Kontopfändungsschutz - Bundestag beschließt Reform

 

Mitte April 2009 hat der Bundestag den Gesetzentwurf zur Reform des Kontopfändungsschutzes beschlossen. Es bedarf noch Zustimmung des Bundesrates. Um der Kreditwirtschaft ausreichend Zeit für die vorbereitenden Maßnahmen einzuräumen, sollen zwischen Verkündigung und Inkrafttreten. Voraussichtlich wird das P-Konto Mitte 2010 zur Verfügung stehen. 
 

Im Folgenden wird an zahlreichen Stellen die bisherige Rechtslage mit der künftigen verglichen:

Pfändungsschutz
Erfolgte bisher die Pfändung des Kontoguthabens, war dem Schuldner die Verfügungsgewalt über dieses Guthaben entzogen. Die Bank durfte jedoch erst nach 2 Wochen ab Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Gläubiger auszahlen. Während dieser Zeit lag das Konto für alle Beteiligten „brach“. Um Pfändungsschutz zu erhalten, musste der Schuldner diesen beim Vollstreckungsgericht gemäß § 850k ZPO beantragen. Das Gericht berechnete sodann den pfändungsfreien Betrag und hob die Pfändung des Kontoguthabens in dieser Höhe durch Beschluss auf. Gegen Vorlage dieses Gerichtsbeschlusses zahlte die Bank entsprechend an Schuldner ( unpfändbaren Teil des Guthabens ) und Gläubiger ( pfändbaren Teil des Guthabens ) aus. Für die Einkünfte eines Selbstständigen bestand bislang kein Pfändungsschutz, da diese Art der Einkünfte nicht zu den bei der Kontopfändung geschützten Einkünften gehörte.

Nach künftigem Recht wird das Kontoguthaben in Höhe des Pfändungsfreibetrages des § 850 c ZPO (bei Ledigen ohne Unterhaltsverpflichtung derzeit:  € 985,15 ) automatisch nicht von einer Pfändung erfasst. Mit diesem Betrag kann der Schuldner also weiter „arbeiten“: er kann Überweisungen, Lastschriften, Barabhebungen sowie Daueraufträge etc. tätigen. Gegen Vorlage von Bescheinigungen des Arbeitgebers, der Familienkasse oder eines Sozialleistungsträgers berücksichtigt das Kreditinstitut ebenfalls Unterhaltspflichten des Schuldners. Auf eine gerichtliche Entscheidung wird also hiermit ausdrücklich verzichtet. Eine Kontosperrung und somit eine Blockade des Schuldners und die Kündigung durch die Bank tritt nicht mehr ein. Denn – so wird dieser neue Ansatz begründet – ein Girokonto ist ein wesentlicher Bestandteil des täglichen Lebens und eine grundlegende Voraussetzung für die Teilnahme am Arbeits- und Wirtschaftsleben. Bargeldloser Zahlungsverkehr ist bei zahlreichen Verträgen eine Grundbedingung (wie z.B. bei  Stromanbietern, aber auch Vermieter erwarten die Überweisung der monatlichen Miete per Dauerauftrag oder Lastschriftverfahren über ein Girokonto des Mieters). Können Verbraucher kein Girokonto angeben, sind sie vom Arbeits- und Wirtschaftsleben nahezu ausgeschlossen und werden ins Abseits bzw. sogar  in einen Schuldenkreislauf gedrängt.

Dieser ermittelte Basisbetrag wird – anders als bisher nunmehr - unabhängig vom Zeitpunkt des Eingangs der Einkünfte jeweils für einen Kalendermonat gewährt. Erstreckt sich die Pfändung auf mehrere Monate, wird dieser Freibetrag automatisch für jeden Monat gewährt. Wird der pfändungsfreie Anteil eines Guthabens in einem Monat nicht ausgeschöpft, wird er auf den folgenden Monat übertragen. So wird der Schuldner auch in die Lage versetzt, Guthaben für einzelne Leistungen anzusparen, die nicht monatlich, sondern in größeren, aber regelmäßigen Zeitabständen fällig werden (z.B. viertel- oder halbjährlich fällig werdende Versicherungsprämien).

Auch ist die Art des Einkommens nicht mehr wichtig für den Pfändungsschutz. Im Ergebnis werden nunmehr jegliche Leistungen bis zur Höhe des Pfändungsfreibetrages geschützt, also auch Einkünfte Selbstständiger und freiwillige Leistungen Dritter.

Dem Schuldner steht wie bisher schon auch weiterhin die Möglichkeit offen, durch Antrag beim Vollstreckungsgericht einen individuellen Kontopfändungsschutz für seinen Einzelfall zu erwirken.

Automatischer Pfändungsschutz nur beim Pfändungsschutzkonto
Dieser automatische Pfändungsschutz wird nur für ein Girokonto gewährt werden, d.h. jede natürliche Person darf nur ein P-Konto führen. Welches Konto zum sog. P-Konto wird, vereinbaren Kunde und Bank. Der Entwurf sieht derzeit vor, dass ein Anspruch auf Umwandlung eines bereits bestehenden Girokontos in ein P-Konto innerhalb von 4 Geschäftstagen besteht. Die Umstellung erfolgt dann rückwirkend zum ersten des Monats. Hingegen besteht dieser Anspruch nicht für die Neuerrichtung eines P-Kontos.

Die Kreditinstitute werden ermächtigt, die Errichtung eines sog. P-Kontos der SCHUFA zu melden sowie bei jedem Antrag eines Kunden auf Umwandlung in ein P-Konto zu prüfen, ob bereits ein solches errichtet wurde. Um einen lückenlosen Schutz zu gewährleisten, hat die Kreditwirtschaft angekündigt, von diesen Mittel hinreichend Gebrauch zu machen. Gläubigern soll im Rahmen der Reform ein zügiges Mittel eingeräumt werden, die Auswirkungen mehrfacher P-Konten zu beseitigen.

Besonderer Schutz für bestimmte Leistungen
Künftig werden Leistungen in Form von Kindergeld oder Sozialleistungen bei Gutschrift auf dem P-Konto besser geschützt. Sie müssen nicht mehr – wie bisher – binnen 7 Tagen abgehoben werden. Das eingehende Kindergeld wird noch zusätzlich geschützt; es kommt zum Basispfändungsschutz hinzu. Hierdurch werden widersprüchliche Bewertungen dieser Zahlungen in verschiedenen Bereichen wie Vollstreckungs-, Steuer- und Sozialrecht vermieden.

Pfändungsschutz für Selbstständige
Für sämtliche Einkünfte selbstständig tätiger Personen besteht nach der Reform Pfändungsschutz. Sämtliche Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit werden nunmehr wie Arbeitseinkommen und Sozialleistungen behandelt und somit vollständig werden berücksichtigt.

Vermeidung des Missbrauchs des P-Kontos
Gegenüber dem herkömmlichen Kontopfändungsschutz – der erhalten bleiben soll – ist der Pfändungsschutz aus dem P-Konto vorrangig. Ab dem 01. Januar 2012 wird der Kontopfändungsschutz ausschließlich durch das P-Konto gewährleistet.  Besitzt der Schuldner ein derartiges P-Konto, so erhält er auch nur für dieses Konto Pfändungsschutz.

 

Quelle: RA Nicole Seier - Beitrag vom 11.06.09