Verkehrsrecht -

Keine Steuerpflicht für Unterhaltsschadenrenten

Der Bundesfinanzhof hat seine bisherige Rechtsprechung zur Besteuerung von Schadensersatzleistungen geändert.

Eine Schadenersatzrente nach § 844 Abs. 2 BGB, die den durch den Tod des Unterhaltsverpflichteten entstandenen Unterhaltsschaden ausgleicht, unterliegt nunmehr nicht der Einkommensteuerpflicht nach § 22 Nr. 1 EStG.

Die Entscheidung: BFH, Urt. v. 26.11.2008 - X R 31/07, NJW Spezial 2009, 171

Der Entscheidung des BFH lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Ehemann der Klägerin ist an den Folgen eines ärztlichen Fehlers im April 1998 verstorben. Die Versicherung des Arbeitgebers des behandelnden Arztes zahlte der Klägerin aufgrund eines im Oktober 1999 geschlossenen Vergleichs ab dem Todestag des Ehemannes eine Schadenersatzrente nach § 844 Abs. 2 BGB in Höhe von ca. 1.020 €. Von der monatlichen Zahlung entfiel ein Betrag in Höhe von 660 € auf den materiellen Unterhaltsschaden und 360 € auf den Haushaltsführungsschaden. Im Einkommensteuerbescheid berücksichtigte das zuständige Finanzamt die Schadenersatzrente in voller Höhe als steuerpflichtige sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 1 EStG. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob die Klägerin hiergegen Klage.

Der BFH bestätigt in seinem Urteil die Entscheidung der Vorinstanz. Die Schadenersatzrente, die die Klägerin erhalte, sei insgesamt kein steuerbarer Bezug i.S.d. § 22 Nr. 1 EStG.

Der Besteuerungstatbestand des § 22 Nr. 1 EStG sei nur dann erfüllt, wenn die Leistung andere steuerbare Einnahmen ersetze. Die Unterhaltsrente gehöre hierzu aber nicht. Dies gelte auch vor dem Hintergrund, dass sie dem Grunde nach kein Unterhalt, sondern ein Anspruch auf Schadenersatz sei (BGH, NJW 1974, 1373). Die Unterhaltsrente nach § 844 Abs. 2 BGB gleiche nämlich keine steuerbaren Einnahmen, sondern den vom Getöteten geschuldeten fiktiven Unterhalt aus.

Anders als beispielsweise bei der Witwenpension richte sich die Höhe der Unterhaltsrente nach § 844 Abs. 2 BGB danach, wie sich die Unterhaltsbeziehungen zwischen dem Unterhaltsberechtigten und dem Unterhaltsverpflichteten bei Unterstellung seines Fortlebens nach dem Unfall entwickelt haben würden. Alle vorhersehbaren Veränderungen der Unterhaltsbedürftigkeit des Berechtigten und der (hypothetischen) Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen, wäre er noch am Leben, seien bei der Bemessung der Unterhaltsrente einzubeziehen (BGH, NJW 2004, 358).

Deshalb greife ertragssteuerlich die Nichtsteuerbarkeit der Unterhaltsleistung nach § 2 i.V.m. §§ 13 ff. EStG und insbesondere nach § 22 Nr. 1 EStG, wonach „Bezüge … an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person“ i.d.R. nicht steuerpflichtig sind. Der Bezug von Unterhalt und damit auch die Unterhaltsrente i.S.v. § 844 Abs. 2 BGB seien mangels marktwirtschaftlicher Betätigung zur Einkunftserzielung nicht einkommensteuerbar. Nach Auffassung des Senats erhöhen Schadenersatzleistungen nach § 844 Abs. 2 BGB - gleichgültig, ob sie den Bar- oder den Naturalunterhalt ausgleichen - nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Empfängers. Sie dienen ausschließlich dazu, die durch das Schadenereignis entfallene wirtschaftliche Absicherung des Empfängers wiederherzustellen. Es fehle die Absicht, Überschüsse zu erzielen.

Anmerkung

Das Urteil des BFH hat für die Schadenregulierungspraxis weitreichende Bedeutung. Auch wenn das Urteil in einem Arzthaftpflichtprozeß ergangen ist, sind die Grundsätze natürlich auf alle Schadenrechtsfälle zu übertragen, somit auch auf Schadensersatzansprüchen nach Verkehrsunfällen. Der BFH hat mit seiner Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung auf den Kopf gestellt. Bisher wurde vertreten, dass Schadenersatzbeiträge der Einkommensteuerpflicht unterliegen (vgl. BFH, Urt. v. 25.10.1994 - VIII R 79/91).

Mit dem Urteil des BGH ist nunmehr eine eindeutige Regelung getroffen, was Unterhaltsrenten, Renten wegen Entgangs der Haushaltsführung sowie für Renten, die den Wegfall des Barunterhaltsanspruchs ausgleichen, betrifft.

Quelle: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht Dr. Stephan Schröder, Kiel - Urteilsanmerkung vom 14.04.09