Verkehrsrecht -

Abzug „Neu für Alt“ bei gesundheitlichen Hilfsmitteln

Kann dem Geschädigten, dessen Brille bei einem Verkehrsunfall zerstört wird, ein Abzug „Neu für Alt“ entgegengehalten werden?

LG Münster, Urt. v. 13.05.2009 — 1 S 8/09, NZV 2009,513

 

Das Landgericht Münster hat diese in der Rechtsprechung kontrovers diskutierte Frage zu Gunsten des Geschädigten entschieden.

Darum geht es

Bei einem Unfall ist die zum damaligen Zeitpunkt fünf Jahre alte Brille des Geschädigten zerstört worden. Dieser begehrte als Schadenersatz die Kosten für die Anschaffung einer neuen Brille, ohne einen Abzug „Neu für Alt“ zu akzeptieren. Bereits erstinstanzlich hatte das Amtsgericht entschieden, dass der Geschädigte Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Neuanschaffung einer gleichwertigen Brille habe, ohne dass ein Abzug vorgenommen werden können.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Dieser Auffassung hat sich auch das Landgericht angeschlossen. Der Geschädigte brauche nicht nur dann keinen Abzug „Neu für Alt“ hinzunehmen, wenn aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage sei, die Mehrkosten der Neubeschaffung zu tragen. Ein derartiger Wertausgleich sei auch dann ausgeschlossen, wenn ein Geschädigter aus medizinischen oder sonstigen wichtigen Gründen zwingend und sofort auf einen Ersatz der beschädigten Sache und damit auf einen Neuerwerb angewiesen sei. In Ermangelung eines Gebrauchtmarkts bestehe für den Geschädigten auch keine Dispositionsfreiheit in Bezug auf die Frage des Ortes und des Zeitpunkts einer Ersatzbeschaffung. Allein aus diesem Grunde sei ein Abzug „Neu für Alt“ nicht vorzunehmen (so ebenfalls AG Montabaur, ZfS 1998,132; AG Arnstadt, ZfS 2000,340; a.A. LG Freiburg, ZfS 1989,266; AG Tempelhof-Kreuzberg, r+s 1997,19).

Etwas anderes könne nach Ansicht des Landgerichtes nur dann in Betracht kommen, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestanden hätten, dass die beschädigte Brille in ihrem Gebrauchswert für den Geschädigten zum Unfallzeitpunkt bereits reduziert war, beispielsweise aufgrund von nutzungsbedingten Vorschäden, oder infolge einer Veränderung der Sehstärke.

Quelle: Rechtsanwalt Hans-Helmut Schaefer - Urteilsbesprechung vom 03.11.09