Sozialrecht -

Hinterbliebenenrente bei ungeklärtem Todessturz

Das Bundessozialgericht hat zu den Rechtsfolgen eines ungeklärten Todesfalls während der betrieblichen Arbeit eines Suizidgefährdeten entschieden.

Verunglückt demnach ein Versicherter unter ungeklärten Umständen an seinem Arbeitsplatz, wo er zuletzt betriebliche Arbeit verrichtet hatte, so entfällt der Versicherungs­schutz nur dann, wenn bewiesen wird, dass er die versicherte Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt für eine private Tätigkeit unterbrochen oder beendet hatte.

Sachverhalt:

Der Versicherte war als Monteur beschäftigt und befand sich vom 3. April bis zum 6. Juni 2001 wegen einer suizidalen Krise bei sonstiger wahnhafter Störung zunächst in stationärer und dann in ambulan­ter psychiatrischer Behandlung. Danach nahm er seine Arbeit wieder auf. Vom 4. September 2001 an sollte er gemeinsam mit weiteren Mitarbeitern in Rotterdam Repara­turarbeiten an einem Kran durch­führen. Der Montagetrupp nahm am 4. September eine erste Bau­stellenbegehung vor, bei der zu­nächst die vorschriftsmäßig gesicherte ca. 40 m hohe Plattform des Kranes besichtigt wurde. Wäh­rend sich die übrigen Mitarbeiter anschließend absprachegemäß im Maschinenraum einfanden, blieb der Versicherte allein auf der Plattform zurück, ohne dass sich klären lässt, was er dort getan hat. Etwa zehn bis zwanzig Minuten später stürzte er aus unbekanntem Grund von der Plattform ab und verletzte sich tödlich.

Die Beklagte lehnte es ab, der Witwe des Versicherten Hinterbliebenenleistungen zu zahlen. Das Landessozialgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Der Senat sei nicht davon überzeugt, dass die versicherte Tätigkeit als Monteur eine rechtlich wesentliche Ursache für den tödlichen Sturz gewesen sei. Denn es lasse sich nicht auf­klären, ob der Versicherte zum Unfall­zeitpunkt seiner versicherten Tätigkeit zuzurechende Arbeiten verrichtet habe.

Entscheidung:

Das Bundessozialgericht hat der Revision der Klägerin statt­gegeben. Das Landessozialgericht hat den tödlichen Sturz ihres Ehemannes zu Unrecht nicht als Arbeitsunfall gewertet.

Die Entscheidung hing davon ab, ob der Versicherte bei der Ausübung seiner Arbeitstätigkeit abge­stürzt ist oder ob er sich in Selbsttötungsabsicht von der 40 Meter hohen Plattform des Krans gestürzt hat. Diese Frage hatte sich im Berufungsverfahren nicht abschließend klären lassen. Das LSG hat zwar deutliche Anhaltspunkte für eine Selbsttötung gesehen; es hat aber nicht ausschließen können, dass der Getötete noch betriebliche Arbeiten im Zusammenhang mit der Einrichtung der Baustelle verrichtet hat und dabei abgestürzt ist. In einer solchen Situation trifft die Beweislast dafür, dass der Ehemann der Klägerin nicht bei der Arbeitstätigkeit verunglückt ist, sondern Selbstmord begehen wollte, den Versicherungsträger. Verunglückt ein Versicherter wie hier unter ungeklärten Umständen an seinem Arbeitsplatz, wo er zuletzt betriebliche Arbeit verrichtet hatte, so entfällt der Versicherungs­schutz nur dann, wenn bewiesen wird, dass er die versicherte Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt für eine private Tätigkeit unterbrochen oder beendet hatte. Dieser Beweis ist hier nicht erbracht.

Quelle: BSG - Pressemitteilung vom 04.09.07