Sozialrecht -

Arbeitslosengeld: Änderung der Lohnsteuerklasse

Das Bundessozialgericht hat zu den Auswirkungen einer Änderung der Lohnsteuerklasse auf das Arbeitslosengeld entschieden.

Demnach ist auch hier der in der Rechtsprechung seit jeher anerkannte Grundsatz anzuwenden, dass der Leistungsträger den Versicherten bei einem konkreten Anlass (hier: persönliche Vorsprache) auf nahe liegende und wirtschaftlich sinnvolle Gestaltungsmöglichkeiten hinweisen muss.

Sachverhalt:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger höheres Arbeitslosengeld (Alg) nach der Leistungsgruppe C (Steuerklasse III) beanspruchen kann.

Auf der Lohnsteuerkarte des Klägers war zu Beginn des Jahres 1999 die Steuerklasse III eingetragen. Auf dieser Grundlage erhielt er ab 1.4.1999 Alg. Am 27.4.1999 ließ er beim Finanzamt mit Wirkung vom 1.5.1999 eine Änderung der Eintragung in die Steuerklasse IV vornehmen. Er suchte anschließend das Arbeitsamt auf und teilte dort den Steuerklassenwechsel mit. Das Arbeitsamt setzte mit Bescheid vom 30.4.1999 ab 1.5.1999 die Leistung entsprechend der mitgeteilten Änderung herab. Mit Schreiben vom 10.7.2000 beantragte der Kläger wegen unterbliebener Beratung durch das Arbeitsamt rückwirkend höheres Alg ab 1.5.1999.

Das SG hat die Klage abgewiesen. Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Änderungsbescheid vom 30.4.1999 habe der Rechtslage entsprochen. Die Entscheidung könne auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs geändert werden, weil § 330 SGB III entgegenstehe. Nach dieser Vorschrift könne ein Verwaltungsakt ua nur für die Zeit nach dem Entstehen einer ständigen Rechtsprechung zurückgenommen werden. Von einer Änderung der Rechtsprechung des BSG zu den besonderen Hinweis- und Beratungspflichten bei einem Lohnsteuerklassenwechsel könne erst ab 1.4.2004 gesprochen werden, sodass die streitige Zeit nicht erfasst werde.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung der § § 137, 330 SGB III, § 44 SGB X.


Entscheidung:

Die Revision des Klägers führte zur Zurückverweisung an das LSG. Zwar entsprach die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) nach der Leistungsgruppe A ab 1.5.1999 auf Grund des Änderungsbescheides vom 30.4.1999 der in § 137 SGB III getroffenen Regelung für Alg-Bezieher, auf deren Lohnsteuerkarte die Steuerklasse IV eingetragen ist. Das LSG hat jedoch nicht geprüft, ob die Beklagte das Recht unrichtig angewandt hat; dem Kläger könnte ein Herstellungsanspruch infolge einer Verletzung von Beratungs- und Hinweispflichten zur Seite stehen. Eine Überprüfung des Bescheides vom 30.4.1999 wird nicht durch § 330 SGB III ausgeschlossen. Denn der hier bei der persönlichen Vorsprache und Mitteilung des Lohnsteuerklassenwechsels anzunehmende Beratungsbedarf beruht nicht auf der Rechtsprechung des BSG zu den besonderen Beratungs- und Hinweispflichten bei einem Lohnsteuerklassenwechsel, sondern auf dem von der Rechtsprechung seit jeher anerkannten Grundsatz, dass der Leistungsträger den Versicherten bei einem konkreten Anlass (hier: persönliche Vorsprache) auf nahe liegende und wirtschaftlich sinnvolle Gestaltungsmöglichkeiten hinweisen muss.

Quelle: BSG - Pressemitteilung vom 31.01.06