Sozialrecht, Arbeitsrecht -

Unfallversicherung: Kostenübernahme für „Segways“?

Das LSG Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass ein „Segway“ eine Überversorgung darstellt, wenn die gesetzliche Unfallversicherung die Mobilität des Versicherten bereits anderweitig sichergestellt hat. Demnach sind Elektromobile und elektrisch betriebene Rollstühle nicht zu gewähren, wenn der Verletzte bereits einen Zuschuss zur Kraftfahrzeughilfe in Anspruch genommen hat.

Darum geht es

Geklagt hatte ein damals 49-jähriger Tunesier, der seit einem schweren Lkw-Unfall im Rollstuhl sitzt. Seitdem wurde er von der Berufsgenossenschaft umfassend versorgt.

Er bekam u.a. eine Unfallrente von 100%, eine Teilabfindung von 57.000 €, den behindertengerechten Wohnungsumbau, einen Tiefgaragenplatz, Kfz-Hilfe, Umzugskosten incl. Hotel und Verpflegung für die Familie, diverse Sportangebote, verschiedenste aktive und passive Therapien, Dauerverordnung von Viagra, regelmäßige Erholungsurlaube mit seiner Frau in Tunesien und insgesamt 26.000 € für Auslandsbehandlungen ohne nähere Prüfung. Zudem bekam er regelmäßig neue Standard- und Sportrollstühle nebst E-Handbike.

Da diese Versorgung dem Kläger nicht flexibel genug war, beantragte er bei der Berufsgenossenschaft ein Segway zum Sitzbetrieb. Dies sei nötig, weil er seinen Lebensmittelpunkt in Tunesien habe. Dort seien die Straßen viel schlechter als in Deutschland. Nur mit einem Segway könne er schlechte Wegstecken bewältigen und auch am Strand fahren.

Die Berufsgenossenschaft lehnte den Antrag ab, da sie bereits die Anschaffung eines BMW 350 Touring Sport mit behindertengerechtem Umbau gezahlt habe. Außerdem überschreite der Kläger die Maximalzuladung des Elektromobils von 100 kg.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das LSG hat die Rechtsauffassung der Berufsgenossenschaft bestätigt. Nach den Hilfsmittelrichtlinien und der Orthopädieverordnung seien Elektromobile und elektrisch betriebene Rollstühle, die zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr befähigten, nicht zu gewähren, wenn der Verletzte bereits einen Zuschuss zur Kraftfahrzeughilfe in Anspruch genommen habe.

Da der Kläger bereits einen Zuschuss zur Anschaffung eines Kraftfahrzeugs über 10.000 € nebst Kosten für den behindertengerechten Umbau über 20.000 € erhalten habe, sei seinem Anspruch auf Erhalt der Mobilität damit Rechnung getragen. Das Gericht stimmte auch den behandelnden Ärzten des Klägers zu, die seine Begehrenshaltung und das bedingungslose Genehmigen der Berufsgenossenschaft als ungünstig und therapeutisch nicht förderlich bewerteten.

LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 22.11.2018 - L 16 U 196/16

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Pressemitteilung v. 27.12.2018