Verkehrsrecht -

Verkehrszentralregister - Überliegefrist und Tilgungshemmung

Rechtsanwältin Karen Lessing informiert Sie in einem kurzenÜberblick über die Tilgung der Eintragungen im Verkehrszentralregister unter besonderer Berücksichtigung der verlängerten Überliegefrist.

Das beim Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg geführte Verkehrszentralregister (VZR) erfasst gem. § 28 Abs. 3 StVG rechtskräftige Bußgeldbescheide wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten, Verurteilungen in Verkehrsstrafsachen und –ordnungswidrigkeiten, alle angeordneten Führerschein- und Fahrerlaubnismaßnahmen sowie Teilnahmen an einem Aufbauseminar oder einer verkehrspsychologischen Beratung.

Tilgungsfristen

Entscheidungen wegen Ordnungswidrigkeiten werden nach zwei Jahren getilgt (§ 29 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StVG).

Nach fünf Jahren werden getilgt:

  • gerichtliche Entscheidungen in Strafsachen (mit Ausnahme von Entscheidungen wegen Fahrens unter Alkohol- oder Drogeneinfluss)
  • Entscheidungen, in denen die Entziehung der Fahrerlaubnis oder eine Sperre angeordnet worden ist (§ 29 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a StVG) sowie die Teilnahme an einem Aufbauseminar oder an einer verkehrspsychologischen Beratung (§ 29 Abs. 1 S. 2 Nr. 2c StVG).

In allen anderen als den oben aufgeführten Fällen beträgt die Tilgungsfrist zehn Jahre, also insbesondere bei den Trunkenheitsdelikten (§ 29 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StVG).

Fristbeginn der Tilgung (§ 29 Abs. 4 StVG)

Die jeweilige Tilgungsfrist beginnt

  • bei Ordnungswidrigkeiten mit Rechtskraft des Bußgeldbescheids bzw. der gerichtlichen Entscheidung,
  • bei Verkehrsstrafsachen mit dem Tag des ersten Urteils bzw. der Unterzeichnung des Strafbefehls durch den Richter,
  • bei verwaltungsrechtlichen Entscheidungen mit der Rechtskraft des Bescheids und
  • bei der Teilnahme an Aufbauseminaren oder verkehrspsychologischen Beratungen mit dem Tag der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung.

Tilgungshemmung (§ 29 Abs. 6 StVG)

Wird eine Ordnungswidrigkeit im VZR eingetragen, bevor dort bereits vorhandene Eintragungen löschungsreif sind, so hemmt die Eintragung der neuen Entscheidung die Löschung der dort noch eingetragenen Ordnungswidrigkeiten. Die Eintragung einer Ordnungswidrigkeit hemmt jedoch nicht die Tilgung einer eingetragenen Verkehrsstraftat!

Wichtig: Die Eintragung einer Verkehrsstraftat hemmt die Tilgung aller noch im Register befindlichen straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Entscheidungen!

Spätestens nach fünf Jahren werden alle Bußgeldentscheidungen gelöscht. Dies gilt unabhängig davon, ob noch andere Entscheidungen eingetragen sind.

Ausnahme: Entscheidungen wegen eines Verstoßes nach § 24a StVG.


Problemkreis Überliegefrist (§ 29 Abs. 6 und 7 StVG)

Seit der Gesetzesänderung im Rahmen des Justizmodernisierungsgesetzes vom 24.08.2004 (BGBl. I, S. 2198 ff., in Kraft seit dem 01.02.2005) hemmt eine neue Tat, die vor Ablauf der Tilgungsfrist begangen wurde, allerdings erst nach der Tilgungsfrist Rechtskraft erlangt, die Tilgung, wenn sie noch innerhalb der nun einjährigen Überliegefrist zu einer erneuten Eintragung führt, § 29 Abs. 6 S. 2 StVG.

Beispiel:
Für den Betroffenen ist ein Bußgeldbescheid mit Rechtskraft vom 01.07.2002 wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung eingetragen. Tilgungsreife tritt für diese Eintragung am 01.07.2004 ein, nach der Überliegefrist von einem Jahr würde sie am 01.07.2005 endgültig gelöscht. Die Eintragung eines weiteren Bußgeldbescheids wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung vom 01.06.2004 hemmt die Tilgung, wenn die Eintragung vor dem 01.07.2005 erfolgt.

Praxishinweis für den Strafverteidiger:

Sofort bei Mandatsannahme muss sich der Verteidiger bei dem Mandanten erkundigen, ob bereits Entscheidungen im VZR erfasst sind. Kann der Mandant dies nicht mit absoluter Sicherheit ausschließen, empfiehlt es sich dringend, selbst einen Auszug in Flensburg anzufordern (siehe Muster).

Weist das VZR Eintragungen auf, muss umgehend die Tilgungsfrist unter Berücksichtigung der Überliegefrist berechnet werden. Konnte der Verteidiger bislang meist problemlos durch Einspruch gegen Bußgeldbescheid oder Strafbefehl den Ablauf der Tilgungsfrist erreichen, steht er nun häufig vor dem Problem, dass die „neue“ Tat vor Ablauf der Tilgungsfrist begangen wurde. Nun gilt es eine erneute Eintragung binnen der Überliegefrist von einem Jahr nach Ablauf der Tilgungsfrist zu verhindern. Das gestaltet sich zumeist schwierig und kann oft – wenn überhaupt - nur noch durch ein gerichtliches Verfahren mit anschließendem Rechtsmittelverfahren erreicht werden.

Mit dem Mandanten müssen die Chancen und Risiken eines solchenVorgehens auch unter Kostengesichtspunkten (!) ausführlich besprochen werden. Scheitern die Bemühungen und kommt es kurz vor Ablauf der Überliegefrist zur Eintragung, stehen dem Mandanten von diesem Zeitpunkt an weitere zwei Jahre der „Bewährung“ bevor, ohne dass die bis dahin verstrichene Zeit angerechnet würde. Der Mandant hätte „Steine statt Brot“ erhalten. Häufig ist es daher bei eindeutigen Sachverhalten eher im Sinne des Mandanten, das Verfahren einer raschen Rechtskraft zuzuführen, um schnellstmöglich die neuerliche Tilgungsfrist in Gang zu setzen.

Muster für einen Antrag an das Kraftfahrt-Bundesamt :

An das
Kraftfahrt-Bundesamt
Fördestr. 16
24932 Flensburg

Per Telefax : 0461 – 316 - 1650

Betrifft : Antrag auf Auskunft aus dem Verkehrszentralregister

Auskunftsuchender :
Name: Herr Max Müller
Anschrift: Musterstraße 1, 10000 Musterhausen
Geburtsdatum :
Geburtsort :
Geburtsname :

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bitte um Übermittlung eines Auszugs aus dem Verkehrszentralregister für meine o.a. Mandantschaft. Eine entsprechende Vollmacht ist beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt / Rechtsanwältin

Quelle: Rechtsanwältin Karen Lessing - Beitrag vom 16.10.08