren Preis vor als denjenigen, der von Kran­kenkassen für das gleiche Arzneimittel bei Abgabe durch eine in Deutschland ansässige Apotheke zu zahlen wäre.

Die klagende Versandapotheke gab ua von 2003 bis 2007 Arzneimittel der Beklagten an GKV-Versi­cherte in Deutschland ab. Sie forderte vom beklagten Pharmaunternehmen zu Unrecht Erstattung des Herstellerrabatts, wie der 1. Senat des Bundessozialgerichts in seiner Sitzung vom 28. Juli 2008 ent­schieden hat. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung des so genannten Herstellerrabatts (§ 130a Abs 1 Satz 2 SGB V).

Der Herstellerrabatt gilt nur für Fertigarzneimittel, deren Apothekenabgabepreise durch die deutschen Preisvorschriften bestimmt sind. Diesen Preis-Regelungen unterfallen Importarzneimittel nicht, mithin auch nicht die Arzneimittel, die die Klägerin im Rahmen des Versandhandels von den Niederlanden aus an GKV-Versicherte in Deutschland abgegeben hat. Die Beschränkung des Herstellerrabatts auf den Kreis der dem Inlandspreisrecht unterliegenden Fertigarzneimittel verstößt nicht gegen europä­isches Recht. Apotheken haben kein eigenes Interesse an der Reichweite der Regelung des Herstel­lerrabatts. Sie werden lediglich für dessen Abwicklung in Dienst genommen. Ihnen steht es durch Beitritt zum Rahmenvertrag nach § 129 Abs 2 SGB V frei, diskriminierungsfrei und europarechts­konform an der Versorgung GKV-Versicherter mit Arzneimitteln aus dem Ausland per Versandhandel teilzunehmen. Die Klägerin hat von diesem Recht keinen Gebrauch gemacht, sondern stattdessen mit Krankenkassen Einzelverträge nach § 53 SGB X (nicht: § 140e SGB V) geschlossen, die weiter­gehende Rabatte vorsehen, als das Gesetz es krankenversicherungsrechtlich verlangt. Begibt sich indessen ein solcher Marktteilnehmer auf der Basis europarechtskonformen Gesetzesrechts freiwillig einer ihm vorteilhaften Rechtsposition, um einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen, kann er sich nicht gleichzeitig europarechtlich darauf berufen, die Folgen seiner eigenen Rechtsausübung seien ihm partiell abträglich. Damit betriebe er unzulässige Rosinenpickerei. Der Herstellerrabatt einschließlich Beitrittsmöglichkeit zum Rahmenvertrag nach § 129 Abs 2 SGB V für ausländische Apotheken ver­stößt insgesamt nicht gegen europäisches Recht. Der "Herstellerrabatt" ist der Sache nach ein zuläs­siger "Preisstopp" iS des Art 4 der so genannten Transparenzrichtlinie (EWGRL 89/105) und damit europarechts-konform.

Quelle: BSG - Pressemitteilung vom 29.07.08