Verkehrsrecht -

VW haftet Käufern von Fahrzeugen mit dem Motor EA 189

Nach dem OLG Frankfurt haftet die Volkswagen AG im Abgasskandal grundsätzlich Käufern von Fahrzeugen mit dem Motor EA 189 wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung. Im Streitfall muss sich der Käufer aber die während der Nutzungszeit eingetretene Wertminderung anrechnen lassen. Die Höhe des Wertverlusts will das Gericht nun durch ein Sachverständigengutachten klären lassen.

Darum geht es

Der Kläger hatte im Mai 2009 einen VW Tiguan 2,0 l TDI gekauft. Das Fahrzeug ist mit dem Dieselmotor der Baureihe EA 189 EU 5 ausgestattet.

Unter Berufung auf den sog. Dieselskandal begehrt der Kläger von der VW AG Schadensersatz in Form der Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das OLG hat einen Beweisbeschluss erlassen. Es stellt zunächst fest, dass dem Kläger dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch wegen sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) gegen die VW AG zustehe.

Die Entwicklung und das Inverkehrbringen des mit dem Motor EA 189 ausgestatteten Fahrzeugs, das zur Erlangung einer EG-Typgenehmigung mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen war, stelle eine sittenwidrige Handlung der VW AG dar.

Manipulationen und falsche Angaben, mit denen gegenüber Behörden die Einhaltung rechtlicher Vorgaben vorgespiegelt werden sollen, können nach der Rechtsprechung des BGH eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung eines Dritten – hier des Käufers – begründen.

Voraussetzung ist, dass die Vermögensinteressen unbeteiligter Dritter sehenden Auges gefährdet werden, darin eine besondere Bedenkenlosigkeit ihnen gegenüber zum Ausdruck kommt und die Sittenwidrigkeit gerade im Verhältnis zum Geschädigten besteht.

Dies sei hier der Fall. Durch die Abschalteinrichtung sei unschwer erkennbar die Betriebserlaubnis der Fahrzeuge bedroht gewesen. Die Gefährdung sei auch nicht lediglich eine zufällige Begleiterscheinung des Handelns gewesen.

Die Beklagte habe davon profitiert, dass es sich bei einem Auto um einen Alltagsgegenstand handele, bei dem das Zustandekommen der erforderlichen behördlichen Genehmigungen und der diesen zugrunde liegenden Messwerte vom angesprochenen Publikum regelmäßig nicht hinterfragt würden.

Der Kläger hat auch einen Schaden erlitten. Unabhängig vom tatsächlichen wirtschaftlichen Wert des erworbenen Fahrzeugs wurde er durch die Verpflichtung zur Auszahlung des Kaufpreises belastet und sollte dafür ein Fahrzeug mit einer nicht gesetzeskonformen Motorsteuerungssoftware erhalten, die die Zulassungsfähigkeit von Anfang an in Frage stellte.

Da für den Schadenseintritt der Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeugs maßgeblich sei, sei der Schaden auch nicht später durch das Aufspielen des Software-Updates entfallen.

Die Vorschriften über die Typgenehmigung hätten eine marktsteuernde Zielrichtung, so dass der Makel der Typgenehmigung auf die zivilrechtlich geschlossenen Verträge durchschlage. Die Erwerber unterfielen damit dem Schutzbereich dieser Vorschriften.

Die Beklagte habe auch nicht auf einen glücklichen Ausgang in Bezug auf die Zulassungsfähigkeit vertrauen können, so dass vorsätzliches Handeln gegeben sei. Hierbei müsse sich die Beklagte das Handeln ihrer Vorstandsmitglieder zurechnen lassen.

Der Kläger könne damit grundsätzlich den gezahlten Kaufpreis zurückverlangen gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Der Höhe nach sei die Sache allerdings noch nicht entscheidungsreif. Aufgrund des schadensrechtlichen Bereicherungsverbots müsse sich der Käufer die Vorteile, die er durch den Besitz des Fahrzeugs gehabt hat, anrechnen lassen.

Hier habe er jedenfalls Aufwendungen in Form des Wertverlusts, den er ansonsten bei einem alternativ angeschafften Fahrzeug erlitten hätte, erspart. Die Höhe des anzurechnenden Wertverlusts eines vergleichbaren Fahrzeugs ohne Abschalteinrichtung während der hier maßgeblichen Laufleistung von über 135.000 km sei von einem Sachverständigen zu ermitteln.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 25.09.2019 - 17 U 45/19

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Pressemitteilung v. 25.09.2019