Klaus Eppele © fotolia.de

Verkehrsrecht -

Hausbrand durch Pkw: Kfz-Versicherung muss zahlen

Wenn ein Fahrzeug in einer Privatgarage abgestellt ist und durch eine Ursache im Schaltkreis in Brand gerät, muss die Kfz-Haftpflichtversicherung auch den Schaden ersetzen, der daraufhin am Wohnhaus entsteht. Das gilt auch dann, wenn der Pkw mehr als 24 Stunden dort steht. Das hat der EuGH entschieden. Im Entscheidungsfall hatten Haus- und Kfz-Versicherung über die Ersatzpflicht gestritten.

Darum geht es

Im August 2013 fing ein in der Privatgarage eines Hauses geparktes Fahrzeug, mit dem seit mehr als 24 Stunden nicht gefahren worden war, Feuer, wodurch Schäden verursacht wurden. Der Brand ging vom Schaltkreis des Fahrzeugs aus. Der Eigentümer des Fahrzeugs hatte bei der Línea Directa Aseguradora, S.A. (im Folgenden: Línea Directa) eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung abgeschlossen.

Das Haus war beider Segurcaixa, Sociedad Anónima de Seguros y Reaseguros (im Folgenden: Segurcaixa) versichert, und der Gesellschaft, in deren Eigentum das Haus stand, wurden 44704,34 € als Ersatz für die infolge des Fahrzeugbrandes am Haus entstandenen Schäden gezahlt.

Im März 2014 erhob Segurcaixa Klage gegen Línea Directa auf Erstattung der gezahlten Entschädigung, weil der Schadensfall bei einem durch die Kraftfahrzeugversicherung gedeckten Ereignis bei der Fahrzeugverwendung entstanden sei.

Die Klage von Segurcaixa wurde in erster Instanz abgewiesen. Hingegen wurde Línea Directa im Rechtsmittelverfahren zur Zahlung des von Segurcaixa begehrten Schadensersatzes verurteilt, wobei das zuständige Gericht feststellte, dass ein „Ereignis bei der Fahrzeugverwendung“ nachdem  spanischen  Recht in dem Fall vorliege, „dass ein vorübergehend in einer Privatgarage abgestelltes Fahrzeug in Brand gerät, wenn der Brand ursächlich im Innern des Fahrzeugs selbst, ohne Zutun Dritter, entstanden ist“.

Línea Directa legte gegen dieses Urteil Kassationsbeschwerde beim Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) ein. Da das Tribunal Supremo Zweifel in Bezug auf die Auslegung des Begriffs „Verwendung eines Fahrzeugs“ im Sinne der Richtlinie über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung hegt, hat es beschlossen, dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Wesentliche Entscheidungsgründe

In seinem Urteil stellt der EuGH fest, dass ein Sachverhalt, in dem ein in einer Privatgarage  eines Hauses abgestelltes Fahrzeug Feuer fing, durch das ein Brand, dessen Ursache beim Schaltkreis des Fahrzeugs lag, ausgelöst und das Haus beschädigt wurde, unter den Begriff „Verwendung eines Fahrzeugs“ zu subsumieren ist, auch wenn das Fahrzeug seit mehr als 24 Stunden vor Brandentstehung nicht bewegt worden war.

Der Gerichtshof weist zunächst darauf hin, dass der Begriff „Verwendung eines Fahrzeugs“ einen autonomen Begriff des Unionsrechts darstellt, dessen Auslegung nicht dem Ermessen der einzelnen Mitgliedstaaten überlassen werden darf. Zudem betont er, dass das Ziel des Schutzes der Opfer von Unfällen, die durch diese Fahrzeuge verursacht werden, vom Unionsgesetzgeber beständig verfolgt und gestärkt wurde.

Der EuGH hält fest, dass nach seiner Rechtsprechung der Begriff „Verwendung eines Fahrzeugs“ im Sinne der Richtlinie nicht auf Situationen der Verwendung im Straßenverkehr beschränkt ist und jede Verwendung eines Fahrzeugs umfasst, die dessen gewöhnlicher Funktion entspricht, insbesondere jede Verwendung eines Fahrzeugs als Beförderungsmittel.

Zum einen schließt der Umstand, dass das an einem Unfall beteiligte Fahrzeug bei Eintritt des Unfalls stand, für sich allein nicht aus, dass die Verwendung dieses Fahrzeugs zu diesem Zeitpunkt unter seine Funktion als Beförderungsmittel subsumiert werden kann.

Zum anderen beschränkt keine Vorschrift der Richtlinie den Umfang der Pflichtversicherung - und des Schutzes, der damit denjenigen gewährt werden soll, die bei durch Kraftfahrzeuge verursachten Unfällen geschädigt worden sind - auf die Fälle einer Verwendung der Fahrzeuge in einem bestimmten Gelände oder auf bestimmten Straßen.

Der Gerichtshof leitet daraus ab, dass es für die Tragweite des Begriffs „Verwendung eines Fahrzeugs“ im Sinne der Richtlinie nicht auf die Merkmale des Geländes ankommt, auf dem dieses Fahrzeug verwendet wird, und insbesondere nicht darauf, ob das betroffene Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt steht und sich auf einem Parkplatz befindet.

Unter diesen Umständen sind das Parken und die Standzeit des Fahrzeugs als natürliche und notwendige Phasen anzusehen, die einen wesentlichen Bestandteil der Verwendung des Fahrzeugs als Beförderungsmittel darstellen. Demnach wird ein Fahrzeug während des Parkens zwischen zwei Fahrten grundsätzlich entsprechend seiner Funktion als Beförderungsmittel verwendet.

Im vorliegenden Fall stellt der EuGH fest, dass das Parken eines Fahrzeugs in einer Privatgarage eine der Funktion als Beförderungsmittel entsprechende Verwendung darstellt. Diese Schlussfolgerung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Fahrzeug mehr als 24 Stunden lang in dieser Garage geparkt war, denn das Parken eines Fahrzeugs bedeutet, dass dieses bis zur nächsten Fahrt, mitunter über einen längeren Zeitraum, stillsteht.

Hinsichtlich des Umstands, dass der in Rede stehende Unfall auf einen Brand zurückzuführen ist, der durch den Schaltkreis eines Fahrzeugs verursacht wurde, stellt der Gerichtshof fest, dass das Fahrzeug, von dem dieser Unfall ausgeht, der Definition von „Fahrzeug“ im Sinne der Richtlinie entspricht, weshalb es nicht notwendig ist, von den Teilen des Fahrzeugs jenes ausfindig zu machen, von dem der Schaden ausgeht, oder die Funktionen zu bestimmen, die dieses Teil erfüllt.

EuGH, Urt. v. 20.06.2019 - C-100/18

Quelle: EuGH, Pressemitteilung v. 20.06.2019