Sozialrecht, Verkehrsrecht -

Wegeunfall bei vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung

Steht einem Raser eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu?

Nein. So hat das Bundessozialgericht in einem Fall entschieden, in dem der Kläger den Unfall durch Begehung einer Straftat herbeigeführt hatte.

Der Kläger hatte am Unfalltag auf dem Weg zur Arbeit mit seinem Kfz vor einer Bergkuppe und einer Rechtskurve eine Fahrzeugkolonne überholt und war in der Folge mit einem entgegenkommenden Pkw kollidiert, dessen Fahrerin verletzt wurde. Der Fahrer wurde vom Amtsgericht rechtskräftig wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung verurteilt.

Die zuständige Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls zunächst ab. Das Bundessozialgericht vertrat indes eine gegenteilige Ansicht und entschied, dass die Berufsgenossenschaft zur Anerkennung als Arbeitsunfall dem Grunde nach verpflichtet sei, da der Weg zur Arbeit versichert sei (BSG, Urteil vom 04.06.2002 - B 2 U 11/01 R, NJW 2002, 3275). Gleichwohl versagte die Berufsgenossenschaft die Gewährung einer Verletztenrente, nunmehr unter Hinweis auf das Unfallgeschehen und die Verurteilung wegen einer Straftat durch das Amtsgericht.

Diese Rechtsansicht hat das BSG bestätigt. Nach § 101 Abs. 2 SGB VII dürfe die Berufsgenossenschaft einem Versicherten die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung ganz oder teilweise versagen, wenn der Arbeitsunfall bei einer Straftat eintrete. Zweck der Vorschrift sei es, einem Versicherten den sozialen Schutz ganz oder teilweise vorzuenthalten, wenn sozialethische Mindeststandards verletzt würden und angesichts der Schwere der Tat und ihrer Folgen die - ungeschmälerte - Gewährung der vorgesehenen Sozialleistungen als grob unbillig empfunden würde.

Bei einer Abwägung müssen auf der einen Seite die Handlung als solche und das berufliche Umfeld, in dem sich die Handlung zugetragen habe, berücksichtigt werden. Auf der anderen Seite müssten die Auswirkungen der Leistungsversagung auf den Versicherten unter Berücksichtigung der bereits gewährten und noch zu gewährenden Leistungen beachtet werden. All diese Gesichtspunkte habe die Berufsgenossenschaft in Erwägung gezogen und in dem zu überprüfenden Bescheid angesprochen.

Quelle: Rechtsanwalt Hans-Helmut Schaefer - Beitrag vom 15.07.08