Seit 2004 sind die Krankenkassen verpflichtet, jeweils zum 1. März eines Jahres im Bundesanzeiger sowie in ihrer Mitgliederzeitschrift die Höhe der jährlichen Vergütungen ihrer Vorstandsmitglieder zu veröffentlichen (§ 35a Abs 6 Satz 2 SGB IV).
Einzelne Krankenkassen - so auch eine nun vor dem Bundessozialgericht klagende Betriebskrankenkasse - weigerten sich, dem nachzukommen; sie sahen in der Veröffentlichungspflicht einen Verstoß gegen das Grundgesetz, weil dadurch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt werde.
Das Bundesversicherungsamt als Aufsichtsbehörde verpflichtete die Betriebskrankenkasse, die Höhe der Vergütung ihres Vorstandes bekannt zu geben. Das Sozialgericht Detmold wies die dagegen erhobenen Klagen sowohl der Krankenkasse als auch ihres Vorstandes ab.
Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hat in einem Musterverfahren die Revisionen der Kläger zurückgewiesen.
Dem Vorstand fehlt schon die prozessrechtliche Befugnis, gegen die Aufsichtsverfügung vorzugehen.
Die Betriebskrankenkasse konnte zwar gegen die Aufsichtsverfügung klagen, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg:
Die gesetzliche Verpflichtung zur Veröffentlichung der Vorstandsgehälter ist rechtmäßig. Der in der Veröffentlichung liegende Eingriff in das Grundrecht des Vorstandes auf informationelle Selbstbestimmung ist durch überwiegende öffentliche Interessen gerechtfertigt und verhältnismäßig. Die Veröffentlichungspflicht ist Teil des gesetzgeberischen Anliegens, im Gesundheitswesen eine höhere Transparenz über Angebote, Leistungen, Kosten und Qualität zu schaffen und trägt dem Informationsbedürfnis der Beitragszahler und der Öffentlichkeit in Bezug auf die Vorstandsgehälter Rechnung. Auch sonstige Bedienstete in öffentlichen Funktionen - z.B. Abgeordnete, Beamte, Angestellte des öffentlichen Dienstes und Richter - müssen die Kontrolle ihrer aus öffentlichen Abgaben finanzierten Bezüge durch die Öffentlichkeit hinnehmen und deren Publizität dulden. Die Anknüpfung speziell an die Vorstandsgehälter kann für weite Kreise der Bevölkerung den Umgang mit Krankenversicherungsbeiträgen exemplarisch und plastisch veranschaulichen und ermöglicht eine weitgehende Vergleichbarkeit, die zB bei der bloßen Veröffentlichung von Zahlenmaterial über Leistungs- oder Verwaltungsausgaben nicht in gleicher Weise gewährleistet wäre. Da die Vorstände eine herausgehobene Funktion haben und im Blickfeld der Öffentlichkeit stehen, müssen sie die Veröffentlichung in einer allgemein zugänglichen Quelle (Bundesanzeiger) und in der Mitgliederzeitschrift hinnehmen.
Quelle: BSG - Pressemitteilung vom 14.02.07