Verkehrsrecht -

Beweisverwertungsverbot – Polizeiliche Anordnung der Entnahme einer Blutprobe

Ein Verstoß gegen die Dokumentations- und Begründungspflicht der Polizei bei Ausübung der Eilkompetenz im Fall einer Blutentnahme nach § 81a StPO führt nicht zwangsläufig zu einem Beweisverwertungsverbot.

Es verstößt nicht gegen das Willkürverbot, wenn die Strafgerichte davon ausgehen, dass ein Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften nicht automatisch ein Verwertungsverbot nach sich zieht. Die Frage, ob ein Beweisverwertungsverbot vorliegt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen.

Der Beschwerdeführer (nachfolgend: Bf.) kam am Unfalltag gegen 10.00 Uhr aufgrund alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit von der Fahrbahn ab und prallte gegen ein entgegenkommendes Kfz. Die unfallaufnehmenden Polizeibeamten stellten aufgrund einer durchgeführten Atemalkoholmessung eine BAK von 0,62 Promille fest. Auf Anordnung der Polizei wurde dem Bf. auf der Polizeiwache von einem Arzt eine Bluprobe entnommen. Diese ergab eine BAK von 0,43 Promille. Zusätzlich wurden Rückstände eine Schlafmittels im Blut festgestellt. Weder die Staatsanwaltschaft, noch ein Ermittlungsrichter wurden von der Polizei informiert. Die Gründe für die Anordnung durch die Polizei wurden nicht dokumentiert.

Der Bf. wurde mit Urteil vom 19.12.2007 vom Amtsgericht wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in  Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 35 Tagessätzen zu je 20 EUR verurteilt. Zudem wurde die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrzeit von 5 Monaten verhängt.

Das Urteil des Amtsgerichtes stützte sich im Wesentlichen auf die Feststellung der Fahruntüchtigkeit auf der Grundlage der entnommenen Blutprobe. Der Verlesung des insoweit eingeholten alkohol- und toxikologischen Gutachtens hatte der Verteidiger wegen der fehlenden richterlichen Anordnung vor der Entnahme der Blutprobe in der Verhandlung widersprochen. Das Amtsgericht hat in seiner Entscheidung ausgeführt, dass aufgrund der besonderen Eilbedürftigkeit zur Feststellung der Tatzeit-BAK in einem solchen Fall die Anordnung der Polizei rechtmäßig gewesen sei.

Die hiergegen eingelegte Sprungrevision zum OLG wurde verworfen. Selbst wenn eine wie vom Amtsgericht angenommene Ausnahmesitaution nicht vorgelegen haben sollte, führe dies nicht zu einem Beweisverwertungsverbot, da die Maßnahme nicht objektiv willkürlich oder auf der Grundlage einer groben Fehlbeurteilung erfolgt sei.

Hiergegen richtet sich die Verfassungsbeschwerde. Der Bf. rügt insbesondere die Verletzung von Art. 19 IV GG und Art. 2 II 1 GG. Die Beschwerde wurde vom BVerfG mit folgender Begründung nicht angenommen.

Ein Verstoß gegen Art. 19 IV GG liege nicht vor. Zwar sei es im Sinne eine effektiven Rechtsschutzes geboten, die Dokumentations- und Begründungspflicht einzuhalten, da es andernfalls kaum möglich sei, eine nachträgliche Überprüfung des Exekutivaktes vorzunhemen. Dieser Aspekt sei im vorliegenden Verfahren allerdings nicht entscheidend gewesen, da die Instanzgerichte nicht die Rechtmäßigkeit der Blutentnahme, sondern nur das Vorliegen eines Beweisverwertungsverbotes zu prüfen hatten. Anders wäre dies nur, wenn eine Beschwerde gegen den Eingriff der Blutentnahme als solche eingelegt worden wäre (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 12.02.2007 NJW 2007, 1345).

Die Frage, ob ein Verstoß gegen prozessuale Verfahrensvorschriften zu einem Beweisverwertungsverbot führt, obliegt grundsätzlich den Fachgerichten. Es ist, so das BVerfG, nicht zu beanstanden, wenn die Strafgerichte in ihrer ständigen Rechtsprechung davon ausgehen, dass nicht jeder Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften auch ein Verwertungsverbot nach sich zieht. Es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls und insbesondere auf die Art des Verbots und das Gewicht des Vertoßes an. So können grundsätzlich die willkürliche Annahme eines Eilfalles oder das Vorliegen eines besonders schweren Fehlers ein Beweisverwertungsverbot nach sich ziehen (BGH, NJW 1999, 959; OLG Hamburg, NJW 2008, 2597). Die fehlende Dokumentation allein führt nicht zu einem Beweisverwertungsverbot (BGH, NJW 2005, 1060; NStZ-RR 2007, 242).

Anhand dieses Maßstabes sei eine Überprüfung durch die Instanzgerichte erfolgt, weshalb kein Verstoß gegen Art. 19 IV GG angenommen werden könne.

Ein Verstoß gegen Art. 2 II 1 GG aufgrund eines Eingriffs in die körperliche Unversehrtheit liege nicht vor, da diese von dem Bf. auch nicht geltend gemacht worden ist. Zudem sei diesbezüglich auch der Rechtsweg nicht ausgeschöpft, da kein Antrag auf eine gerichtliche Entscheidung nach § 98 Abs. 2 2 StPO gestellt wurde.

Letztlich liege nach Ansicht des BVerfG auch kein Verstoß gegen den Anspruch auf ein faires Verfahren (Art. 2 I, 20 III GG) vor. Prüfungsmaßstab ist insoweit nur, ob ein rechtsstaatlicher Mindeststandard gewahrt wurde und ob die strafprozessualen Vorschriften ohne Verstoß gegen das Willkürverbot angewandt worden sind. Hierfür sah das Gericht keine Anhaltspunkte.

Siehe dazu auch die Pressemitteilung des OLG Brandenburg vom 26.02.2009 zu OLG Brandenburg - Urteil vom 16.12.08 (2 Ss 69/08).

Quelle: Entscheidungsbesprechung - Rechtsanwalt Hans-Helmut Schaefer vom 15.03.09